Zentralmatura: Fünfer bei Mädchen häufigste Note

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In der jüngsten Mathe-Probeschularbeit wird die Kluft zwischen den Geschlechtern und Schultypen sichtbar. Experten, Eltern und Ministerium sehen nun die Lehrer gefordert.

Wien. Und wieder sorgt die Zentralmatura für Wirbel: Schüler, Eltern und Lehrer schlagen Alarm – und zwar diesmal vor allem wegen der Mädchen. Es stehe zu befürchten, dass die neue Reifeprüfung den Schülerinnen gegenüber unfair sei, klagte Schülervertreter Lukas Faymann im ORF-Radio.

Wie die „Presse“ berichtete, kassierte jede dritte Schülerin bei der jüngsten Mathe-Probeschularbeit einen Fünfer. Es wird allerdings noch krasser: Laut einer Detailauswertung, die der „Presse“ vorliegt, ist der Fünfer bei den Mädchen die häufigste Note (siehe Grafik). Anders bei den Burschen: Jeder vierte Schüler hat ein Nicht genügend. Häufigste Note: der Dreier.

„Sehr gut“ gibt es bei der Schularbeit, die zur Vorbereitung der ersten flächendeckenden Zentralmatura im Mai dienen sollte, wie berichtet nur wenige. 30 Prozent aller Arbeiten sind negativ.

Von der Kluft zwischen den Geschlechtern bei dem Mathematiktest ist die Wiener Bildungspsychologin Christiane Spiel jedenfalls nicht wirklich überrascht. „Das war im Prinzip immer schon so“, sagt sie im Gespräch mit der „Presse“. „Es wird bei einer solchen standardisierten Leistungskontrolle wie der Zentralmatura eben sichtbar.“

Ursache sei also nicht die neue Matura – sondern die Sozialisation der Mädchen, von der Familie aufwärts. Insofern sieht Spiel die Ergebnisse auch als Chance. „Denn damit wird stärker bewusst, welche Rolle Geschlechterstereotype spielen, und wie wichtig geschlechtssensibler Unterricht ist.“

Viele Fünfer an ORG

Das Bildungsministerium hat aber auch noch eine andere Erklärung für das schlechte Abschneiden der Mädchen – eine statistische: Mädchen seien an den Oberstufenrealgymnasien (ORG) überrepräsentiert. Und an diesen seien die Ergebnisse generell schlechter ausgefallen.
Tatsächlich ist das auch das nächste Problem: Die Schülerinnen und Schüler an den vierjährigen ORG haben deutlich schlechter abgeschnitten als jene an den achtjährigen Gymnasien. Mehr als 40 Prozent wurden an den ORG mit Nicht genügend bewertet, bei den Mädchen fast die Hälfte. An den AHS und Realgymnasien haben dagegen je mehr als 70 Prozent eine positive Note bekommen.

Erklären lasse sich das zum Teil durch die andere Schülerzusammensetzung, meint AHS-Direktorensprecher Wilhelm Zillner: Die reinen Oberstufenschulen würden vor allem von Schülern besucht, die aus der Hauptschule bzw. der Neuen Mittelschule kommen.
Der oberste AHS-Lehrervertreter, Eckehard Quin, forderte daher im ORF-Radio im Vorfeld der neuen Matura spezielle Förderkurse für die Schüler an den Oberstufengymnasien. Mittelfristig verlangt Quin für die ORG zusätzliche Wochenstunden in Mathematik, Deutsch und Englisch. Im Bildungsressort will man auf diese Forderung vorerst nicht konkret eingehen.

Generell versucht man, zu beschwichtigen. Von jenen Schülern, die besagte Probeschularbeit absolviert haben, seien 70 Prozent maturareif, heißt es aus dem Büro der Ministerin. Bei den übrigen 30 Prozent hätten die Lehrer vier Monate Zeit, genau dort nachzujustieren, wo es Schwächen gebe. Aus dem Rückmeldesystem gehe ganz klar hervor, wo es hapere. Also: Die Lehrer sind gefordert. So sehen das übrigens auch die Eltern. Die Lehrer sollten sich auf die neue Art des Unterrichts einstellen.

Benotung ist strittig

Was die Benotung angeht, könnte sich womöglich etwas ändern. Derzeit gibt es nur eine positive Note, wenn die Schüler im grundlegenden Prüfungsteil genügend Punkte haben. Sonst hilft auch ein gutes Abschneiden beim vertiefenden Teil nichts. 0,5 Prozent der Schüler scheiterten deshalb. Dazu das verantwortliche BIFIE: „Je nach Standpunkt wird man dies als ,zu viele‘ oder ,ist gerade noch annehmbar‘ empfinden.“ (beba/APA)

Auf einen Blick

Matura. Zur Vorbereitung stellte das Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE) Mitte Dezember eine Modellschularbeit im Fach Mathematik zur Verfügung. Knapp 4000 Schüler haben die Arbeit österreichweit absolviert. Bereits vor Weihnachten wurde bekannt, dass 30 Prozent der Probeschularbeiten negativ ausfielen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2015)

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