Lerntipps: Von Zeitpuffern, Pausen und Belohnungen

(c) Clemens Fabry
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Über den Lernplan sollte man sich bereits am Tag der ersten Vorlesung Gedanken machen. Pausen sollte man nicht vergessen.

Aus 20 Seiten für die Geschichtewiederholung wurden 300 Seiten für die Geschichteprüfung. Anstatt eines Kapitels für den Biologietest muss für die Einführungsklausur im Biologiestudium ein ganzes Buch gelesen werden. Haben in der Schule wenige Tage genügt, um den Lernstoff zu beherrschen, sind es nun Wochen oder sogar Monate. Das Lernen für die Universität will gelernt sein. „UniLive“ hat die wichtigsten Tipps dafür gesammelt.

Der Start: Es gibt eine schlechte Nachricht – der erste Fehler ist beim Lernen schnell gemacht. Der kann schon lang vor dem eigentlichen Lernstart passieren. Denn wer glaubt, es reiche, sich kurz vor einer Prüfung über den Prüfungsstoff bzw. den Prüfungsmodus zu informieren, der täuscht sich. Schon nach der ersten Lehrveranstaltung sollte klar sein, was die Anforderungen sind, sagen die Experten. Reicht es, die Vorlesung zu besuchen oder müssen zusätzlich Papers bzw. Bücher gelesen werden? Diese Dinge sollten zu Beginn des Semesters geklärt und dann entsprechende Lernziele gesetzt werden.


Die Planung: Der nächste Schritt ist ein entscheidender – die Planung. „An einer sinnvollen Planung scheitern viele“, sagt die Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Universität Wien. Das Ganze sei nicht so einfach wie zumeist vermutet. Zuallererst sollte man sich einen Überblick über den Stoff verschaffen, empfiehlt die Expertin. Wenn die Lernunterlage ein Buch ist, sollte man zuerst das Literaturverzeichnis studieren und einzelne Kapitel lesen. Nur so kann man, laut Spiel, einen Eindruck davon gewinnen, wie anspruchsvoll die Texte sind. Daraus lässt sich dann wiederum ableiten, wo man Erklärungen benötigt und wie viel Zeit man für das Erlernen des Stoffes inklusive Wiederholungen brauchen wird. Allerdings kann auch ein guter Lernplan nur dann funktionieren, wenn man die eigene Merk- und Lernfähigkeit gut einschätzen kann.


Die Zeitpuffer: Egal, wie gut die Merkfähigkeit des einzelnen Studenten ist, der Zeitplan sollte keinesfalls zu ambitioniert sein. Es sollte nicht nur genügend Zeit für das Wiederholen des Lernstoffes eingeplant werden, sondern auch sogenannte Zeitpuffer geben. Die Rede ist hier von Stunden und Tagen während der Lernphase, die bewusst freigehalten werden.


Die Vorbereitung: Eine gute Vorbereitung und Planung verhindern das sogenannte bulimische Lernen (schnell gelernt, schnell vergessen). Die Forschung zeigt: Wer knapp vor der Prüfung mit dem Lernen beginnt, merkt sich den Inhalt weniger lang. Denn das Wissen kann so nicht gefestigt werden. Die dadurch entstandenen Wissenslücken können nicht nur in den Folgesemestern zu Problemen führen, sondern auch später in der Arbeitswelt.


Der Lerntag: Der Ablauf eines idealen Lerntages ist entscheidend. Tipp eins: gut vorbereitet in den Tag starten. Die Unterlagen sollten schon am Vortag sortiert und zurechtgelegt werden. Der ideale Lernplatz (jeder hat hier andere Vorlieben) sollte schon vorab gefunden werden. Tipp zwei: mit dem Lernen bereits in der Früh beginnen. Tipp drei: Pause machen. Nach circa eineinhalb Stunden sollte laut Expertin Spiel die erste Pause geplant sein. Wobei: Eigentlich sollten die Pausen nicht nach der gelernten Zeit, sondern nach dem Stoffgebiet ausgerichtet werden. Ist ein (Unter-)Kapitel fertig, darf Pause gemacht werden.

Die Belohnung: Der Zeitplan sollte nicht zu straff sein. Nach dem Mittagessen empfiehlt die Expertin einen Spaziergang, um die Konzentration am Nachmittag zu erhöhen. „Wer Pausen macht, braucht kein schlechtes Gewissen zu haben“, sagt Spiel. Im Gegenteil: „Ich würde niemandem raten, 15 Stunden durchzulernen.“ Auch wenn es körperlich möglich ist, zu empfehlen sei es nicht. Denn das Wissen könne in dem Fall nicht gut verarbeitet werden, mahnt Spiel. „Ist am Ende des Tages alles geschafft, sollte man sich selbst belohnen: Freunde treffen, gut essen oder ins Kino gehen.“ 


Die Technik: Bleibt „nur noch“ das Lernen selbst. Reicht es, Texte zu lesen, oder soll man sie zusammenfassen? Hat es Sinn, das Gelernte laut aufzusagen? „Wiederholen, aufsagen sind weniger erfolgreiche Lernstrategien als Fragen zum Stoff zu stellen oder Zusammenfassungen zu erstellen“, so Spiel.Apropos Notizen: Die sollten besser auf einem Block und nicht auf einem Laptop gemacht werden. Denn wie der „Spiegel“ berichtete, haben Forscher der Princeton-Universität und der Uni von Kalifornien herausgefunden, dass man sich die Dinge, die man handschriftlich notiert hat, besser merkt als andere.


Die Tricks: Vor allem Studentinnen wird oft nachgesagt, dass sie den Textmarker inflationär verwenden und so gut wie alles bunt markieren. Der Umgang mit dem Textmarker sollte tatsächlich gelernt sein. Expertin Spiel empfiehlt, bevor der Marker eingesetzt wird, zu überlegen, was man hervorheben möchte. Sind es Stichwörter, Jahreszahlen, Autoren? Wenn man unterschiedliche Farben für das Markieren verwendet, dann sollte jeder Farbe eine bestimmte Bedeutung zugewiesen werden – Gelb für Schlagwörter, Grün für Jahreszahlen und Orange für Namen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2014)

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