Schmied und Amon: Ein ungleiches Paar im Gleichschritt

Schmied Amon ungleiches Paar
Schmied Amon ungleiches Paar(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied und der schwarze Bildungssprecher Werner Amon sind sich bei der Schulreform überraschend einig. Was die beiden verbindet, ist ihr Arbeitsstil.

Einst herrschten raue Töne in der Schulpolitik. Die ÖVP warf der SPÖ vor, die Bildungschancen der Kinder mit „Zwangstagsschulen“ oder der „Eintopfschule“ zu ruinieren. Die SPÖ wiederum machte die ÖVP für die desaströsen Ergebnisse bei Bildungsstudien verantwortlich. Reformwille wurde vonseiten der ÖVP schnell abgedreht: Als die schwarze Wissenschaftsministerin Beatrix Karl 2010 der SPÖ mit der Forderung „Gymnasium für alle“ entgegenkam und frischen Wind in die Bildungsdebatte brachte, stellte ihre Partei sie prompt als Bildungsverhandlerin kalt. Stattdessen wurde sie von einem Gehrer-Getreuen ersetzt, der den Reformwillen von SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied zügeln sollte. Allein: Es kam anders.

Die Ministerin und der schwarze Bildungssprecher Werner Amon marschieren seit geraumer Zeit konsequent im Gleichschritt. Zuletzt demonstrierten sie bei der Verschiebung der neuen Zentralmatura demonstrative Einigkeit. Und das, obwohl Werner Amon nicht gerade die Aura eines Reformers umweht. „Stockkonservativ“ nennen ihn Kommentatoren, Charisma wurde ihm noch nie zugeschrieben. Auch das Zitat von der „Eintopfschule“ stammt ausgerechnet von ihm.

Wichtig ist ihm vor allem auch die Einbindung der Lehrergewerkschaft, deren „Expertise“ man, wie er sagt, „nicht leugnen“ könne.

Überschattet war die Zusammenarbeit der beiden zu Beginn vor allem von der unsanften Ablöse Beatrix Karls. Die Skepsis gegenüber Amon war nicht nur beim Koalitionspartner SPÖ, sondern auch unter fortschrittlichen ÖVP-Funktionären groß. Prompt leistete sich Amon nach nur kurzer Zeit den ersten Patzer: Er akkordierte mit der SPÖ die modulare Oberstufe – das sogenannte „Ende des Sitzenbleibens“. Nachdem die Einigung offiziell wurde, pfiff ÖVP-Chef Michael Spindelegger die Verhandler zurück: Der Leistungsgedanke sei nicht ausreichend im Konzept verankert, man müsse zurück an den Start, richtete er Amon aus. Der Vorwurf, nicht paktfähig zu sein, war Amon sicher. Auch in der ÖVP war er angeschlagen: Das Verhältnis zu Spindelegger, der ihn einst als ÖAAB-Generalsekretär beseitigte, ist nicht das beste.


Barrieren beseitigen. Was Amon und Schmied eint, ist der Arbeitsstil: Beide beschreiben sich als Pragmatiker und geben sich nach außen weit ideologischer, als sie sind. Deshalb vereinbarten sie zu Beginn ihrer Zusammenarbeit 2009, „ideologische Barrieren eher auf die Seite zu schieben und die Dinge zu entwickeln, die möglich sind“, wie Amon zur „Presse“ sagt. Er schwärmt von der „exzellenten Zusammenarbeit“ und der „sehr tragfähigen Vertrauensbasis“ mit der Ministerin. Zuletzt war es in Bildungsbelangen dennoch ruhig geworden um Amon. Er hatte seine Tätigkeit in den U-Ausschuss und zur Causa Kampusch – im „Spiegel“-Interview bezweifelte er medienwirksam die „Einzeltätertheorie“ – verlagert. Eine Rolle, die dem linientreuen Steirer gefiel, bis er selbst in die Kritik kam: Im Zusammenhang mit der Telekom-Affäre und möglichen Zahlungen an den ÖAAB wurden auch Vorwürfe gegen ihn laut.

Jetzt scheint Amon zurück. Neue Mittelschule, Bildungsstandards, Ganztagsbetreuung: All diese Projekte liegen den Paarläufern am Herzen. Wohl nicht zuletzt, weil beide Parteien die Urheberschaft beantragen. Auch inhaltlich verbindet Schmied und Amon mehr, als es scheint: Denn auch Amon ist nicht besonders überzeugt davon, wie es an den Schulen derzeit läuft. Und da die ÖVP in der Vergangenheit, abgesehen von der Aufwertung der Hauptschule in einer nicht näher definierten Form, wenig Ideen hatte, keimte das kleine Pflänzchen Konsens. Es ist ein Konsens des kleinsten gemeinsamen Nenners. Aber immerhin ein Konsens.

zur person

Claudia Schmied (53) ist seit 2007 Unterrichtsministerin für die SPÖ. Zuvor war die gebürtige Wienerin und studierte Wirtschaftwissenschaftlerin Vorstandsmitglied der Kommunalkredit.

Werner Amon (43) ist seit 2008 Bildungssprecher der ÖVP. In den Jahren 2003 bis 2009 war er ÖAAB-Generalsekretär. Im Korruptions-U-Ausschuss ist der gebürtige Grazer Fraktionsführer der ÖVP.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2012)

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