Rechnungshof-Rohbericht: Lehrer als „Hackler“ in Frühpension

(c) Clemens Fabry
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Drei von vier Pflichtschullehrern nützten die günstige Hacklerregelung. Mehrkosten: zwei Milliarden Euro. Auch die Krankenstandstage sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Wien. Es war nur ein einziger Landeslehrer, der wegen seines Alters regulär in den Ruhestand ging. Alle anderen Kollegen traten im Burgenland die Pension zwischen 2008 und 2013 deutlich früher an. Auch in den anderen Bundesländern sieht die Situation kaum besser aus – das durchschnittliche Pensionsalter liegt bei Pflichtschullehrern mit Beamtenstatus (Landeslehrer) bei lediglich 59,6 Jahren. Bundeslehrer kamen auf 61,2 Jahre.

Zu diesen Ergebnissen kommt ein der „Presse“ vorliegender Rohbericht des Rechnungshofs, der erstmals umfassend das Pensionsantrittsalter der Pflichtschullehrer in allen Bundesländern untersucht, vergleicht und analysiert. Die Politik hat diese Welle an Frühpensionen ausgelöst. Denn erleichtert wurde der Abgang mittels abschlagsfreier Hacklerregelung durch den bereits berühmt-berüchtigten Nationalratsbeschluss in der Nacht von 24. auf 25. September 2008, wenige Tage vor der Nationalratswahl. Trotz vielfacher Warnung der Experten wurde der Zugang zur Hacklerpension etwa durch die Anrechnung von Krankenstandszeiten auf die erforderlichen Beitragszeiten erleichtert. Beamte konnten nach 40 Jahren ab dem 60. Lebensjahr die Hacklerpension antreten, Frauen im ASVG mit 55 Jahren, Männer nach 45 Beitragsjahren.

Diese danach legale Möglichkeit wurde massiv in Anspruch genommen, wie der Bericht zeigt: Fast drei Viertel (72,9 Prozent) aller Landeslehrer traten zwischen 2008 und 2013 mit der Hacklerregelung ihre Frühpension an. Im Bund lag der Schnitt bei 51 Prozent. Die Hauptgründe, warum dies von Pflichtschullehrern häufiger als von Bundeslehrern an Höheren Schulen in Anspruch genommen wurde: Bei pragmatisierten Pflichtschullehrern, bei denen es sich also um Beamte handelt, werden die Kosten ähnlich wie bei den aktiven Landeslehrern vom Bund übernommen. Außerdem weisen Pflichtschullehrer in der Regel eine kürzere Ausbildungszeit als Bundeslehrer auf, weshalb sie früher die notwendigen Arbeitsjahre beisammen haben. Die 12.500 Pensionierungen führen allein bei den Pflichtschullehrern zu Mehrkosten von zwei Milliarden Euro.

Die Anzahl der pensionierten Lehrer nahm in fast allen Bundesländern um mehr als 20 Prozent zu – Vorarlberg liegt mit 27,6 Prozent an der Spitze, Wien ist mit 14,5 Prozent Schlusslicht. Bund: 25 Prozent. Die Ausgaben für Pensionen stiegen um bis zu 30 Prozent. Während die damalige Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer 2001 Maturanten noch riet, nicht den Beruf des Lehrers zu wählen, gab es zehn Jahre später wegen der vielen Pensionierungen einen Personalmangel. Die Zahl der aktiven Lehrer nahm nur im Burgenland (4,6 Prozent), Vorarlberg (5,3 Prozent) und Wien (4,7 Prozent) zu. Die stärksten Reduktionen erfolgten in Kärnten (–9,8 Prozent).

Krankenstände nehmen zu

Später wurde die Notbremse gezogen: Die SPÖ-ÖVP-Regierung hat die Hürden für den Gang in die Hacklerpension 2011 erhöht – seitdem steigt langsam auch das Pensionsalter. Während es von 2004 bis 2007 noch bei 56,7 Jahren lag, ist es 2013 in allen Bundesländern über 60 Jahre geklettert, die Personalsituation entspannt sich langsam. Anfang 2014 erfolgte dann eine deutliche Verschärfung.

Neben der Hacklerregelung war Krankheit der zweithäufigste Grund für Frühpensionierungen. Im Spitzenfeld liegt hier Oberösterreich mit 22 Prozent. Auf Bundesebene sind es im Schnitt 9,3 Prozent. Die Krankenstandstage sind von 2008 bis 2013 bei den Landeslehrern mit Beamtenstatus von 11,74 auf 13,87 Tage gestiegen. Auffallend ist, dass dies fast doppelt so viel wie bei den Vertragslehrern der Länder ist. Diese kommen auf 7,1 Tage. Besonders viele Krankenstandstage gab es in Wien (18,87), besonders wenige in Tirol (8,26).

Um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten, empfiehlt der Rechnungshof Maßnahmen wie das Herabsetzen der Lehrverpflichtung im Alter, Fortbildung mit gesundheitlichem Schwerpunkt oder therapeutische Maßnahmen wie Burn-Out-Prävention und Coachings. Ein Großteil der Pensionen wegen Dienstunfähigkeit wird mit psychiatrischen Erkrankungen begründet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2015)

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