Wenn Studierende Unternehmen beraten

(c) Stanislav Jenis
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Julia Dreyer und Anna Jasinenko beraten in ihrer Freizeit Unternehmen. Studierende und ihr Wissen sind selbst bei namhaften Firmen gefragt. Das motiviert – auch bei geringer Bezahlung.

Während andere Studierende über Stress jammern, haben Anna Jasinenko (25) und Julia Dreyer (22) große Kapazitäten. Neben Studium und Start-ups engagieren sie sich bei Icons – consulting by students und beraten in ihrer Freizeit Unternehmen. 2006 gegründet, ist Icons mit 50 Mitgliedern in Wien, Innsbruck und demnächst in Graz die größte studentische Unternehmensberatung Österreichs.

Die Icons-Mitglieder „haben einfach Hunger, etwas Neues zu machen“, sagt Dreyer, sie inspirieren sich und spornen sich gegenseitig an. So lasse sich auch das Arbeitspensum spielend bewältigen. „Außerdem ist es neben dem wissenschaftlichen Studium wichtig, Arbeitserfahrung zu sammeln.“ Dafür investiert Dreyer auch gern ihre Freizeit. Bei Icons darf sie „in einem superpositiven Umfeld Fehler machen“. Das maximiert den Lerneffekt.

Zwei Jahre war sie mit Icons-Mitgliedern in freundschaftlichem Kontakt, ehe sie sich tatsächlich bewarb. Nach dem abgeschlossenen Publizistik-Bachelor begann Dreyer deshalb BWL zu studieren: „Never ever“, sagt sie, „hätte ich mir vor fünf Jahren gedacht, jemals Wirtschaft zu studieren.“ Mit der praktischen Arbeit bei Icons kam das Interesse: „Jetzt habe ich wirklich Spaß daran.“

Sportstudenten willkommen. Dabei ist ein wirtschaftliches Studium keinesfalls Voraussetzung, um bei Icons anzufangen. Im Gegenteil, auf Interdisziplinarität legen die jungen Berater großen Wert. Auch Kunstgeschichte- oder Sportstudenten sind willkommen. „Bewerber sollten natürlich ein Grundverständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge mitbringen“, sagt Jasinenko, „letztlich profitieren alle von den unterschiedlichen Ansätzen und Persönlichkeiten.“ Und auch für BWL-Studenten sei das meiste Learning by Doing. Jasinenko studiert Psychologie im Master. „Nachdem ich mich im Studium auf Konsumentenverhalten spezialisiere, war es eine tolle Möglichkeit, in die Praxis zu schauen.“ Nun ist sie seit 2013 dabei und im laufenden Semester Vorstand.

Niemand kennt die Generation Y besser. Ihre Einzigartigkeit und ihre Nähe zur jungen Zielgruppe sehen die jungen Berater als Grund, warum Unternehmen wie A1 oder Henkel sie anfragen. „Gerade im Hochschulmarketing, bei Marktanalysen für Start-ups und neuen Medien haben wir einen unheimlich großen Vorteil, weil wir direkt von der Uni kommen“, sagt Jasinenko. In anderen Worten: Beratung von der Generation Y über die Generation Y – und das im direkten Kontakt mit den Topmanagern.

Das Portfolio ist weitläufig: von Strategieberatung über Marktanalysen bis zu Softwareentwicklung. Das Team bestimmt, wo die Berater – meist projektbezogen – tätig werden: Je nachdem, wie viel Luft gerade da ist, und je nachdem, wo die Stärken liegen. „Wenn wir ein Semester ein starkes IT-Team haben, machen wir mehr in diese Richtung.“ Durch Auslandssemester und Studienabschlüsse setzt sich die Gruppe ständig neu zusammen – eine Herausforderung. Daher ist es wichtig, Projekte zu dokumentieren und Kontakt mit den Alumni zu halten – die quasi die Berater beraten. Diese schauen auch immer wieder beim DiMee, dem Dienstagsmeeting, vorbei. Das ist der einzige Fixtermin. „Sonst sind Zeiteinteilung und Wochenstundenzahl flexibel“, sagt Dreyer.

Team, nicht Geld motiviert. Workshops und interne Organisation passieren ehrenamtlich, externe Projekte werden entlohnt. Die größte Belohnung für Dreyer aber ist „das Gefühl, Verantwortung für wirklich wichtige Dinge zu übernehmen“. Bezahlung hin oder her: Die Motivation und der Arbeitseifer des Teams beflügeln Jasinenko und Dreyer.

„Die Leute von Icons waren für mich immer diese Studenten, die im Hörsaal neben dir sitzen und etwas zum Professor sagen, bei dem du dir denkst: ‚Krass, der hat was auf dem Kasten‘“, sagt Dreyer. Da selbst dazuzugehören, sei ein enormer Push für das Selbstbewusstsein.

Freundschaft inklusive. Bei einem großen Consulting-Unternehmen anzuheuern, so wie es viele Alumni gemacht haben, kann sich Dreyer nicht vorstellen. Jasinenko hingegen ist noch unentschlossen. Phasenweise brennt sie für die Beratung, derzeit ist sie eher der Start-up-Branche zugewandt. Einzigartige Einblicke in das Feld haben sie jetzt schon gewonnen. Und sich dank Icons ein internationales Netzwerk aufgebaut – Freundschaften inklusive. www.icons.at

Wann der Bachelor (nicht) genug ist.
Wann der Bachelor (nicht) genug ist. (c) Idee: Matthias Humer, Illustration: Marin Goleminov, Petra Winkler

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