Österreichs Studenten: Bildungslücke Wirtschaft

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Bildungsluecke Wirtschaft(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Österreichs Studenten interessieren sich zwar für ökonomische Zusammenhänge, kennen sich aber nur mäßig damit aus.

Wien (hie). Wissen Sie, was sich hinter „Basel II“ verbirgt? Oder wie sich ein schwächerer Euro auf die Binnenkaufkraft auswirkt? Wenn Sie passen müssen, geht es Ihnen wie dem überwiegenden Teil der österreichischen Studentenschaft. Das „Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft“ (IBW) hat in einer aktuellen Studie die Kenntnisse heimischer Hochschüler über internationale Wirtschaftsthemen ausgeforscht. Mit dem Fazit, dass diese „besorgniserregend“ seien.

Nur die Hälfte der 1900 befragten Studierenden hat den Test bestanden, also mehr als die Hälfte der Fragen richtig beantwortet. Ein „Genügend“ schafften 30 Prozent der Testteilnehmer, 14 Prozent ein „Befriedigend“ und nur fünf Prozent gingen aus dem Test als Musterschüler mit einem „Gut“ oder „Sehr gut“ hervor. Alle Fragen richtig beantworten konnte kein einziger Teilnehmer.

Wenig überraschend schnitten Studierende von Sozial- und Wirtschaftswissenschaften am besten ab, gefolgt von jenen der Rechtswissenschaften und ihren Kollegen, die an Fachhochschulen Wirtschaft oder Tourismus inskribiert haben. Besonders schlechte Ergebnisse erzielten zukünftige Naturwissenschaftler und Studenten von humanberuflichen Studiengängen an Fachhochschulen. Nur rund ein Viertel von ihnen hat den Test bestanden. Die Testergebnisse decken sich übrigens mit der Selbsteinschätzung der zukünftigen Akademiker: Knapp die Hälfte der Befragten fühlt sich ausreichend informiert.

Kein Mangel an Interesse

Die „beträchtlichen Defizite“, die Studienautor Kurt Schmid im wirtschaftlichen Wissenshorizont der zukünftigen heimischen Bildungselite ortet, sind nicht auf einen Mangel an Interesse zurückzuführen. Etwa drei Viertel der Befragten bekundeten ein grundsätzliches Interesse an internationalen Wirtschaftsthemen, und zwar Männer und Frauen gleichermaßen. Als gar nicht interessiert deklarierten sich nur vernachlässigbare drei Prozent. „Bedenklich“ sei laut Studienautor Schmid, dass sich nur ein geringer Anteil von Lehramtsstudenten als „sehr interessiert“ einstuft. Nur rund 15 Prozent der Befragten, die auf Lehramt studieren, gaben an, regelmäßig den Wirtschaftsteil einer Tageszeitung oder andere Artikel zu wirtschaftlichen Themen zu lesen. Im Durchschnitt verfolgen fast 90 Prozent der Studienteilnehmer zumindest hin und wieder die mediale Berichterstattung zu Wirtschaftsthemen.

Ein wenig ausgeprägtes Wissen über internationale wirtschaftliche Zusammenhänge könnte den Studenten durchaus Probleme bereiten, wie die Studienergebnisse zeigen. Befragt wurden nämlich auch Unternehmen. Rund die Hälfte von ihnen erwartet sich von Hochschulabsolventen profunde Kenntnisse über internationale Wirtschaftsthemen. Und zwar unabhängig davon, ob sie geschäftliche Beziehungen im Ausland pflegen oder nicht.

Untersucht wurde auch die Einstellung der Studierenden zur „Globalisierung“ – wobei sich Befürworter und Gegner die Waage halten und die Mehrheit der Befragten dem Phänomen sowohl Vor- als auch Nachteile zuschreibt. Ein überwiegender Teil glaubt, dass österreichische Unternehmen von der Globalisierung profitieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2010)

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