Burnout an der Uni: „Bachelor erhöht Stress- und Angstpegel“

Burnout Bachelor erhoeht Stress
Burnout Bachelor erhoeht Stress(c) FABRY Clemens
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Früher eine Krankheit stressgeplagter Manager, hat das Burnout längst die Unis erreicht. Bis zu 15 Prozent der österreichischen Studenten leiden an Burnout-Symptomen. Ein Grund ist der stetig steigende Druck.

Es beginnt mit Dauerstress. Man kann nicht mehr abschalten, der Rücken schmerzt, der Kopf brummt. Man sitzt viel, bekommt aber nichts mehr in den Kopf. Trotzdem macht man weiter. Dann kann es kippen: Man hat Versagensängste, Angstattacken, depressive Verstimmungen und Schlafstörungen, fühlt sich lustlos, schlapp und antriebslos. Ist ausgebrannt. Was früher stressgeplagte Manager traf, passiert heute immer mehr Studenten. Das Burnout hat längst die Unis erreicht.

Fünf Prozent der Studenten leiden „sehr“ unter Burnout-Symptomen, heißt es in der neuen Studierenden-Sozialerhebung, weitere zehn Prozent „etwas“. Es scheint normal zu sein, sich aufzureiben, bevor man überhaupt ins Berufsleben eingetreten ist. Ein möglichst schnelles Studium, mehrere Fremdsprachen, dazu ein Auslandssemester und viel Praxiserfahrung sind längst Bedingungen, um am Arbeitsmarkt Erfolg zu haben. Dazu kommt der finanzielle Druck, zwei von drei Studenten arbeiten neben dem Studium. Ein Viertel gibt an, nur schlecht oder sehr schlecht mit ihren finanziellen Mitteln auszukommen.

Burnout

Von einem Burnout wird gesprochen, wenn ein Patient drei Symptome zeigt: Er ist emotional und körperlich erschöpft, entfremdet sich immer mehr von seiner Arbeit, zieht sich von Freunden zurück, da er keine Kraft mehr für sie aufbringt und hat das Vertrauen in seine Fähigkeiten verloren.

Bachelor setzt Studenten unter Druck

Dazu kommt, dass das Tempo an den Unis seit Bologna  deutlich angezogen hat. Zur kürzeren Studiendauer kommt der Druck, den Bachelor ausreichend gut zu bestehen, um zu den besseren Master-Studiengängen zugelassen zu werden. Die Anzahl der Prüfungen ist stark gestiegen, immer öfter werden Studenten „rausgeprüft“. „Das erhöht den Stress- und Angstpegel“, sagt Kathrin Wodraschke von der Psychologischen Studentenberatung in Wien. Mehr als 4000 Studenten hat die Wiener Beratungsstelle vergangenes Jahr betreut, die meisten wegen „psychischer Probleme“, darunter auch Burnout.

Die Studienbedingungen sind härter als früher, meint Wodraschke. Doch alleine deshalb entwickelt man kein Burnout: „Es muss auch eine gewisse Persönlichkeit darauf treffen. Denn fünf Prozent der Studenten sind betroffen, und 95 Prozent nicht.“ Sind Burnout-Kandidaten also die, die sich selbst zuviel aufbürden? Der unerbittliche Perfektionist, die ehrgeizige Karrieristin? Bestimmt auch, meint Wodraschke. Tatsächlich landen oft besonders perfektionistische Studenten in der Beratung. Auch Studenten, die einen hohen Anspruch an sich selbst haben. Oder aber solche, die sich selbst sehr motivieren können. Burnout-Patienten sind oft sehr leistungsfähige Menschen. Bis sie ausbrennen.

Ist es realistisch, zu studieren?

Noch bevor das passiert, sollte man einen Punkt setzen, stoppen, sagt Wodraschke. Man muss fragen: Was ist los? Liegt es an der Situation, hängt es mit persönlichen Problemen zusammen, mit meiner Einstellung, lerne ich falsch? Bis hin zur Frage: Ist es überhaupt realistisch zu studieren, in meiner jetzigen Situation? „Das sind natürlich schon kernige Auseinandersetzungen“, sagt die Psychologin. Wenn man das auf eigene Faust schafft, gut. Wenn nicht, gibt es die Psychologische Studentenberatung, wo Studierende kostenlos und auf Wunsch anonym Beratung in Anspruch nehmen können.

Psychische Erkrankungen betreffen besonders Fächer, in denen ein hoher Leistungs- und Konkurrenzdruck herrscht. Österreichischer Spitzenreiter ist die Veterinärmedizinische Universität in Wien: Ein Viertel der Studenten leidet laut Studierenden-Sozialerhebung an gesundheitlichen Beschwerden, die durch den Uni-Stress bedingt sind. In der Beratungsstelle reflektiert sich das aber nicht: Nur ein geringer Prozentsatz der Hilfesuchenden kommt von der VetMed. „Das sind aber zwei Paar Stiefel“, meint Psychologin Wodraschke: „Zu sagen 'es geht mir schlecht' und zu sagen 'ich hole mir Hilfe' korreliert nicht.“

Psychologische Studentenberatung

Psychologische Beratungsstellen für Studierende gibt es in jeder Uni-Stadt. Die Angebote können anonym, vertraulich und kostenlos in Anspruch genommen werden. Das Angebot umfasst die Beratung bei persönlichen und psychischen Problemen, aber auch Hilfe bei der Wahl des richtigen Studiums und Seminare gegen Prüfungsangst und Lerntrainings. www.studentenberatung.at.

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