Österreichs Lehrer im Auslandseinsatz

Das St.-Georgs-Kolleg in Istanbul wurde 1882 gegründet und ist damit die älteste österreichische Auslandsschule.
Das St.-Georgs-Kolleg in Istanbul wurde 1882 gegründet und ist damit die älteste österreichische Auslandsschule.(c) St.-Georgs-Kolleg
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Im heurigen Schuljahr sind 138 österreichische Lehrer im Ausland im Einsatz. Sie unterrichten an einer der weltweit acht Auslandsschulen und werden von Österreich bezahlt.

Wien. Die Nachricht, dass an einem deutsch-türkischen Gymnasium, dem Istanbul Lisesi, Weihnachten verboten wurde, sorgte am Sonntag für öffentliche Aufregung und politische Verstimmung. Die österreichische Auslandsschule in Istanbul gab zwar Entwarnung: Es habe keine Einmischung wegen Weihnachten gegeben. Man habe unlängst Kekse gebacken und Weihnachtslieder gesungen. Doch sie rückte auch in den Fokus des öffentlichen Interesses. Was sind österreichische Auslandsschulen eigentlich? Und wie funktionieren sie?

Die Schule im Herzen Istanbuls, das St.-Georgs-Kolleg, ist die älteste österreichische Auslandsschule. Bereits 1882 wurde das Kolleg gegründet. Mittlerweile gibt es acht österreichische Auslandsschulen – in Mexiko, Guatemala, Albanien und Prag sowie zwei Schulen in Budapest und eine Sonderform in Liechtenstein. Österreich sieht in den Auslandsschulen einen Beitrag zur Vermittlung der österreichischen Kultur im Ausland, die Möglichkeit zum kulturellen Austausch sowie eine entwicklungspolitische Zusammenarbeit, wie es auf Anfrage der „Presse“ im Bildungsministerium heißt.

Die Auslandsschulen unterstehen dem jeweiligen Staat. Sie sind dort als Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht organisiert. An den Schulen wird nach österreichischem Lehrplan unterrichtet – „mit standortspezifischen Adaptionen“, wie es aus dem Bildungsressort heißt. An der österreichischen Schule in Istanbul muss in der Regel der türkische Lehrplan erfüllt werden. Der Direktor ist Österreicher. Der sogenannte Subdirektor Türke.

„Seine Aufgabe ist es, mich zu kontrollieren“, sagt Paul Steiner, der Direktor des St.-Georgs-Kollegs, im Gespräch mit der „Presse“. Seine Schule ist der türkischen Unterrichtsbehörde weisungsgebunden, „in den Klassen aber relativ frei“, so Steiner. Am Istanbul Lisesi sei die Situation anders. Dort liegt die Schulleitung in türkischer Hand.

Schwierige Suche nach Lehrern

Unterrichtet wird an den Auslandsschulen auf Deutsch, und zwar vorwiegend von österreichischen Lehrern. Sie werden vom Bildungsministerium ausgesucht und bezahlt. In diesem Schuljahr sind 138 österreichische Lehrer an Auslandsschulen im Einsatz, 36 davon in Istanbul. Da ihre Einsatzzeit begrenzt ist, ist die Schule auf der Suche nach neuen Pädagogen. Sie zu finden ist derzeit nicht so einfach. „Dabei kann ich versprechen: Man kann in Istanbul normal leben“, sagt Steiner.

Österreich zahlt die gesamten Lehrergehälter. Das macht insgesamt rund 18 Millionen Euro pro Jahr aus. Die Pädagogen erhalten neben ihrem Grundgehalt Zulagen für die Auslandsverwendung, außerdem wird ihnen die Übersiedlung gezahlt. Besucht werden die Schulen vorwiegend von im jeweiligen Land heimischen Schülern und nicht von Auslandsösterreichern. Die Eltern müssen Schulgeld entrichten – und zwar gar nicht so wenig. Mit dem Geld werden die Privatschulen erhalten. Am St.-Georgs-Kolleg sind es 8000 Euro im Jahr. „Das erscheint für österreichische Verhältnisse viel. Man kann diese Zahl aber schnell relativieren. Denn an der deutschen Schule werden 15.000 Euro verlangt“, sagt Direktor Steiner. Die Privatschule sei auch für Kinder der Mittelschicht leistbar. Außerdem gebe es Stipendien.

Österreichische Matura als Ziel

Die Schüler können neben der Matura des Landes auch die österreichische Reifeprüfung ablegen. Im laufenden Schuljahr wollen das am St.-Georgs-Kolleg auch drei Viertel der Schüler tun. Ihre Matura ist zwar wie die Zentralmatura aufgebaut. Sie wird aber nicht durch das Bifie-Institut, das für die Zentralmatura zuständig ist, vorgegeben. Mit der Reifeprüfung in der Tasche können die Schüler in Österreich studieren. Bei Medizin fallen sie sogar in die Österreicherquote, durch die 75 Prozent der Studienplätze für Inhaber österreichischer Reifeprüfungszeugnisse reserviert sind.

Die Auslandsschulen werden meist von Vereinen, Stiftungen oder Orden getragen. Das St.-Georgs-Kolleg in Istanbul wird beispielsweise von den österreichischen Lazaristen geführt. „Doch ich gehe davon aus, dass die meisten unserer Schüler gar nicht wissen, das wir eine katholische Privatschule sind“, sagt Steiner. Es gebe Religionsunterricht – islamischen für die großteils muslimischen Schüler und katholischen für die vereinzelt christlichen Schüler. Generell spiele Religion keine allzu große Rolle – weder Weihnachten (es wird nicht groß gefeiert) noch diverse islamische Feste.

AUF EINEN BLICK

Weltweit gibt es acht österreichische Auslandsschulen. Jeweils eine in Mexiko, Guatemala, Albanien, Tschechien, Liechtenstein und der Türkei sowie zwei in Ungarn. In diesem Schuljahr sind 138 österreichische Lehrer im Auslandseinsatz. Die Schulen werden vorwiegend von Schülern des jeweiligen Staates besucht und nicht von Auslandsösterreichern. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Die österreichische Matura kann an den Schulen abgelegt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2016)

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