PISA: Vergleich mit Ausland trotz „Vorbehalt“ möglich

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Obwohl die österreichischen PISA-Ergebnisse durch den Boykott „negativ beeinflusst“ sein könnten, bleiben sie aussagekräftig. Für den Vergleich der Daten müssen die Testbedingungen vergleichbar sein.

Wien/J.n. Er ist noch nicht einmal veröffentlicht und sorgt dennoch schon für großen Wirbel: Seit die OECD ankündigte, über die österreichischen Ergebnisse nur „mit Vorbehalt“ zu berichten, wird der PISA-Test mit Spannung erwartet. Morgen, Dienstag, werden die Ergebnisse veröffentlicht. Offen blieb bislang die Frage, welche Erkenntnisse durch PISA tatsächlich gewonnen werden können.

Der „Vorbehalt“ der OECD bezieht sich nicht auf die gesamte Studie. Allein die österreichischen Ergebnisse sollten „nicht in Bezug zueinander“ gestellt werden. Ein Vergleich mit dem Ausland ist zulässig. Grund dafür: Für den Vergleich der Daten eines Landes im Zeitverlauf müssen die Testbedingungen vergleichbar sein; das aber wären sie in Österreich aufgrund des Boykotts nicht, meint Hubert Beyerle, von der OECD in Berlin, im Gespräch mit der „Presse“. Der Vergleich zwischen den 65 getesteten Ländern ist weniger „strikt“. Schließlich können die Testbedingungen in unterschiedlichen Staaten generell nicht „gleich“ sein.

Negative Stimmung ist schuld

Dass die Ergebnisse mit Vorbehalt veröffentlicht werden, ist nicht Folge der 218 leer gebliebenen Bögen. Schuld daran war die schlechte Stimmung: „Wir müssen davon ausgehen, dass die negative Atmosphäre die Motivation der Schüler offensichtlich stärker beeinflusst hat. Offenbar war dieser Einfluss nicht immer sofort an den Testbögen zu erkennen“, meint Beyerle. Das lässt einen drastischen Absturz der Leistungen erwarten.

Und dennoch: Auch die diesjährigen PISA-Ergebnisse werden künftig für Analysen des Bildungssystems verwendet. Statistisch gesehen ist das aufgrund der Stichprobengröße auch unbedenklich.

Die Studie kann grundsätzlich weder Ursachenforschung betreiben noch Maßnahmen präsentieren. Was sie kann, ist Mängel aufzeigen – und davon gibt es im heimischen Schulsystem genug. Dazu die wichtigsten PISA-Erkenntnisse der Vorjahre.
•Sozialer Hintergrund: Der Einfluss der sozialen Herkunft auf die Leistung der Schüler ist hierzulande vergleichsweise hoch. Beim PISA-Test 2006 war die Leistung von Schülern, deren Eltern maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügen, je nach Kompetenzbereich (Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften) zwischen 90 und 102Punkten geringer als von Kindern aus Akademikerhaushalten. Laut OECD entsprechen 38 Punkte auf der PISA-Skala in etwa dem Leistungszuwachs eines Schuljahrs. Der internationale Vergleich zeigt, dass die frühe Selektion der Schüler in unterschiedliche Schultypen den Zusammenhang zwischen Leistung und sozialer Herkunft verstärkt.
•Benachteiligte Migranten: Auch die Förderung von Migranten gelingt in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern mit hohem Zuwandereranteil eher schlecht. Besonders bedenklich waren die Leseleistungen von Migrantenkindern. Überraschend dabei: Die Leseleistung von Migranten, die bereits in Österreich geboren sind, war wesentlich schlechter als jene derer, die noch im Ausland geboren wurden.
•Schwachstelle Lesen: Das Lesen, das beim PISA-Test 2009 Erhebungsschwerpunkt gewesen ist, ist generell die Schwachstelle der österreichischen Schüler. Bei keinem der bisherigen Tests lagen sie über dem OECD-Durchschnitt. Im Jahr 2006 zählten 21,5Prozent, das sind rund 18.000Schüler, zur Risikogruppe.
•Schulsystem: Aussagen über einzelne Schultypen sind auf Basis des Test nicht zulässig. Aber: Ein Vergleich von Schulsystemen ist möglich. Laut OECD gibt es dabei aber keine eindeutige Tendenz. Jugendliche in differenzierten Schulsystemen schneiden im Schnitt weder besser noch schlechter ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2010)

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