"Es gibt viele Leute, die Unis Geld spenden wollen"

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Als Kandidat für das Rektorsamt der Uni Wien ist Steffen Huck knapp gescheitert. Im Interview spricht er über Potenziale im Fundraising, Gewohnheiten und fehlenden Mut an den österreichischen Universitäten.

Die Presse: Wenn Sie an die finanzielle Situation der österreichischen Unis denken: Sind Sie da ein bisschen froh, dass Sie den Rektorsposten an der Uni Wien doch nicht bekommen haben?

Steffen Huck: Die Unterfinanzierung hat natürlich immer zu den zentralen Herausforderungen gehört. Der Dialog mit der Politik kann immens frustrieren, aber man muss auch sehen, wie man das Beste aus den Mitteln machen kann, die man hat. Man muss versuchen, Effizienzgewinne zu erzielen und Drittmittel einzuwerben. Ich glaube, dass hier einige Potenziale vor sich hin schlummern.

In Österreich heißt es immer, dafür gibt es wenig Tradition. Fehlt der Mut, etwas Neues zu wagen?

Es ist für mich schwer zu sagen, ob es mangelnder Mut ist oder einfach Gewohnheitssache.

Sie sind im Bereich Fundraising sehr aktiv. Was raten Sie der Uni Wien?

Derzeit nimmt die Uni pro Jahr rund 500.000Euro durch Fundraising ein, die TU München etwa 18 Millionen. Das ist vielleicht nicht der richtige Vergleich. Aber bei dieser riesigen Datenbank an Absolventen und dem Standort im Wirtschaftszentrum Österreichs wären zehn Millionen Euro pro Jahr nicht besonders hochgesteckt.

Sie würden auf die Absolventen zurückgreifen?

Ja, wobei das wirkliche Geld im Fundraising in den großen Spenden liegt. Es gibt viele Leute, die Geld spenden wollen. Die Frage ist, kann man denen klarmachen, dass man etwas zu bieten hat.

Kann sich die Uni Wien nicht gut genug vermarkten?

Das Fundraising ist nirgendwo richtig beheimatet. Einer meiner Vorschläge war deshalb, ein neues Vizerektorat einzurichten, das sehr öffentlichkeitsorientiert ist. Es braucht aber auch die Bereitschaft der Universitätsspitze, sich dahinterzuklemmen, sich bei wichtigen Abendessen persönlich einzusetzen. Eine große Chance, um ein Öffentlichkeitsprofil aufzubauen, wäre auch die 650-Jahr-Feier der Uni.

Hierzulande wird oft über das Spannungsfeld zwischen Forschung und Massenuniversität geklagt. Muss das ein Widerspruch sein?

Ich sehe überhaupt keinen Widerspruch zwischen Massenuniversität und Topforschungsinstitution. Man braucht aber die richtigen Anreizstrukturen. Dazu gehört zum Beispiel, dass diejenigen, die Forschungsgelder einwerben, auch mehr Zeit bekommen, um sich dieser Forschung zu widmen. Wenn das aber durch Einnahmen gedeckt ist, kann ich gleichzeitig jemanden einkaufen, der den Unterricht abdeckt, und am Ende habe ich mehr Unterricht und mehr Forschung.

Was braucht es, damit die Forscher Spitzenleistungen bringen?

Man muss denjenigen, die forschungsaktiv sind, auch die Zeit geben, sich der Forschung zu widmen, und man darf ihnen keine bürokratischen Steine in den Weg legen. An der Uni Wien schien es so, dass die, die an industrienahen Dingen forschen, diese Sachen gern weiter hinaustragen würden, dass ihnen aber bürokratische Steine in den Weg gelegt werden. Und das darf man natürlich nicht machen. Man muss das Leben des Spitzenforschers so einfach wie möglich machen.

Wie gut kann das in einem eher nicht optimalen Umfeld gelingen?

Schauen Sie, in England wird die komplette Finanzierung für Lehre gestrichen. Bedeutet das das Ende der Unis? Nein. Es gibt Grund zum Jammern, aber das darf nicht als Ausrede benutzt werden. Die Uni Wien geht in Rankings seit Jahren nach unten. Und zwar nicht nur wegen der schlechter werdenden Betreuungsverhältnisse, sondern auch wegen der Forschungsindikatoren. Immer nur zu sagen, das können wir eh nicht ändern, solange uns der Staat nicht mehr Geld gibt, halte ich für extrem gefährlich.

Zur Person

Steffen Huck (42) ist Volkswirt und leitet das Wirtschaftsdepartment des University College London. Bei der Wahl zum neuen Rektor der Uni Wien war der Deutsche unter den drei finalen Kandidaten. [Privat]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2011)

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