Uni: Schweizer SVP macht gegen Deutsche mobil

(c) EPA (Urs Flueeler)
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Nach ihrem Erfolg mit dem Minarettverbot nehmen die Rechtspopulisten nun EU-Ausländer ins Visier. In den Anzeigen kritisiert die SVP-Zürich den angeblichen "deutschen Filz" an den örtlichen Hochschulen.

Bern. „Immer mehr ausländische Arroganz.“ Diese Lettern prangen über der jüngsten Inseratenkampagne der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei. Darunter das Konterfei des grinsenden Peer Steinbrück. Der frühere deutsche Finanzminister hat sich mit seinem Kampf gegen das helvetische Bankgeheimnis bei den Eidgenossen unbeliebt gemacht.

In den Anzeigen kritisiert die SVP-Zürich den angeblichen „deutschen Filz“ an den örtlichen Hochschulen. Immer mehr deutsche Professoren würden angestellt und ihrerseits nur Deutsche beschäftigen, schimpft der Präsident der Zürcher SVP, Roger Liebi. Belegen kann er dies nicht, die Zahlen haben sich längst als veraltet und widersprüchlich entpuppt.

Die Zürcher Hochschullehrer wollen die Vorwürfe jedenfalls nicht auf sich sitzen lassen. In einer bisher einzigartigen Aktion unterschrieben 200 Professoren und Professorinnen der Universität und der renommierten Eidgenössischen Technischen Hochschule ein Manifest gegen die SVP-Kampagne. Darin heißt es, dass die SVP eine rassistische Ideologie verfolge und das gesellschaftliche Klima vergifte. Die Hochschullehrer treten nicht nur für eine offene Lehre ein: Es sei höchste Zeit, dass sich die Intellektuellen endlich gegen die Kampagnen der SVP wehrten, findet Historiker Philipp Sarasin von der Uni Zürich. Das habe man im Vorfeld der Minarettabstimmung viel zu wenig getan.

Doch die rechte SVP, berauscht durch ihren überraschenden Erfolg bei der Minarettabstimmung, fühlt sich in ihrer Antiausländerpolitik bestärkt. Längst hat sie nicht nur Muslime, Asylanten und ausländische Kriminelle im Visier. Nun sagt sie auch zugewanderten EU-Bürgern den Kampf an. Seit die Schweiz die Grenzen für Arbeitnehmer aus EU-Ländern geöffnet hat, strömen jährlich zigtausende EU-Bürger, vor allem Deutsche, ins Land.

Angst um Arbeitsplätze

Angesichts der Wirtschaftskrise und der steigenden Arbeitslosigkeit wird in der Schweiz die Kritik daran immer lauter. Grund genug für SVP-Chef Toni Brunner, die Aufkündigung des Freizügigkeitsabkommens mit der EU zu fordern: Die Schweiz müsse selbst bestimmen, wie viele Ausländer ins Land kämen, denn der Arbeitsmarkt und die Sozialwerke würden eine unbegrenzte Zuwanderung nicht verkraften. Zwar ist die Forderung Unsinn, das Abkommen mit der EU zu kündigen, da es einen Grundpfeiler der bilateralen Beziehungen zwischen Bern und Brüssel darstellt.

Doch das Unbehagen in der Bevölkerung über die starke Zuwanderung aus der EU ist so groß, dass auch andere Parteien hektisch nach Rezepten suchen. Während die Linksparteien mit schärferen Kontrollen gegen Dumping-Löhne der ausländischen Konkurrenz Einhalt gebieten wollen, fordert das bürgerliche Lager eine Reduktion der Sozialleistungen für arbeitslose Ausländer.

Die SVP hat es unterdessen einmal mehr geschafft, in der Ausländerfrage die Themenführerschaft zu übernehmen. Der Kampf gegen die Zuwanderung aus der EU steht schon jetzt als Wahlkampfschlager für die nächste Parlamentswahl im Jahr 2011 fest.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2010)

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