Burgstaller: "Freier Uni-Zugang ist eine Illusion"

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Salzburgs Landeschefin Gabi Burgstaller torpediert die Parteilinie: Sie spricht sich gegen die „Massen-Uni“ aus. Die Parteiapparate würden Reformen blockieren. Das ist freilich nicht das erste Mal.

Wien. Nur die geeignetsten Kandidaten sollen Lehrer werden, durch eine Eignungsprüfung müssen alle Übrigen ausgeschlossen werden. Diese Meinung vertritt in der aktuellen Diskussion um Aufnahmeverfahren für Pädagogen auch Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. Die SPÖ-Politikerin geht jedoch noch einige Schritte weiter – und stellt damit die Parteilinie infrage: Der Uni-Zugang solle generell „gesteuert“ werden, sagt sie im Gespräch mit der „Presse“.

Der freie Zugang in der jetzigen Form sei ohnehin nur „eine Illusion“, sagt Burgstaller. Sie spielt damit auf die schlechten Betreuungsverhältnisse an den Universitäten an, auf deren Unterfinanzierung und den zu erwartenden Ansturm deutscher Studenten: „Die Massen-Uni ist auch nicht die Freiheit, die ich mir für junge Leute wünsche“, so Burgstaller.

Dass große Projekte in der Bildungspolitik jahrelang nur diskutiert, aber nie umgesetzt werden, gefällt Salzburgs Landeshauptfrau nicht: „Der Stillstand in der Bildungspolitik frustriert mich sehr.“ Ihre Forderung: Die Personalvertreter – gemeint ist die Lehrergewerkschaft – solle man bei den Verhandlungen um Bildungsreformen „ruhig eine Zeit lang ignorieren“. Auch die Parteipolitik müsse zurückgedrängt werden. Denn: „Es gibt im Hintergrund viele, die die Reformen verhindern.“ Und das seien nicht die Spitzen der zuständigen Ministerien – sondern vielmehr die Parteiapparate.

Burgstaller verärgert Bundes-SPÖ

So spricht sich Burgstaller auch für jenen „Kuhhandel“ aus, der von der SPÖ bereits mehrfach zurückgewiesen wurde: den Abtausch von Zugangsbeschränkungen in überlaufenen Studienrichtungen gegen die gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen. Derzeit wehrt sich die SPÖ vehement dagegen, den „freien Hochschulzugang“ aufzugeben, während die ÖVP trotz vereinzelter Gegenstimmen (wie jener der früheren Wissenschaftsministerin Beatrix Karl) auf der Trennung in AHS-Unterstufe und Haupt- bzw. Neue Mittelschule beharrt.

Es ist freilich nicht das erste Mal, dass Burgstaller in Bildungsfragen von der Parteilinie abweicht. So gilt sie als Befürworterin von neuen Studiengebühren. Ihr Vorstoß für einen geregelten Uni-Zugang kommt für die SPÖ dennoch gerade jetzt zur Unzeit:Koalitionspartner ÖVP setzt die Kanzlerpartei seit einigen Wochen mit immer neuen Konzepten zum Ende des freien Uni-Zugangs unter Druck. Erst unlängst forderte etwa ÖVP-Chef Michael Spindelegger die Einführung einer nach Fächern gestaffelten Studiengebühr.

Die Sozialdemokraten tun sich angesichts dessen immer schwerer, ihre Rolle als „Neinsager“ zu rechtfertigen. Denn zu eigenen Lösungen für die Uni-Misere fehlt der SPÖ bislang die Kraft. Burgstallers Zwischenrufe werden in der Bundespartei daher mit immer größerem Argwohn betrachtet. Die Landeshauptfrau solle endlich aufhören, die Partei öffentlich zu schwächen, hieß es zuletzt aus Wiener SPÖ-Kreisen. Man müsse nun Geschlossenheit demonstrieren, um in Hochschulfragen nicht unter die Räder zu kommen.

Stillstand bei Lehrerdienstrecht?

Burgstaller wünscht sich dennoch eine rasche Einführung der Eignungstests: Für diesen Herbst kämen Planungen zu spät, im folgenden Studienjahr seien Tests aber durchaus denkbar. Im Bereich der Lehramtsstudien will Burgstaller die laufende Reform der Ausbildung (Stichwort: Pädagogenbildung neu) gar nicht abwarten. Dass sich die Vorhaben des Unterrichtsministeriums ohnehin verzögern dürften, bekräftigte am Mittwoch auch BMHS-Lehrervertreter Jürgen Rainer: So werde das neue Lehrerdienstrecht (das auch für die neue Ausbildung essenziell ist) nach Monaten noch „immer nicht richtig verhandelt, sondern lediglich diskutiert“.

Für die Unis wird die Zeit aber langsam knapp: Doppelte Abiturjahrgänge und die Aussetzung der Wehrpflicht werden die Zahl deutscher Studienanfänger stark steigen lassen. Bereits im Oktober dürften rund 10.000 zusätzliche Studenten nach Österreich strömen, vor allem in grenznahe Städte wie Salzburg. Schon jetzt kommt dort jeder Fünfte aus Deutschland. Für Burgstaller nur ein Grund mehr, auf Zugangsbeschränkungen zu pochen.

Auf einen Blick

Gabi Burgstaller macht Druck für Reformen im Bildungsbereich: Die SPÖ solle den Uni-Zugang beschränken, die Lehrergewerk-schafter bei Verhandlungen igno- rieren und mit der ÖVP einen Kuhhandel eingehen, sodass sich bei den großen Bildungsreformen endlich etwas bewegt. Damit macht sie sich nicht nur Freunde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 4. August 2011)

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