Schüler haben kaum Ahnung von Wirtschaft

(c) Clemens Fabry
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Österreichs Schüler interessieren sich für Wirtschaft – das nötige Wissen fehlt aber meist. Insgesamt 157 Schulen wollen mit dem „Unternehmerführerschein“ gegensteuern.

Wien. „Mangelhaft“: So lautet der Befund über das Wirtschaftswissen der österreichischen Schüler. Neu ist die Erkenntnis nicht, und dennoch wurde bisher nur sehr wenig getan, um diese Wissenslücken zu schließen. Das Problem hängt vermutlich auch mit den Lehrplänen zusammen – das konstatiert eine Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (IBW).

Das beweist der Vergleich der unterschiedlichen Schultypen. Die HAK – mit ihrem wirtschaftlichen Schwerpunkt – schneidet dabei am besten ab. Rund 60 Prozent der HAK-Schüler werden bei dem vom IBW durchgeführten Test mit „sehr gut“ oder „gut“ benotet. Bei den HTL-Schülern schaffen das nur 40 Prozent (siehe Grafik). Knapp 30 Prozent aller Schüler in maturaführenden Schulformen verfügen nur über ein sehr mangelhaftes Wissen in diesem Bereich.

Das Projekt „Unternehmerführerschein“ der Wirtschaftskammer will gegensteuern. Das liegt auch im Interesse der Schüler: Laut Studie hat der Großteil ein „prinzipielles Interesse“ an Wirtschaftsfragen. Vor diesem Hintergrund scheint es auch kaum verwunderlich, dass das im Jahr 2004 gestartete Projekt mittlerweile als großer Erfolg gilt. Der „Unternehmerführerschein“ wird im laufenden Schuljahr bereits an 157 Schulen angeboten.

Projekt ist Best-Practice-Beispiel

Das Projekt wurde von der EU als Best-Practice-Beispiel im Bereich Entrepreneurship anerkannt. Seither ist der „Unternehmerführerschein“ ein Exportschlager. Auch Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Tschechien und sogar Albanien und der Kosovo haben das Modell übernommen.

Zielgruppe sind 13- bis 19-jährige Schüler. Ursprünglich war das Projekt lediglich für Gymnasien vorgesehen, meint Projektleiterin Friederike Sözen. Dass auch viele andere Schulen Interesse zeigen, führt sie vor allem auf die Qualität des „Führerscheins“ zurück: Das vierjährige Projekt schließt mit der Unternehmerprüfung ab – also jener Prüfung, die laut Gewerbeordnung für alle gebundenen und bewilligungspflichtigen Gewerbe gesetzlich vorgeschrieben ist.

Gegliedert ist der „Unternehmerführerschein“ in vier Module. Es werden volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Grundlagen vermittelt. Die Schulen bieten die Module meist als Freifach oder als unverbindliche Übung an. Die ersten drei Module werden mit einer Online-Prüfung abgeschlossen, die Unternehmensprüfung selbst wird dann von einer Meisterprüfungsstelle abgenommen. Die Kosten belaufen sich auf 200 Euro.

Das Ganze ist nicht nur eine Herausforderung für die Schüler, sondern auch für die Lehrer, berichtet Christoph Thomasek, Lehrer am Piaristengymnasium in Krems. Er zählt zu den ersten niederösterreichischen Lehrern, die das Projekt angeboten haben. Auch die Pädagogen werden eigens betreut: Seminare helfen den Lehrern, den auch für sie oftmals unbekannten Stoff zu erlernen und fachdidaktische Grundlagen zu erwerben.

Auf einen Blick

Der Unternehmerführerschein der Wirtschaftskammer soll bereits Schülern wirtschaftliches Basiswissen vermitteln. Insgesamt 157 Schulen nehmen daran teil. Am Montag, dem 15. November, findet der erste Kongress zum Thema Unternehmerführerschein an der Wirtschaftskammer Steiermark in Graz statt. Anmeldungen werden gern entgegengenommen: unternehmerführerschein@wko.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2010)

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