Per SMS gegen das Schulschwänzen

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Alle Eltern von Schülern an Polytechnischen Schulen in Tirol bekommen ein SMS, wenn ihr Kind nicht in der Schule erscheint. Auch Wien baut das SMS-Service für Schulschwänzer aus.

Wien. Die Schule zu schwänzen war für Jugendliche schon einmal einfacher als heute. Die Schulschwänzer verließen das Elternhaus morgens in gewohnter Manier. Anstatt in die Schule ging es in den Park oder ins Kaffeehaus. Das Risiko erwischt und an die Eltern gemeldet zu werden war nicht allzu groß. Das hat sich geändert.

Denn mittlerweile genügen an immer mehr heimischen Schulen nur wenige Klicks, und schon sendet der Lehrer eine Textnachricht oder ein Mail an die Erziehungsberechtigten und informiert sie über das Fernbleiben der Tochter bzw. des Sohnes. Mit der Webapplikation können Lehrer entweder selbst Texte verfassen oder vorgefertigte Textbausteine zusammensetzen, um den Eltern binnen weniger Augenblicke eine Nachricht auf das Mobiltelefon oder den Computer zu schicken.

Im Idealfall gibt es ein elektronisches Klassenbuch, das mit dem System synchronisiert wird. Damit ist im Computer sofort ersichtlich, wer an dem Tag gefehlt hat und gemeldet werden muss. Diese schnelle Art der Kommunikation zwischen Eltern und Schülern wird stetig beliebter.

Im Herbst 2012 startete das Projekt Schul.InfoSMS in Tirol an allen 16 Polytechnischen Schulen. Ein Jahr darauf nahmen bereits sechs Neue Mittelschulen (NMS) teil. Noch in diesem Schuljahr soll das System in Tirol auf 50 Schulen mit 8000 Schülern ausgedehnt werden. Zum Einsatz kommt das Schulschwänz-SMS-Service dort vermehrt an sogenannten Brennpunktschulen. Nach einer Evaluierung am Ende des Schuljahrs soll dann entschieden werden, ob das Projekt in einen Regelbetrieb übernommen wird, heißt es aus dem Büro der Tiroler Bildungslandesrätin, Beate Palfrader (ÖVP).

In Wien spricht der eigens eingesetzte Schulschwänzbeauftragte, Horst Tschaikner, davon, dass etwa die Hälfte der Gymnasien und berufsbildenden Schulen entweder von einem elektronischen Klassenbuch (bei dem sich die Eltern online über Fehlstunden informieren können) oder dem Info-SMS Gebrauch machen.

(C) DiePresse

Zwingen kann man niemanden

Wie weit das Schulschwänz-SMS-Service nun ausgebaut wird, hängt nicht nur an der Politik – sondern auch an den Schulen und den Eltern. Denn ohne Einverständniserklärung kann niemand dazu verpflichtet werden. Außerdem müssen die privaten Handynummern oder Mailadressen verwendet werden dürfen.

Angenommen wird dieses Service in unterschiedlichem Ausmaß: „Es gibt Eltern, die wollen unbedingt per SMS informiert werden, falls ihr Kind nicht in der Schule erscheint, andere wiederum verwehren sich dagegen“, schildert Wiens Schulschwänzbeauftragter Tschaikner. Und der Stadtschulrat versuche zwar, Schulen auf das SMS-Service aufmerksam zu machen. Sollte sich eine Schule aber dagegen entscheiden, sei das kein Problem. „Hauptsache, es wird überhaupt zwischen Schule und Eltern kommuniziert“, so Tschaikner.

An den Tiroler Schulen, die das Service bereits nutzen, herrscht jedenfalls große Zufriedenheit: Laut Evaluationsbericht nützen 71 Prozent der Lehrer das Angebot regelmäßig. Und zwar nicht nur, um Schulschwänzer zu melden, sondern auch, um die Eltern über die Leistung und das Benehmen ihrer Kinder oder über wichtige Schultermine zu informieren.

800 Strafen allein in Wien

Das SMS-Service ist nur eine von vielen Initiativen, mit der versucht wird, gegen das Schulschwänzen, als Vorstufe eines möglichen Schulabbruchs, vorzugehen. Dasselbe Ziel hatte die Politik mit der Einsetzung eines fünfteiligen Stufenplans (siehe Grafik). Seit vergangenem Schuljahr muss im Fall einer Schulpflichtverletzung ein bestimmtes Verfahren in Gang gesetzt werden.

Schlagend wird es, wenn ein Schüler an drei aufeinanderfolgenden Tagen unentschuldigt fehlt oder innerhalb eines Semesters fünf Tage bzw. 30 Unterrichtsstunden unentschuldigt verpasst. Wirken alle Maßnahmen – vom Lehrer-Eltern-Schüler-Gespräch bis zur Einbindung des Jugendamts – nicht, können Verwaltungsstrafen bis zu 440 Euro verhängt werden.

Und das passiert gar nicht so selten. 880 Strafen wurden 2013 allein in Wien verhängt. In Kärnten waren es nur 119 Strafen. 29 davon konnten die Strafe nicht bezahlen und mussten daher sogar eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2014)

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