Viele Frauen scheitern an Medizin-Test

Viele Frauen scheitern MedizinTest
Viele Frauen scheitern MedizinTest(c) Michaela Bruckberger
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Die Erfolgsquote der weiblichen Bewerber beim Medizin-Aufnahmeverfahren ist gering. Die Ursachen sind umstritten. Von insgesamt 1500 Plätzen gehen 643 an Frauen, das sind rund 43 Prozent.

Wien (chs).Bei den Bewerbern waren sie noch in der Mehrzahl – unter jenen, die im Herbst tatsächlich ein Medizin-Studium an einer heimischen Uni beginnen dürfen, sind sie jedoch klar in der Minderzahl: Die Frauen haben beim Medizin-Aufnahmetest an den Unis in Wien, Graz und Innsbruck signifikant schlechter abgeschnitten als ihre männlichen Kollegen.

Damit setzt sich eine Negativserie fort, die seit der Einführung des Auswahlverfahrens für die – vor allem auch von deutschen Studenten – überlaufenen Med-Unis für heftige Kontroversen sorgt. Die Frauenerfolgsquote im Detail: Von insgesamt 1500 Plätzen gehen 643 an Frauen, das sind rund 43 Prozent. Der Anteil weiblicher Bewerber lag bei 55 Prozent. Die Frauenquote ist dabei an allen drei Med-Unis etwa gleich gering (siehe Grafik) – und das auch im Vergleich zum Vorjahr.

An der Med-Uni Wien etwa, die die meisten Plätze stellt, waren sowohl in diesem Jahr als auch im vergangenen Jahr rund 56 Prozent der Bewerber weiblich. Im Vorjahr gingen schließlich 43,5 Prozent der 740 Plätze an Frauen; dieses Jahr beträgt ihr Anteil laut der am Donnerstag veröffentlichten Auswertung lediglich 42 Prozent.

Worin die Gründe liegen, ist umstritten – vor allem, da die drei Unis unterschiedliche Verfahren anwenden. In Wien und in Innsbruck müssen sich die Bewerber seit 2006 dem in der Schweiz entwickelten EMS-Test stellen, der vor allem Fähigkeiten wie medizinisch-naturwissenschaftliches Grundverständnis und räumliches Vorstellungsvermögen abfragt. Die Grazer Med-Uni setzt auf einen Wissenstest und auf Textverständnis. Erstmals wurde hier – und das hätte den Frauen nach Ansicht von Experten entgegenkommen sollen – auch die Sozialkompetenz erhoben.

Vor allem der EMS-Test steht in der Kritik, weibliche Studienanwärter „strukturell“ zu benachteiligen. Das legt dieses Jahr auch der Nationenvergleich nahe: Erstmals lieferten in Wien nun auch Frauen aus dem EU-Ausland deutlich schlechtere Leistungen ab als ihre männlichen Kollegen. Bislang (und in Graz und Innsbruck hält diese Tendenz an) waren es speziell Österreicherinnen, die die Frauenerfolgsquote drückten.

Studie soll Probleme aufzeigen

Die Medizin-Uni Wien wollte am Donnerstag vorerst nicht Stellung nehmen. Das Ergebnis sei „erwartbar“ gewesen. Auch intern ist man uneins: Während Lehrevizerektor Rudolf Mallinger (unlängst im „Presse“-Interview) die Schuld für den „Gender Gap“ nicht beim EMS-Test, sondern im Schulwesen ortet, arbeitet seine Kollegin Karin Gutiérrez-Lobos(Vizerektorin für Frauenförderung) an einer Studie, die etwaigen Benachteiligungen beim EMS-Test auf den Grund gehen soll. Erste Ergebnisse soll es im Herbst geben.

Ein interessantes Detail: Bei den Spitzenplatzierungen sind Frauen noch durchaus gut vertreten. Beim EMS-Test hat eine Österreicherin das beste Ergebnis geschafft. Auch in den Top Ten hält sich das Geschlechterverhältnis die Waage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2010)

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