Wissenschaftsball: Selfies, Twitter und Insekten

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Im Rathaus feierte die wissenschaftliche Community – und ein Präsidentschaftskandidat. Bürgermeister Häupl verschmähte den Ballsnack.

Wenn schon beim zweiten Balltermin allenthalben von einer Tradition gesprochen wird, dann handelt es sich wohl um einen Erfolg. Dem Wiener Wissenschaftsball attestierte Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) am Samstag eine gute Tradition („Was zwei Mal in Wien stattfindet, ist eine Tradition“). Matti Bunzl, Direktor des Wien Museums, sprach von einer „invented tradition“ in der Definition von Eric Hobsbawm („Das klingt vielleicht ein bisschen nerdig, aber für einen Historiker wie mich ist das ein ziemliches Kompliment“, sagte Ballorganisator Oliver Lehmann). Nun: Tatsächlich wusste im ausverkauften Wiener Rathaus ein nicht unbeträchtlicher Teil der insgesamt 3000 Gäste wohl etwas mit Hobsbawm anzufangen.

Es feierte quasi die gesamte wissenschaftliche Community, von Forschern wie Quantenphysiker Anton Zeilinger, Archäologe und Wissenschafter des Jahres Wolfgang Neubauer und Biochemikerin Renée Schroeder über Rektorenchefin Sonja Hammerschmid und u.a. Uni-Wien-Rektor Heinz Engl, Angewandte-Chef Gerald Bast und WU-Chefin Edeltraud Hanappi Egger mit ihrem Mann TU-Professor Hardy Hanappi, die Fachhochschulen, angeführt von FHK-Präsident Helmut Holzinger und die Chefs der Forschungsinstitute ISTA (Thomas Henzinger) und AIT (Wolfgang Knoll) bis zum Wissenschaftsministerium mit Sektionschefs Elmar Pichl und Barbara Weitgruber.

Politisch am stärksten vertreten war die Wiener Stadtregierung vom Bürgermeister abwärts, der den bei den Gästen ansonsten recht beliebten Ballsnack – gegrillte Insekten – übrigens verschmähte („Das habe ich einmal im Leben probiert. Das reicht. Ich geh lieber auf ein Würstel“). Und auch einen Präsidentschaftskandidaten hatte der Wissenschaftsball zu bieten, schlüssigerweise einen mit Wissenschaftsbezug: Alexander van der Bellen, der mit seiner Frau Doris Schmidauer zum Ball erschien, kam aus dem Selfie-Machen auch spätabends vor der Disko scheinbar gar nicht heraus.

Wissenschaftssstadt Wien: „Großartig!“

Der 86-jährige einst von den Nazis aus Wien vertriebene Neurowissenschaftler Eric Kandel, der als Ehrengast aus den USA angereist war, lobte den Wissenschaftsstandort Wien – auf Deutsch, eine Sprache, die zu sprechen er sich lange Zeit geweigert hatte („Ich werde in den nächsten fünf Minuten jedes deutsche Wort nutzen, das ich kenne und sogar ein paar, die ich nicht kenne.“). Er sei erfreut zu sehen, welche Blüte die Wissenschaft in Wien nach dem zweiten Weltkrieg erlebt habe. Wien sei über die Jahre zu einem Ort der Spitzenforschung in Zentraleuropa geworden und auf dem Weg, die Wissenschaftsstadt Europas zu werden. „Mir bleibt nur ein einziges Wort, um diese Entwicklung zu beschreiben: großartig!“

Eine Verschiebung der Prioritäten weg von der Wissenschaft hin zu profaneren Themen ortete zu späterer Stunde der US-amerikanische Germanist und Twitter-Star Eric Jarosinsky (@NeinQuarterly), der sozusagen als Chronist des Balles engagiert war und der sich zuvor lange mit Van der Bellen unterhalten hatte: „Academics hitting on each other. Like paradigms awkwardly, all too awkwardly, shifting.“. Sein Fazit war eindeutig: „Thank you, Wissenschaft, for knowing how to throw a party. #gutenacht.“ Klingt ganz danach, als könne man ihn in Zukunft noch öfter bei dem inzwischen ja traditionsreichen Wiener Ball der Wissenschaften begrüßen.

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