Kein Uni-Ministerium? "Inakzeptabel"

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Rektorenchef Schmidinger schlägt Alarm: Das Wissenschaftsministerium dürfe in einer neuen Regierung weder "filetiert" noch einem anderen Ressort zugeschlagen werden.

Wien. Mit dem offiziellen Start der Koalitionsverhandlungen beginnt traditionell auch das Feilschen um die Ressorts – der heimische Uni-Sektor reagiert darauf zunehmend mit Sorge. Noch ist unklar, welche Ministerien es in Zukunft überhaupt geben wird. Die Szene aber befürchtet, dass ein eigenes Wissenschaftsressort wie zuletzt nicht mehr drin sein wird. Und dass eine neue Ressortaufteilung womöglich eine Benachteiligung der Unis und der Forschung bringen würde.

Rektorenchef Heinrich Schmidinger – eigentlich eher bekannt für ruhigere Töne – schlägt nun Alarm. „Die Diskussion läuft in eine völlig falsche Richtung“, warnt Schmidinger im Gespräch mit der „Presse“. „Die Selbstständigkeit des Wissenschafts- und Forschungsministeriums muss garantiert sein.“ Dann könne man überlegen, ob man dem Ressort andere Bereiche zuordnet. „Was aber überhaupt nicht geht, ist, dass die Wissenschaft aufgeteilt oder einfach einem anderen Ministerium zugeschlagen wird“, so der Rektorenchef.

Tatsächlich gehen die derzeit kolportierten Varianten aber eher in diese Richtung. Variante eins: Die Hochschulagenden könnten vom Wirtschaftsministerium geschluckt werden. Variante zwei: Sie könnten getrennt werden, wobei die Unis im Bildungsressort landen würden und die Grundlagenforschung womöglich in einem neuen „Zukunftsministerium“. Dritte – unwahrscheinliche – Variante: Die Wissenschaft könnte wieder mit der Schule zu einem großen Bildungsministerium fusioniert werden, wie das in der Ära Gehrer der Fall war. Weder ÖVP noch SPÖ werden aber gewillt sein, beide Bereiche aufzugeben.

„Keine Verschubmasse“

Ohnehin hält Schmidinger vor allem die beiden ersten Varianten für enorm gefährlich. „Beides ist für uns völlig inakzeptabel, und es entspricht in keinster Weise der Bedeutung von Wissenschaft und Forschung in diesem Land“, sagt der Rektorenchef. Es würde auch allem widersprechen, was von den Parteien vor der Nationalratswahl angekündigt wurde: die Wissenschaft und die Forschung zu stärken, ins Zentrum zu stellen. „Man kann diesen Bereich doch jetzt nicht zu einer Verschubmasse machen, die am Ende der Verhandlungen einfach dem einen oder dem anderen Ressort zugeordnet wird.“

„Das Ministerium zu filetieren, das würde auch heißen, bei den Universitäten die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung auseinanderzureißen, das wäre ein komplett falscher Schritt“, warnt der Rektorenchef. „Denn an den Universitäten geht es ja gerade darum, das Junktim von beidem herzustellen.“ Eine Trennung würde zudem bedeuten, dass die Unis künftig mit zwei Ministerien über ihr Budget verhandeln müssen.

Würde die Wissenschaft dem Wirtschaftsressort untergeordnet, sieht Schmidinger die Gefahr, dass „jene Bereiche unter die Räder kommen, die sich nicht ökonomisieren lassen“: auch hier etwa die Grundlagenforschung, die Geisteswissenschaften, der Kunstbereich. Schmidinger würde in einem solchen Fall befürchten, dass der Bereich Wissenschaft das fünfte Rad am Wagen eines anderen Ressorts würde. „Und das kann doch nicht sein.“ Mehr noch: „Wie würden wir international dastehen, wenn wir die Wissenschaft irgendeinem anderen Ministerium unterstellen?“

Demnach ist auch Schmidingers Bedingung klar, sollte es zu einer Fusion der Wissenschaft mit den Schulagenden kommen: „Die Federführung für ein solches Ressort muss bei der Wissenschaft liegen.“ Dann würde eine Zusammenlegung sogar naheliegen – immerhin gebe es bereits jetzt Bereiche, die beide Ressorts betreffen, man denke an die Lehrerbildung oder an die Kunst. „Es gibt auch schon eine gemeinsame Geschichte, beide Ministerium haben zudem ihren Sitz nebeneinander am Minoritenplatz.“

„Falsche Signale“

Der Rektorenchef ist längst nicht der Einzige, dem die Zukunft des Wissenschaftsministeriums Sorge bereitet. Heinz Engl, Rektor der Uni Wien, äußerte sich ähnlich: Unis und Grundlagenforschung müssten im selben Ressort sein. Auch der Wissenschaftsrat warnte vor einer Angliederung an das Wirtschaftsressort oder der Trennung der Grundlagenforschung. „Solche falschen Signale kann und darf sich Österreich nicht leisten.“ Sinnvoll wäre allerdings, auch die Lehrerbildung in das Ressort zu nehmen.

Die ÖH wiederum fordert, alle Bildungs- und Forschungsagenden in einem Ressort zu bündeln. „Forschung und Bildung sind untrennbar miteinander verbunden.“ Gegen eine solche Fusion hat zuletzt aber auch Bundespräsident Heinz Fischer argumentiert, selbst früherer Wissenschaftsminister. Er befürchtet, dass der Stellenwert von Wissenschaft dann „wahrscheinlich nicht der gleiche“ wäre, so Fischer in der „Presse am Sonntag“.

Nicht nur für die Zukunft der Universitäten ist die Debatte übrigens relevant. Auch der Noch-Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) muss sich dieser Tage wohl Sorgen über seine berufliche Zukunft machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.