Geographentag: "Troubles" mit den Lehrerhochschulen

(c) Www.BilderBox.com (Www.BilderBox.com)
  • Drucken

Uni-Lehrer grenzen sich von den PH ab: Gründung war "politische Spielwiese".

WIEN. „PH sind den Universitäten ein Dorn im Auge.“ So kommentiert Christian Vielhaber, Fachdidaktiker für Geografie und Wirtschaftskunde (GWK) an der Uni Wien, den Versuch, Pädagogische Hochschulen (PH) auf Hochschulniveau zu bringen. Diese Kritik an der Rollenverteilung von Universitäten und PH in der Lehrerausbildung wurde im Rahmen des deutschen Geographentages 2009 an der Universität Wien laut. In der vergangenen Woche diskutierten Universitätsprofessoren, Fachdidaktiker und Geografen die ungeklärte Ausgestaltung der universitären Lehrerausbildung sowie die Art und Weise der beabsichtigten Einbindung der PH.

Heinz Fassmann vom Institut für Geographie und Regionalforschung spricht von „institutionellen Troubles“, die man seit der Erlangung des Hochschulstatus der früheren Pädagogischen Akademien im September 2007 hätte. Die PH hätten viel zu viel an Bildungsauftrag und Universitäten in der Fachdidaktik längst aufgeholt.

Auch Vielhaber übt Kritik am System: Pädagogische Hochschulen seien nur ein Produkt einer politischen Spielwiese für Parteien und Interessensvertreter. Anstatt diesen „Doppelsinn“ entstehen zu lassen, hätte man die Lehrerausbildung unter einen Hut bringen sollen. Auch wenn zwischen Pflichtschulen und AHS keine Bildungsgleichheit besteht. Zudem sollte das in der Öffentlichkeit verbreitete Vorurteil, PH würden eine gute praktische Ausbildung bieten und Unis rein Fachwissen vermitteln, revidiert werden, da es nicht der Realität entspreche. Die Uni biete eine Berufsorientierungsausbildung sowie Feldforschung und Praxis. Außerdem könnten PH keinen vergleichbaren Forschungsstand aufweisen.

Der Fachdidaktiker spricht außerdem von einem breiteren Blickwinkel der Studierenden an Universitäten: Sie hätten viel mehr Unterrichtende während des Studiums, und da die meisten von ihnen nicht nur eine Studienrichtung besuchten, kämen sie in gemeinsamen Seminaren zum gegenseitigen Austausch zusammen.

Politische Bildung und Wirtschaft

Kritisiert wurde in der Gesprächsrunde auch das in der Öffentlichkeit vermittelte Bild von Lehrinhalten. Die „Briefträgergeografie“, wie Karin Dobler, AHS–Lehrerin und Lektorin an der Uni Wien, das öffentlich bestehende Bild ihres Unterrichtsfachs bezeichnet, sei noch lange nicht alles. Politische Bildung und Wirtschaftskunde machten mehr als 50Prozent des GWK-Unterrichts aus, und auch Themen wie der Klimawandel müssen thematisiert werden. Thomas Glade, Physischer Geograf an der Uni Wien, kritisiert, dass viele wichtige Themen in der Schule gar nicht auftauchen würden. „Vernetztes Denken“ könne auch nur vermittelt werden, wenn Kenntnis darüber bestünde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.