Audimax als Wärmestube: Auch Obdachlose besetzen Uni

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Zahl der Besetzer nimmt ab, die der Obdachlosen zu - da die Räume beheizt und auch in der Nacht offen sind. ÖVP fordert Räumung der Uni Wien – notfalls durch Polizei.

Wien.Die Studenten, die auch in der sechsten Woche der Besetzung noch im Audimax ausharren, werden immer weniger – die Obdachlosen, die den Saal als Zufluchtsort wählen, immer mehr. Einige sitzen im Gang und rauchen, andere bitten in der „Volxküche“ um Essen. Einer schnarcht im Hörsaal vor sich hin, während die Studenten eine Versammlung abhalten.

Die Obdachlosen sind hier, weil die Räume beheizt und auch in der Nacht offen sind. Das stärkste Argument jedoch: Niemand vertreibt sie. Sie selbst sehen die Besetzung positiv – nicht nur wegen des Schlafplatzes oder der Verköstigung. Einige haben sich mit den Protestierenden solidarisiert: „Jeder kriegt was vom Staat, damit er überleben kann“, sagt ein 60-jähriger Mann zur „Presse“. „Warum nicht auch die Studenten?“

Die Besetzer wiederum wissen nicht so recht, wie sie mit den Obdachlosen umgehen sollen. Diese würden die Besetzung „durch ihre Mitarbeit unterstützen“, heißt es. Allerdings bleiben Sitzreihen rund um die Menschen von der Straße meist leer – und nicht jeder übernachtet gerne neben jemandem, der lange keine Dusche mehr benutzt hat. Die Galerie im Audimax, die einen Schlafplatz abgab, wurde gesperrt. Die Besetzer putzten stundenlang, auch eine professionelle Desinfektion war nötig.

Am Mittwoch sprachen die Besetzer erstmals offiziell von einem Problem – und forderten „Sofortmaßnahmen“ der Stadt Wien, die ein Team der Wohnungslosenhilfe schickte. Man wolle bewusst machen, dass es freie Kapazitäten an Notschlafplätzen gebe. Anders als von den Besetzern kritisiert, gebe es „keinen Mangel an Angeboten“.

Die ÖVP schlug am Donnerstag heftigere Töne an: Der Rektor solle das Audimax endlich räumen lassen, forderte ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger. Derzeit fänden sich dort „nur noch traurige Gestalten“, heißt es aus der Jungen ÖVP, die Uni-Rektor Georg Winckler zu einem Polizeieinsatz rät. Ähnlich sieht man das in der Bundespartei: „Wir haben nichts gegen ein Einschreiten der Polizei.“

Rektor setzt auf Gespräche

Der Grund für die Forderung: Unzählige Studenten würden sich melden, weil sie durch die Blockade „um ihren Studienerfolg bangen“. Zudem habe die Besetzung Kosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro verursacht. Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) formuliert es zurückhaltender: „Ich habe Schritte gesetzt, und auch die Rektoren sind gesprächsbereit. Es ist nun an der Zeit, dass sich die Studenten bewegen.“ Die Grünen warnen vor einem „zweiten Hainburg“, die ÖH zeigt sich verärgert.

Die Uni-Leitung will noch nicht über einen Polizeieinsatz diskutieren: Man setze auf „eine politische Lösung“. Am heutigen Freitag wird der Rektor deshalb auch persönlich in das Audimax kommen. Erst wenn alle Gespräche im Sand verlaufen, dann müsse man „andere Varianten“ andenken.

AUF EINEN BLICK

Sechs Wochen dauern die Uni-Besetzungen bereits an. Die Zahl der Protestierer wird jedoch immer geringer – dafür mischen sich immer mehr Obdachlose unter die Studenten. Die ÖVP hat nun vom Rektor der Uni Wien die Räumung des Audimax gefordert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2009)

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