Elternvertreter Saverschel: „Manche Lehrer sind Wanderpokale“

Theodor Saverschel
Theodor Saverschel(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Zehn bis 15 Prozent der Lehrer seien für den Job nicht geeignet, sagt Elternvertreter Theodor Saverschel. Deshalb den Berufsstand zu diskreditieren sei fatal.

Die Presse: Die Industriellenvereinigung (IV) ist der Meinung, es sei zu spät für Reformen und Reförmchen und es brauche eine Revolution. Sehnen Sie die auch herbei?

Theodor Saverschel: Überhaupt nicht. Wir haben nun einmal ein bestehendes Schulsystem und somit kann man mit Reformen nicht bei null beginnen.

Aber wie zufrieden sind Sie mit dem derzeitigen Schulsystem?

Es wird schlechtgeredet. Ich sage nicht, dass das System perfekt ist. Aber es ist eine gute Grundlage, um darauf Veränderungen aufzubauen.

Was muss verändert werden?

Probleme haben wir bei der Qualitätssicherung, beim Lehrplan und dessen Vermittlung und bei der Aus- und Weiterbildung der Lehrer. Und um Letztere geht es ja – und nicht um die Struktur der Schule.

Und wie zufrieden sind Sie mit den Lehrern derzeit?

Die meisten Lehrer sind gut. Aber wir wissen, dass zirka zehn bis 15 Prozent der Pädagogen den Job eigentlich gar nicht machen sollten.

Wie kommen Sie auf diese Zahl?

Es ist das Ergebnis von Umfragen in Elternvereinen. Wir haben die Eltern gefragt, wie viele Lehrer ihrer Kinder den Job nicht gut machen.

Wie könnte man vermeiden, dass schlechte Lehrer unterrichten?

Die Auswahl ist wichtig. Ich würde mir wünschen, dass es pro Stelle zehn Bewerber gibt. Das spielt es nicht. Dafür sind die letzten Regierungen verantwortlich. Die haben den Berufsstand so diskreditiert, dass wir zu wenige Lehrer kriegen.

Haben nicht die Eltern Mitschuld am schlechten Lehrerbild?

Ich muss gestehen: Ich war selbst ein scharfer Kritiker der Lehrer. Seit ich mehr Einblick in das System habe, habe ich das stark zurückgenommen. Nach außen wirkt es so, als ob Lehrer mehr als zwei Monate Urlaub haben, um zwölf oder 13Uhr nach Hause gehen und dann nichts mehr tun müssen. Ich mag nicht behaupten, dass das nicht hin und wieder auch stimmt. Ich frage mich mittlerweile nur, warum die, die auf den Pädagogen herumhacken, nicht selbst Lehrer werden.

Darf also nur der mitreden, der selbst Lehrer ist?

Man kann mitreden, sollte es sich aber nicht herausnehmen, einen Berufsstand, ohne zu wissen, was er wirklich tut, abzuqualifizieren.

Welche Konsequenzen soll es für schlechte Lehrer geben?

Derzeit werden nicht tragbare Lehrer von einer Schule zur anderen geschoben. Dass es Wanderpokale gibt, darf man offiziell nicht sagen. Es sollte Kündigungsmöglichkeiten geben. Dafür braucht es Qualitätskriterien, anhand derer Lehrer gemessen werden, und Konsequenzen – positive und negative.

Wie soll man Leistung messen?

Dafür bin ich kein Spezialist. Aber man müsste doch aus den erhobenen Bildungsstandards etwas ablesen können. Und die Beurteilung der Lehrer durch die Schüler sollte auch eine Rolle spielen.

Sehen Sie da keine Gefahr, dass strenge Pädagogen durch Schüler schlechter beurteilt werden?

Nein. Natürlich kann es Ausreißer geben. Die würden in der Gesamtheit aber nicht ins Gewicht fallen. Es wird meist sogar geschätzt, wenn Lehrer fordern, aber fair bleiben. Übrigens: Gute Lehrer interessiert es schon jetzt, wie sie ankommen, was sie verbessern können.

Wie können die Lehrer wieder zu einem besseren Image kommen?

Diese Charmeoffensive müssen die Lehrer schon selbst betreiben.

Im Bildungsdiskurs geht es meist um die Gesamtschule. Interessiert das die Eltern eigentlich?

Ich möchte nicht sagen, dass es uninteressant ist. Es werden leider viele Unwahrheiten verbreitet – etwa die Gesamtschul-Modellregion im Zillertal. Dort gab es ja gar kein Gymnasium. Wie soll es dort zu einer Gesamtschule kommen? Was ändert sich? Da geht es rein um Geld. Die erhoffen sich durch das Pilotprojekt eine bessere Unterstützung der Neuen Mittelschulen.

Der Elternverband ist weiterhin klar gegen die Gesamtschule?

Nach außen hin ja. Solange nicht garantiert ist, dass in der Gesamtschule innere Differenzierung stattfindet, können wir nicht dafür sein.

Und nach innen?

Gibt es durchaus Diskussionen.

Eltern, Lehrer und Schüler verbünden sich nun öfter. Wirkt das?

Durchaus. Wir werden öfter gehört. Erreichen würde ich gerne mehr.

Und zwar?

Stärkung der Schulpartnerschaft. So sollte der Bundesschulgemeinschaftsausschuss (Zusammenschluss von Lehrern, Eltern, Schülern) offiziell anerkannt werden.

Wird der Schulterschluss mit den Lehrern auch kritisch gesehen?

Durchaus. Der Elternverband hat sich beim Dienstrecht auf die Lehrerseite gestellt. Das wurde von einigen kritisiert. Viele fragten, warum verteidigt ihr die faulen Typen?

Fühlt sich die heterogene Eltern-Gruppe durch Sie gut vertreten?

Prinzipiell ja. Natürlich gibt es nicht immer Zuspruch. Wir werden öfter kontaktiert. Da wird um Rat gefragt, gelobt und kritisiert. Wir sind präsenter – auch in den Medien.

Warum machen Sie den Job?

Die offizielle Version: Das Thema interessiert mich. Die inoffizielle: Mein Sohn wollte als Zehnjähriger einen berühmten Vater haben und bat mich, Elternvertreter zu werden. Dann nahm alles seinen Lauf.

Sie machen das Ganze ehrenamtlich. Wie viel Zeit kostet das?

Unterschiedlich. Im Schnitt sind es 18 bis 20 Stunden pro Woche.

ZUR PERSON

Theodor Saverschel (52) ist Vorsitzender des Bundesverbands der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen. Er übt den Job seit 2009 aus – und zwar ehrenamtlich. Saverschel ist Vater zweier Kinder (17 und 22 Jahre alt). In der Elternarbeit engagiert er sich seit zwölf Jahren, zuerst an der Schule des Sohnes, dann im Landes- und Bundesverband. Gemeinsam mit den Lehrern und Schülern bilden die Eltern den Bundesschulgemeinschaftsausschuss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2014)

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