Jeder Fünfte fällt aus dem Uni-System

Jeder Fünfte fällt aus dem Uni-System
Jeder Fünfte fällt aus dem Uni-System(c) AP (Franka Bruns)
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Vor allem in Fächern mit freiem Zugang studieren viele nicht länger als ein Jahr. Bei Studiengängen mit Zugangsbeschränkung ist die Drop-out-Quote laut IHS-Statistik auffallend niedrig.

WIEN. Mehr als 47.000 Studienanfänger haben dieses Semester an den Unis inskribiert – ein Plus von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Viele der jungen Studenten werden aber nie einen akademischen Abschluss in Händen halten: Ein Fünftel aller Hochschüler bricht die Ausbildung bereits während der ersten drei Semester ab – das zeigt eine aktuelle „Drop-out-Statistik“ des Instituts für höhere Studien (IHS) im Auftrag des Wissenschaftsministeriums. Von den 28.849 Studienanfängern im Wintersemester 2006 beendeten 5613 ihre Ausbildung schon nach kurzer Zeit. Tatsächlich liegt die Zahl noch höher: All jene, die nur die Studienrichtung oder die Universität wechselten, sind in der Studie gar nicht berücksichtigt.

Die jeweiligen Gründe für den Abbruch sind vielfältig: Die größte Gruppe, rund 19 Prozent der Abbrecher, gab an, am „System Universität“ gescheitert zu sein. Sie klagten über überfüllte Lehrveranstaltungen, schlechte Atmosphäre und den falschen Aufbau des Studiums – Probleme, auf die derzeit auch die Uni-Besetzer hinweisen. Und dennoch scheinen die Proteste nur einen Teil der Realität widerzuspiegeln.

Quelle: IHS (5613 befragte Abbrecher)

Studium nur zur „Überbrückung“

Die von den Streikenden kritisierte Studiengebühr hingegen schien kaum Probleme zu bereiten: Obwohl die Gebühr zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht abgeschafft war, mussten laut Studie nur acht Prozent aller Abbrecher das Studium aus „finanziellen Gründen“ beenden. Weitere elf Prozent gaben an, an mangelnder Vereinbarkeit von Studium und Beruf gescheitert zu sein, ebenso viele beriefen sich auf „Schwierigkeiten mit dem Fach“ (Überforderung, fehlendes Interesse, mangelnde Erfolgserlebnisse).

Problematisch gesehen wird im Ministerium vor allem eine andere Gruppe: nämlich jene 18 Prozent, die bekannt gaben, einen Studienabschluss „nie angestrebt zu haben“. Sie nutzten das Studium, um „Wartezeiten auf andere Ausbildungen zu überbrücken“ oder „hineinzuschnuppern“, heißt es in der Analyse des IHS. Zurückzuführen sei das auf den offenen Unizugang: Dadurch bestehe „eine niedrige Zugangsschwelle“, so die Studienautoren. „Zugangsregelungen hätten einen Beitrag dazu leisten können, sich mit der Studienwahl intensiver auseinanderzusetzen.“

Bei Studiengängen mit Zugangsbeschränkung ist die Drop-out-Quote laut IHS-Statistik auffallend niedrig. In Medizin liegt sie bei 6,1 Prozent, in den Kunststudien bei 10 Prozent. Besonders viele Abbrecher gibt es in den Geisteswissenschaften. Bei Theologie sind es gar 36,7 Prozent, bei Pädagogik 27,3 Prozent. Auch 29,8 Prozent der Soziologiestudenten brechen frühzeitig ab. Ein weiteres Ergebnis: Je älter die Studienanfänger, desto öfter beenden sie das Studium ohne Abschluss. So liegt die Drop-out-Quote der unter 21-Jährigen bei 16,4 Prozent, die der über 30-Jährigen bei 39, 4 Prozent.

Ausbau von Maturantenberatung

Einen Fokus will Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) auf jene Abbrecher legen, die eigentlich „eine andere Ausbildung angestrebt“ (acht Prozent) hätten. So sollen Informations- und Berufsberatungsangebote an den Schulen ausgebaut werden. Hahn setzt dabei auf den „Studienchecker“, einen Interessenfragebogen, der Schülern Entscheidungshilfe bieten soll. „Alle Schüler sollen bereits vor der Matura über das umfassende Angebot informiert sein“, sagt Hahn. Derzeit läuft ein Pilotprojekt an 41 Schulen, bis 2014 will Hahn den „Studienchecker“ weiter optimieren und österreichweit anbieten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2009)

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