E-Learning: Die Couch als Hörsaal?

Symbolbild
Symbolbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Lernen im Internet, Teamarbeit über Kontinente hinweg, Prüfungen per Skype: Die Möglichkeiten des virtuellen Studierens werden immer vielfältiger. Und sollen in Zukunft noch effizienter eingesetzt werden.

„E-Learning ist im Bildungsbereich das Thema der Zukunft“, ist Jutta Pauschenwein überzeugt. Damit steht die Leiterin des Kompetenzzentrums „ZML–Innovative Lernszenarien“ nicht allein da. Unter Bildungsexperten ist klar, dass vor allem bei weiterbildenden Lehrgängen und Studien virtuelle Lerntools gefragt sind, ermöglichen sie doch den überwiegend berufstätigen Studenten ein hohes Maß an Flexibilität bei gleichzeitig hoher Lernqualität. Während immer neue Lösungen die Lücke zum althergebrachten Studieren schließen, gibt es dennoch Lehrveranstaltungen, bei denen eine physische Präsenz vor Ort unvermeidlich ist. Studien, bei denen E-Learning gar nicht funktionieren, gebe es umgekehrt aber nicht.

Live-Übertragung

An der FH Joanneum zum Beispiel werden E-Learning-Methoden großflächig eingesetzt. „Und zwar sowohl bei Vollzeit- als auch bei berufsbegleitenden Studien“, so Pauschenwein. Gerade bei berufsbegleitenden Studien sei E-Learning heute regelrecht ein Muss. Zum Einsatz kommen etwa „synchrone Tools“ wie Live-Übertragungen von Lehrveranstaltungen über das Internet sowie asynchrone. Als State of the Art gilt es darüber hinaus, Aufgabenstellungen über mehrere Tage virtuell abzuarbeiten – auch in Gruppenarbeit. „Vor allem bei berufsbegleitenden Studien arbeiten die Studenten sehr gern in Gruppen, das motiviert zusätzlich“, sagt sie.
Auch an der WU Executive Academy baut man auf virtuelles Lernen. Über die Lernplattform Learn@WU – die mit 42.000 einschlägigen Inhalten und 35.000 Usern zu den weltweit meistbenutzten Uni-Plattformen zählt – haben Studenten unter anderem Zugang zu Fallstudien, Fachartikeln und digitalen Fallbeispielen. Das Angebot wird als Ergänzung zu den persönlich besuchten Lehrveranstaltungen gesehen, wie Dean Bodo Schlegelmilch erklärt. „Wir wollen die Studenten beim Lernen unterstützen und dafür sorgen, dass sie gut vorbereitet in den Unterricht kommen.“ Schließlich würden die Studenten bei einigen besonders komplexen Lehrveranstaltungen fundiertes Basiswissen benötigen.

Virtuelle Teamarbeit

In Zukunft erwartet Schlegelmilch den verstärkten Einsatz von Telepresence-Tools im Unterricht – eine Technologie, die an der WU Executive Academy derzeit etwa für Live-Meetings mit Partneruniversitäten auf anderen Kontinenten oder für Projektarbeiten wie das Virtual Team Project eingesetzt wird. Dabei handelt es sich um ein Gruppenprojekt, das Studenten, die auf verschiedenen Kontinenten leben und an verschiedenen Executive-MBA-Programmen teilnehmen, gemeinsam ausarbeiten. Laut Schlegelmilch lernen einander die Studenten erst am Ende persönlich kennen.
Dass vor allem viele Anbieter von Fernstudien, wie etwa die Welser World Wide Education GmbH, auf E-Learning setzen, versteht sich von selbst – weltweiter Standard ist das laut Studienleiter Martin Stieger bei Fernstudien jedoch keineswegs. „Einige Fernuniversitäten verschicken nach wie vor Bücher, Kassetten oder Lehrbriefe.“
Der Einsatz von internetbasierten Technologien wurde an der WWEDU in den letzten Jahren sukzessive ausgebaut. Zur Zeit der Gründung 2003 wurden noch die Vorlesungen abgefilmt und die DVDs an die Studenten verschickt. Mittlerweile können diese per Mausklick im Internet besucht werden – selbst Prüfungen werden über Skype abgehalten. Aber auch an der Qualität des Lernmaterials wurde laut Stieger getüftelt. So werden etwa für die neuen Lehrveranstaltungen eigene Drehbücher verfasst. Das Resultat könne man sich als Mix aus Vorträgen, Interviews und Ausbildungsfilmen vorstellen. „Wir wollen so bei den Studenten die Spannung aufrechterhalten“, erklärt Stieger.

