Frankreich: Vater Staat sorgt für die Kleinen

Jugendliche am Badeteich
Jugendliche am BadeteichDie Presse/Clemens Fabry
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Das Erziehungsministerium will die klassischen Ferienkolonien wieder attraktiver machen.

Es ist kein Geheimrezept: Wenn Frankreich seit Langem schon neben Irland die höchsten Geburtenraten hat, dann nicht zuletzt wegen einer sozial großzügigen öffentlichen Infrastruktur der Betreuung und einer Vielzahl an finanziellen Hilfen. Vater Staat sorgt für die Kleinen und ihre Eltern. Das gilt auch außerhalb der Schule für die Ferienzeit. Auf kommunaler Ebene werden meist kostenlos oder zu geringen Beträgen außerschulische Aktivitäten angeboten, und für den besonders langen Sommerurlaub (von Ende Juni bis Anfang September) gibt es preisgünstige Ferienkolonien. Diese waren einst, nach der Einführung der Ferien auch für Arbeiterfamilien vor dem Zweiten Weltkrieg, das Nec plus ultra des Fortschritts. Heute aber ist der Trend klar: Wer es sich leisten kann, fährt mit der Familie privat weg, und sei es auch nur innerhalb Frankreichs. 1995 amüsierten sich noch 14 Prozent der Schulkinder in einer Ferienkolonie. Heute sind es nicht einmal sieben Prozent.

Das Erziehungsministerium bedauert das und hat einen Plan angekündigt, um dieses äußerst preiswerte Angebot wieder attraktiver zu machen. Zur sinkenden Anziehungskraft haben womöglich auch Pädophilieskandale und Unfälle mit Schulbussen beigetragen. Aus diesem Grund wird die Organisation durch die Vereinigungen besonders kontrolliert. Eine andere Sorge der Regierung ist das Auseinanderdriften im Angebot: Bessergestellte Eltern leisten sich private Ferienkolonien, in denen ihre Sprösslinge „unter sich“ bleiben, die Kinder aus ärmeren Familien dagegen sind in den öffentlich subventionierten Kolonien konzentriert.

Während die klassischen Ferienkolonien ein wenig aus der Mode gekommen sind, wächst der Markt mit erschwinglichen Kurzaufenthalten. Vor allem in den Großstädten organisieren die Behörden außerdem für die Sommerwochen auch alternative Freizeitaktivitäten. „Paris Plage“ und ähnliche Veranstaltungen in Provinzstädten schaffen für Daheimgebliebene Strandkulissen mit Spielplätzen, Cafés, Konzerten und Beach-Sportarten. Trotz aller Infrastrukturen und Subventionen fahren rund 25 Prozent der Kinder (34 Prozent in den Arbeiterfamilien) zwischen fünf und 19 Jahren überhaupt nicht in den Urlaub.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2016)

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