Gesundheit: Vom Meister zum Master – oder Bachelor

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Der demografische Wandel und der allgemeine Trend zur Akademisierung von Pflege und medizinisch-technischen Berufen bringt eine starke Nachfrage nach einschlägigen Studien mit sich.

Hauptsache gesund, diese Volksweisheit nehmen sich die heimischen Hochschulen zu Herzen und widmen gesundheitsbezogenen Berufen verstärkte Aufmerksamkeit. Die Gründe liegen im demografischen Wandel und der Gesundheitsreform, die nach dem „Aufbau integrierter Versorgungssysteme“ verlangt. Neuregelungen sind im Gespräch und könnten laut Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser auch bald kommen. „Dazu benötigt man qualifiziertes Personal, das diese Aufgaben umsetzen kann“, so Erwin Gollner, Leiter des Departments Gesundheit an der FH Burgenland. Dort werden drei neue einschlägige Studiengänge ins Leben gerufen. Diesen Herbst starteten die beiden Bachelorstudien Physiotherapie und Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Master Integriertes Versorgungsmanagement.

Akademisierung als Landesstrategie

Während es sich bei Erstgenanntem um einen in die FH übergeführten Bfi-Lehrgang handle, ist es laut Gollner eine strategische Landesentscheidung gewesen, mit den beiden Pflegestudien auf die Akademisierung dieser Disziplin zu setzen. In seinen Augen ein höchst notwendiges Aufschließen an den europäischen Standard und eine überfällige Reaktion auf den viel zitierten Ärztenotstand. „Pflege wird immer mehr Aufgaben von den Medizinern übernehmen müssen.“ Bedarf bestünde in allen Pflegebereichen. Es sei aber eine Differenzierung der Aufgaben notwendig, und „wer einen Bachelorabschluss hat, wird wahrscheinlich eher im Bereich der gehobenen Pflege eingesetzt“. Der Masterstudiengang schließlich versteht sich als Qualifikation für Leitungsfunktionen im Gesundheitswesen. Er steht Bachelorabsolventen ebenso offen wie bereits im Gesundheits- und Sozialwesen tätigen Personen und trägt damit einer fortschreitenden Kompetenzverschiebung von den Ärzten zum Pflegepersonal Rechnung. Eine ähnliche Verschiebung der Aufgaben findet in Richtung gesundheitsbezogener Berufsgruppen wie Physiotherapeuten, Hörgeräteakustiker, Optiker, Zahn- oder Orthopädietechniker statt: Neben, dank Internet, informierten, oder wenigstens mit den Fachtermini vertrauten Kunden beraten sie auch vermehrt Mediziner. Da ein Master aber besonders seitens der Ärzteschaft auf größere Akzeptanz stoße als ein Meister, habe man den Meisterbrief als Bacheloräquivalent anrechnen lassen, sagt Magdalena Güntert-Schlegel, Koordinatorin des Masterstudiengangs für Meister gewerblicher, gesundheitsbezogener Berufe an der Uni für Gesundheitswissenschaften, medizinische Informatik und Technik (Umit) in Hall. Im Vorjahr wurde zusammen mit dem Wifi Tirol besagter viersemestriger Master geschaffen. Das Curriculum deckt neben gesundheitswissenschaftlichen Inhalten die Bereiche Kommunikation, Marketing und Unternehmensführung ab. Im dritten und vierten Semester wird zwischen den Fachbereichen differenziert, die Studierenden in ihre Berufssparte eingeleitet und auf den neuesten Stand gebracht. „Aber wir wollen sie auch fit machen, ihre Unternehmen sauber leiten zu können“, so Güntert-Schlegl Der Beginn des zweiten Studiendurchgangs ist für das Wintersemester 2015/16 vorgesehen – im Raum Wien. Vermutlich wird man den Studiengang alternierend anbieten. Die Resonanz aus dem Osten ist jedenfalls stärker – vielleicht, weil der Druck auf diese Berufsgruppen dort schon größer ist.

Eine ganz dem Thema Gesundheit gewidmete Bildungseinrichtung wurde vor vier Jahren in Linz gegründet: die FH Gesundheitsberufe OÖ. Angeboten werden sieben Bachelorstudiengänge, darunter Logopädie, Hebamme und Biomedizinische Analytik, der Masterstudiengang Management for Health Professionals und der Masterlehrgang Hochschuldidaktik für Gesundheitsberufe. Mit Ausnahme des Letzteren sind die Studien gebührenbefreit, was aber sicher nicht ausschlaggebend ist. „Vor allem in den therapeutischen Fächern wie Diätologie oder Physiotherapie ist der Andrang sehr groß“, so die Hochschulleiterin Bettina Schneebauer.

Spartenübergreifender Unterricht

Den Studierenden sei es wichtig, eine international anerkannte Hochschulausbildung für „Zukunftsberufe mit einer hohen Arbeitsplatzsicherheit und zukünftiger gesellschaftlicher Bedeutung“ zu erhalten. Als Gewinn wird die Konzentration von mehreren gesundheitswissenschaftlichen Studien empfunden: Die FH kann einige Lehrveranstaltungen spartenübergreifend anbieten, und bei den Studenten sind die studiengangsübergreifenden Projekte sehr beliebt. „Dabei arbeiten Studierende verschiedenster Studiengänge an einem Thema und lernen so die Sichtweisen der anderen Berufsgruppen kennen“, so Schneebauer. Im sich stark wandelnden Gesundheitswesen dürfte das nicht die schlechteste Voraussetzung sein.

AUF EINEN BLICK

Gesundheitsberufe gewinnen durch den demografischen Wandel an Bedeutung. Zudem gibt es speziell im Gesundheitsbereich einen Trend zur Akademisierung. Entsprechend stark wächst das Angebot an einschlägigen Studien. Neben den Bereichen Pflege und Management werden auch Studien für gesundheitsbezogene Berufsgruppen wie Physiotherapeuten, Hörgeräteakustiker, Optiker, Zahn- oder Orthopädietechniker, Hebammen, Diätologen etc. angeboten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2014)

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