VfGH: Aus für autonome Uni-Gebühr?

Symbolbild
Symbolbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Für Studiengebühren brauche es "klare gesetzliche Kriterien", sagt VfGH-Vizechefin Brigitte Bierlein. Jus-Dekan Heinz Mayer wirft dem VfGH vor, autonomiephob zu sein.

Wien. Allen Rückschlägen zum Trotz: Die ÖVP geht mit ihrer umstrittenen Forderung nach autonomen Studiengebühren derzeit erneut in die Koalitionsverhandlungen. Allzu große Hoffnungen sollte sich die ÖVP jedoch nicht machen: Brigitte Bierlein, Vizepräsidentin des VfGH, erteilte einer allzu freizügigen Lösung bei einer Podiumsdiskussion der ÖH-Fraktion Julis vergangene Woche de facto eine Absage.

Bereits einmal – nämlich im Juli 2013 – haben die Verfassungsrichter die von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) forcierten autonomen Gebühren gekippt. Damit autonome Gebühren in Zukunft verfassungsgemäß wären, brauchte es einen strengen gesetzlichen Rahmen, sagt nun Bierlein zur „Presse“.„Das Gesetz müsste vorgeben, welcher Bedarf an den jeweiligen Unis besteht. Die Unterschiede im Bedarf müssten klar und sachlich festgelegt sein“, so Bierlein.

Das heißt: Dass alle Universitäten einfach bis zu einer definierten Obergrenze beliebig hohe Gebühren einheben, ist nicht möglich. Vergleichbare Unis müssten auch Gebühren in vergleichbarer Höhe verlangen. Demnach müssten alle Volluniversitäten – etwa die Uni Wien, die Uni Graz oder die Uni Salzburg – die gleichen Beträge einfordern. Spezial-Unis, etwa die Medizinuniversitäten, könnten andere Beträge verlangen. Aber auch dafür müssten „die Kriterien klar im Gesetz vorgegeben sein“, sagte Bierlein. Sonst wäre die Regelung nicht gleichheitskonform.

Technik teurer als Recht?

Differenzieren könnte man jedoch nach Studienrichtungen: Technische Studien brauchten schließlich eine andere finanzielle Ausstattung als rechtswissenschaftliche Fakultäten oder geisteswissenschaftliche Studienrichtungen. Auch hier muss die jeweilige Höhe aber genau vorgegeben sein.

Müssen im Falle einer gesetzlichen Regelung alle Unis einheben? Eigentlich schon, sagt Bierlein. Sollte sich eine Uni dennoch dazu entscheiden, keine Gebühr zu verlangen, werde „sich aber wohl niemand aufregen“.

Mayer kritisiert VfGH

Kritik an der Haltung des VfGH übt der Verfassungsjurist Heinz Mayer, der zuletzt als Gutachter für Töchterle in Erscheinung trat und damit den Weg für die autonome Einhebung von Gebühren im vergangenen Wintersemester bereitete. Er warf dem VfGH bei der Podiumsdiskussion vor, autonomiephob zu sein. Er sei der Meinung, dass der Gerichtshof „die Bestimmung der autonomen Bereiche der Universitäten missdeute“. Die Autonomie werde so „scheibchenweise demontiert“, kritisiert Mayer. Das jüngste Erkenntnis des VfGH gegen die Gebühren könnte sogar Anlass für weitere Beschränkungen der Autonomie sein“, befürchtet er. Der Politik käme dieser Trend sogar recht: „Die Autonomie ist der Regierung damals passiert, weil sie ein europaweiter Trend war.“

Dem VfGH warf er bei der Veranstaltung argumentative Schwächen in der Begründung des jüngsten Erkenntnisses vor. Dass sich die Verfassungsrichter auf die „besondere Verantwortung“ des Staates bei der Finanzierung der Universitäten beriefen, will er nicht gelten lassen: „Das ist kein juristisches Argument.“ In anderen Ländern sei es zudem durchaus üblich, dass Universitäten selbst Gebühren einheben.

Auch, dass sich der VfGH auf den Gleichheitsgrundsatz beruft, will er nicht verstehen: „Die Autonomie der Universitäten bringt es mit sich, dass die Situation an jeder Universität anders ist.“

AUF EINEN BLICK

Die Studiengebühren wurden im Juli 2011 vom Verfassungsgerichtshof gekippt. Die Koalition konnte sich danach nicht rechtzeitig auf ein neues Gesetz einigen. Nach der Veröffentlichung eines Gutachtens von Jus-Dekan Heinz Mayer hoben acht Unis ein Semester lang autonom Gebühren ein. Die Regierung hob dieses Vorgehen rückwirkend in das Gesetz – etwas, das der VfGH im Juli als rechtswidrig einstufte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.