Neue Studie: Mehr Bildungsaufsteiger als gedacht

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Laut dem liberalen Thinktank Agenda Austria erreichen 45 Prozent der unter 44-Jährigen einen höheren Abschluss als die Eltern. Schlecht sieht es mit dem Aufstieg aber bei den besonders Bildungsfernen aus.

Wien. Ist Bildungsaufstieg in Österreich wirklich so schwer, wie internationale Studien regelmäßig feststellen? Nein, heißt es aus dem liberalen Thinktank Agenda Austria, der nun eine eigene Analyse vorgelegt hat. Demnach funktioniert der Bildungsaufstieg hierzulande weitgehend gut – außer bei den besonders bildungsfernen Schichten.

Die OECD hat Österreich zuletzt wieder ganz hinten eingereiht, was die Aufwärtsmobilität angeht: Demnach erreichen nur 21 Prozent der 25- bis 34-Jährigen einen höheren Bildungsabschluss als ihre Eltern. Studienautor Wolfgang Feller von der Agenda Austria hält dieses Bild aber für verzerrt – vor allem, weil die Berechnungen dem vielfältigen österreichischen Bildungssystem nicht gerecht würden.

Die OECD teilt die Abschlüsse nämlich nur in drei Stufen ein: maximal Pflichtschule, Hochschulabschluss und alles dazwischen. So würden viele tatsächliche Aufstiege nicht aufscheinen, die im österreichischen System aber welche sind: Hat die Mutter eine Handelsschule besucht und die Tochter macht Matura, ist das laut OECD kein Zugewinn. Hat der Vater eine Lehre absolviert und der Sohn eine HTL, auch nicht. Genauso sieht es aus, wenn der Vater eine (inzwischen aufgewertete) Pädak besucht hat und die Tochter die Universität.

Studienautor Feller hat die Bildungsabschlüsse daher in fünf Stufen unterteilt: Pflichtschule, Lehre und berufsbildende mittlere Schule, Matura, Akademie und Hochschule. Und er sieht sich nicht die 25- bis 34-Jährigen an, sondern die 35- bis 44-Jährigen – denn 15 Prozent der 25- bis 34-Jährigen seien noch nicht mit dem Studium fertig.

Nach dieser Berechnung sieht es mit der Bildungsmobilität deutlich besser aus. 49 Prozent haben demnach einen höheren Bildungsabschluss als der Vater, 67 Prozent einen höheren als die Mutter. Wird der jeweils höhere Abschluss von Mutter oder Vater betrachtet, haben 45 Prozent der 35- bis 44-Jährigen einen höheren Abschluss (siehe Grafik). Nun könnte man einwenden: je mehr Stufen, desto eher lässt sich ein Aufstieg feststellen. Tatsächlich sind in dieser Berechnung nun auch die kleinen Schritte abgebildet, etwa der von der Handelsschule zur HAK. International vergleichen lässt sich das nicht.

Im Kindergarten ansetzen

Die soziale Herkunft der Studierenden – ein zentraler Indikator für die Durchlässigkeit eines Bildungssystems – kann man unterschiedlich interpretieren. Dass nur knapp ein Viertel der Studienanfänger selbst aus Akademikerfamilien kommt – drei Viertel also nicht –, zeigt für Feller, dass es mit der viel kritisierten Bildungsvererbung gar nicht so weit her ist. Berücksichtigt man, dass unter den Eltern nur gut zehn Prozent Akademiker sind, relativiert sich das aber: Akademikerkinder sind jedenfalls an den Unis immer noch überrepräsentiert.

Keine Zweifel gibt es indes daran, dass es bei den bildungsfernen Schichten schlecht aussieht – auch, wenn die Zahlen da variieren. Laut einem EU-Vergleich kommen nur fünf Prozent der Studenten aus Familien mit höchstens Pflichtschulabschluss. Laut Fellers Berechnungen stammen zehn Prozent der Akademiker unter 44 aus solchen Haushalten. „Wenn es darum geht, dass es Kinder aus sehr bildungsfernen Elternhäusern an die Universität schaffen, hat Österreich ein Problem“, sagt Feller. Seine Empfehlung: bei der frühkindlichen Bildung ansetzen, um die Nachteile Bildungsferner früh auszugleichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2016)

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