Wiener TU bevorzugt Männer bei Bewerbung

Wiener bevorzugt Maenner
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Männer werden an der TU Wien eher zum Vorstellungsgespräch eingeladen als Frauen. Auch später werden Wissenschaftlerinnen benachteiligt. Die Problematik beginnt aber schon viel früher.

Wien/Beba. Zwar steht mit Sabine Seidler ab Oktober erstmals eine Frau an der Spitze der Technischen Universität (TU) Wien, insgesamt ist die Zahl der Frauen, die es an der Wiener TU nach oben schaffen, aber nach wie vor gering. Während rund ein Viertel der Studierenden weiblich ist, liegt der Anteil der Professorinnen bei nur 7,6 Prozent. Warum ein höherer Frauenanteil unter den Studienanfängern nicht (wie erhofft) automatisch zu mehr Frauen in höheren Positionen führt, hat die TU nun untersucht.

Die Ergebnisse sind alarmierend – besonders, wenn es um den Bewerbungsprozess geht. Bewerben sich Frauen für eine ausgeschriebene wissenschaftliche Position, werden sie systematisch schlechter beurteilt, wenn ihr Geschlecht aus den Unterlagen ersichtlich ist. Ihre Chancen, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, sinken, während bei Männern der gegenteilige Effekt eintritt. Bei der Begründung für die jeweilige Auswahl spielen Geschlechterstereotype eine entscheidende Rolle, sagt Studienleiterin Sabine Köszegi.

Die Problematik beginnt allerdings schon viel früher – und zieht sich durch die gesamte Karriere. So ist die Abbruchquote unter Studentinnen bei gleichen Voraussetzungen um durchschnittlich 30 Prozent höher als unter ihren männlichen Studienkollegen. Auch später werden Wissenschaftlerinnen benachteiligt. So sind sie auf allen Hierarchieebenen von offener und versteckter Diskriminierung betroffen, bagatellisieren oftmals aber die Konflikte bzw. passen ihr eigenes Verhalten an das männerdominierte Umfeld an. Frauen haben an der TU Wien zudem Schwierigkeiten, ihre eigenen Netzwerke aufzubauen und sind deshalb häufig (zu) stark von männlichen Unterstützern abhängig – die die Wissenschaftlerinnen oft nur so lange fördern, wie es für sie selbst opportun sei, sagt Köszegi.

Für die designierte Vizerektorin für Personal und Gender, Anna Steiner, sind die Resultate „schockierend“ und bedeuten einen „klaren Arbeitsauftrag“ für die TU. Die künftige Rektorin Sabine Seidler nannte im „Presse“-Interview bereits in der Vorwoche mögliche Maßnahmen gegen die Benachteilitung: Sie könne sich etwa geschlechtsneutrale Bewerbungen vorstellen, so Seidler.

Kaum Frauen in Spitzenpositionen

Die TU Wien ist aber nicht die einzige Uni, an der Frauen Schwierigkeiten haben, in Spitzenpositionen zu kommen. Ex-Uni-Ministerin Beatrix Karl (ÖVP) wünschte sich 26 Prozent der Professuren in Frauenhand; davon sind die Unis mit derzeit 19 Prozent noch weit entfernt. Am geringsten ist der Anteil bei den Professoren an der Montanuni Leoben (2,1 Prozent) und der TU Graz (5,7 Prozent).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2011)

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