Duale Studiengänge: Studium mit Arbeitsplatz

Studium mit Arbeitsplatz
Studium mit Arbeitsplatz(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Studien abseits der Norm: Bis Mittwoch zur Arbeit, ab Donnerstag in die Fachhochschule: Duale und berufsintegrierte Studiengänge sind selten, aber begehrt.

Drei Tage Job, zwei Tage Fachhochschule: Dieser Wochenrhythmus zeichnet das zweijährige Masterstudium „EntwicklungsingenieurIn Metall- und Kunststofftechnik“ der FH OÖ aus. Die Studierenden arbeiten je drei Werktage an Forschungs- und Entwicklungsprojekten von Unternehmen mit, die restlichen beiden Tage sind für Vorlesungen und Übungen reserviert. „Berufsintegriert“ nennt sich diese ungewöhnliche Studienform.
Die Idee wurde aus dem Mangel an hoch qualifizierten Fachkräften geboren, als der frühere Diplomstudiengang auf das Bachelor-Master-System umgestellt wurde. „Im Diplomstudium war ein Praxissemster vorgesehen, und es war für die Firmen sehr angenehm, die Studierenden auch danach zur Verfügung zu haben.“ Da diese Möglichkeit beim Bachelor nicht mehr bestand, wurde mit der neuen Form des Masterstudiums eine Lösung gefunden – und zwar zusammen mit 26 hochrangigen Firmenvertretern, die im Entwicklungsteam des Studienganges vertreten waren und ihre Ideen einbrachten.

Kommenden Herbst soll der Masterstudiengang um neun Studienplätze aufgestockt werden. Trotz großer Nachfrage ist Wels der einzige Standort Österreichs, an dem dieses Modell angeboten wird, während es in Deutschland an etlichen Fachhochschulen üblich ist. Zweifeln, ob eine Ausbildung mit einem so hohen Praxisanteil noch als Studium gelten könne, tritt Heim entgegen: „Die Projekte müssen von uns genehmigt werden, um sicherzustellen, dass die geplanten Projektarbeiten vom Niveau her einer akademischen Anforderung entsprechen.“ Am Ende jedes Semesters ist ein Abschlussbericht auf dem Niveau und mit dem Umfang einer Bachelorarbeit zu verfassen. Und die Bezahlung? „Das ist eine bilaterale Sache zwischen Student und Firma. Es muss nichts bezahlt werden, aber es ist üblich.“

Duales Studium an FH Joanneum


Ebenso einmalig ist Österreichs bisher einziges duales Studium in Graz: der Bachelorstudiengang „Produktionstechnik und Organisation“ der Fachhochschule Joanneum mit seiner Vertiefungsrichtung „Fertigungs- und Verfahrenstechnik“. Hier besteht – analog der Lehrausbildung für nicht akademische Berufe – eine Ausbildungspartnerschaft zwischen den Studierenden und den Kooperationsunternehmen des Studienganges. Das erste Jahr wird zur Gänze an der Fachhochschule verbracht. Danach wechseln sich Praxis- und Theoriephasen im Drei-Monatsrhythmus ab. Die Studierenden können das Gelernte sofort im jeweiligen Betrieb anwenden und reflektieren umgekehrt Erfahrungen aus der Praxis auf wissenschaftlichem Niveau.

Während des zweiten und dritten Studienjahres werden die Studierenden von den Unternehmen entlohnt. „Üblicherweise werden sie ab dem dritten Semester zu 50 Prozent angestellt“, sagt Studiengangsleiter Johannes Haas. Vorbild waren vor allem deutsche Hochschulen, an denen das Erfolgsmodell „Duales Studium“ bereits wesentlich etablierter sei. In den Vereinigten Staaten hat die „cooperative education“ an Universitäten bereits ihr 100-jähriges Jubiläum gefeiert.
Der steirische Studiengang brachte bisher über 200 Absolventen hervor, die heute in verschiedensten Branchen – von der Bierbrauerei bis zum LED-Forschungsunternehmen – an nationalen und internationalen Projekten arbeiten.

Neben der Vertiefungsrichtung „Fertigungs- und Verfahrenstechnik“, die bereits seit zehn Jahren besteht, bietet der Studiengang seit 2012 als neue Vertiefungsrichtung auch „Nachhaltiges Lebensmittelmanagement“ an. Auch dabei soll es ab dem zweiten Studienjahr möglich werden, nach dem Modell des dualen Studiums bezahlte Ausbildungsverträge mit einigen der Partnerunternehmen abzuschließen. Die Nachfrage stand jedenfalls schon beim Start des Studiengangs außer Zweifel. Man verzeichnete drei mal so viele Bewerber wie Studienplätze.

Andere Modelle


Vereinzelt erwägen auch andere österreichische FH duale Studien, deren Planung allerdings noch nicht abgeschlossen ist. Andernorts entwickeln sich aus Einzelinitiativen Konzepte, die in Richtung berufsintegriertes oder duales Studienmodell gehen. Speziell im Technikbereich macht immer wieder die (Personal)Not erfinderisch und bringt flexible Lösungen hervor.

An der FH Salzburg zum Beispiel haben der Leiter des Studiengangs „Informationstechnik & Systemmanagement“ (ITS) und der Geschäftsführer eines IT-Unternehmens die Idee eines Stipendiums geboren. Pro Jahr bekommen je ein besonders talentierter Bachelor- und ein Masterstudierender, die von einer Jury der FH ausgewählt werden, von dem Salzburger IT-Dienstleister Conova die Studiengebühr und einen Zuschuss zu den Wohnungskosten finanziert. Vor allem aber erhalten sie die Möglichkeit, 15 Stunden pro Woche im Angestelltenverhältnis zu arbeiten – bei freier Arbeitszeiteinteilung und Freistellung für Prüfungszeiten. Im Gegenzug verpflichten sich die Studierenden, ihre Bachelor- oder Masterarbeit zu einem für das Unternehmen relevanten Thema zu verfassen und auch das verpflichtende Praktikum bei ihrem Arbeitgeber zu absolvieren. „Die Interessenten bewerben sich sozusagen im Zuge der Bewerbung für das Stipendium gleichzeitig als Mitarbeiter für Conova, dabei ist die Voraussetzung ein bereits fix zugesagter Studienplatz im Studiengang ITS. Für Masterstudenten gilt das Gleiche“, erklärt Studiengangsleiter Gerhard Jöchtl. „Das sind Firmen, die Techniker anregen wollen, nicht nur zu arbeiten, sondern auch zu studieren. Werden dann auch Studiengebühren und Unterkunft finanziert, dann ist das ein sehr positives Signal.“

Links

Berufsintegriertes Masterstudium „EntwicklungsingenieurIn Metall und Kunststofftechnik“, FH OÖ,
www.fh-ooe.at/mkt

Duales Bachelorstudium „Produktionstechnik und Organisation“, FH Joanneum Graz,
www.fh-joanneum.at/pto

Conova-Stipendium für Studierende von „Informationstechnik & Systemmanagement“, FH Salzburg,
www.conova.com/de/karriere/conova-akadem

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