FPÖ fordert Reform der Medizinerausbildung

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Um fit für den internationalen Wettbewerb zu werden, wollen sich die Freiheitlichen ein Beispiel an der Medizinerausbildung in Sachsen nehmen. Der Turnus solle abgeschafft und die Wartezeit verkürzt werden.

Wien. Das Problem ist bereits lange bekannt, eine Lösung wurde aber bis heute nicht gefunden: Die Rede ist vom vielbesagten Ärztemangel, der Österreich in den kommenden Jahrzehnten droht. Im Gegenteil: Es ist noch nicht einmal klar, wie viele Ärzte fehlen werden. Eine entsprechende Bedarfsstudie, die von Gesundheits- und Wissenschaftsministerium sowie der Ärztekammer in Auftrag gegeben wurde, sollte schon lange vorliegen. Tut sie aber nicht. Nun machen die Freiheitlichen Druck.

Sie fordern nicht nur die Veröffentlichung der Studie, sondern auch eine Reform der Medizinerausbildung, den Wegfall der Zugangsbeschränkung zum Studium sowie höhere Gehälter. All das sei notwendig, um im „Wettstreit um die Ärzte“ bestehen zu können, sagt der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf im Gespräch mit der „Presse“. Denn: Der Ärztemangel ist kein rein österreichisches Problem. Die EU-Kommission geht in Prognosen davon aus, dass innerhalb der EU in zehn Jahren rund 230.000 Ärzte fehlen werden.

Derzeit sei das österreichische Ausbildungssystem „nicht wettbewerbsfit“, kritisiert Graf. Tipps wollen sich die Freiheitlichen nun aus Deutschland holen – konkret aus dem Bundesland Sachsen. Morgen, Dienstag, wird der stellvertretende Präsident der sächsischen Ärztekammer, Erich Bodendieck, deren Ausbildungsmodell bei der Veranstaltung „Droht Österreich ein Ärztemangel?“ im Parlament (siehe Faktenkasten) vorstellen.

Erster Ansatzpunkt: die Abschaffung des Turnus. Während in Österreich die Absolventen in den meisten Fällen zuerst die dreijährige Turnusausbildung zum Allgemeinmediziner durchlaufen, ehe sie die Facharztausbildung beginnen können, bleibt das den deutschen Kollegen erspart. Sie beginnen sofort mit der sechsjährigen Facharztausbildung. Auch der Allgemeinmediziner gilt dort als Facharzt. Die Ausbildung dazu dauert fünf Jahre.

Chancen für Herkunftslandprinzip?

Zudem kommt, dass die Wartezeiten im österreichischen System vergleichsweise hoch sind. Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Turnusplatz liegt hierzulande bei zweieinhalb Jahren. Laut Graf brauchen österreichische Medizinabsolventen bis zur fertigen Facharztausbildung im Schnitt vier bis sechs Jahre länger als ihre deutschen Kollegen. Diese Vorteile locken viele Österreicher ins Nachbarland. In den vergangenen sieben Jahren waren es mehr als 2100.

Da es mehr Medizinstudenten brauche, sei es außerdem unsinnig, Zugangsbeschränkungen zu haben, so Graf. Seine Forderung: Die Abschaffung der Zugangsbeschränkungen sowie der mit 25Prozent festgelegten Quote für ausländische Studenten. Statt der Quote spricht er sich für die Wiedereinführung des Herkunftslandprinzips aus. Dadurch würden nur jene Studierenden zum Studium zugelassen, die auch im Heimatland ein Recht auf einen Studienplatz haben.

Dass diese Regelung im Jahr 2005 schon einmal vom Europäischen Gerichtshof gekippt wurde, stört Graf nicht. Damals habe sich Österreich „juristisch ganz schlecht verantwortet“. Man könne ein derartiges Verfahren „sehr wohl“ gewinnen. Und falls nicht, nehme er die drohende Geldstrafe auch gerne in Kauf, so Graf. Das sei immer noch billiger, als tatenlos auf den Ärztemangel zu warten.

Veranstaltung

Droht Österreich ein Ärztemangel? Über diese Frage diskutieren auf Einladung des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf morgen, Dienstag, Ärztekammer-Präsident Walter Dorner, Erich Bodendleck (Vizepräsident der Sächsischen Landesärztekammer), Clemens Martin Auer (Sektionschef im Gesundheitsministerium) und Volkswirtschaftsprofessor Gottfried Haber (Universität Klagenfurt).

Die Veranstaltung findet ab 18Uhr im Abgeordnetensprechzimmer des Parlaments, Karl-Renner-Ring, statt. Anmeldungen zur Podiumsdiskussion per Mail unter: veranstaltungen03@parlament.gv.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2011)

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