Herausforderung für Lehrende

Dass das E-Learning an gewisse Grenzen stößt – sprich, nicht durchwegs Sinn hat –, möchten Experten gar nicht abstreiten. So sei allen voran in medizinischen Studien in bestimmten Lehreinheiten eine Präsenz vor Ort zwingend notwendig. „Es gibt allerdings kein Studium, bei dem nicht zumindest Teile des Stoffs über E-Learning-Tools abgehandelt werden können“, so Stieger. Für Pauschenwein ist auch die Tatsache nicht von der Hand zu weisen, dass E-Learning – trotz aller Vorzüge – auch eine Herausforderung darstellen kann. „Beim E-Learning handelt es sich um eine sehr transparente Kommunikationsform, die die Kommunikationskultur an sich ändert und nicht selten auch an gewisse Grenzen stößt.“ Vor allem die Rolle der Lehrenden habe sich durchs E-Learning erheblich verändert. „Sie müssen sich die Frage stellen, ob sie für den virtuellen Austausch mit den Studenten auch immer verfügbar sein möchten.“ Hier gebe es mitunter große Unterschiede in der Auffassung der Lehrenden. Von den Studierenden verlangt E-Learning zudem auch eine große Portion Selbstdisziplin, besonders bei Fernlehrgängen oder anderen zeitlich sehr freien Vorgaben. Aufgabe des ZML an der FH Joanneum ist es, die angebotenen Studiengänge bei der Entwicklung von „Blended Learning“-Szenarien (siehe Kasten) zu unterstützen. Unter anderem werden auch Workshops abgehalten. Allerdings werden diese nur spärlich besucht, wie Pauschenwein bestätigt. „Die Studenten brauchen das einfach nicht. Viele kennen Lernplattformen noch aus der Schulzeit.“ Nachsatz: „Die Generation der Digital Natives ist in der Regel besser drauf als die Lehrenden.“

Lernen mit der Maus: Begriffe

E-Learning – Lernen per Computer und Internet – ist mittlerweile etabliert und wird auf sehr unterschiedliche Weise genutzt. Selten allerdings wird ausschließlich per E-Learning studiert. Eine beliebte Form ist das Blended Learning: E-Learning wird mit herkömmlichen Methoden, etwa Anwesenheit bei Vorlesungen und persönlicher Betreuung kombiniert, um die Vorteile beider Methoden zu nutzen. Lernplattformen bieten mittlerweile eine Reihe von Möglichkeiten. So natürlich Unterlagen – etwa Skripten, Übungsmaterial, Filme, Interviews – zum Downloaden, dazu auf der Homepage zu bearbeitendes Material und eine Fülle an Tools, die es ermöglichen, interaktiv mit Kommilitonen oder Professoren zu kommunizieren.
So werden direkte Gespräche und mitunter auch Prüfungen über Videoplattformen wie Skype geführt, Lehrveranstaltungen live übertragen und ganze Diskussionen per Videokonferenz-Tools online geführt. Auch das virtuelle gemeinsame Arbeiten von Gruppen ist möglich.
Für online übertragene Lehrveranstaltungen werden mitunter sogar eigene Drehbücher verfasst, um die Qualität zu verbessern und für die Studenten spannender zu machen.

www.fh-joanneum.ac.at
www.wu-wien.ac.at
www.wwedu.at

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.