Bei der Maßnahme handle es sich nicht um eine Bevorteilung der Frauen, sondern um einen Nachteilsausgleich, sagt auch die verantwortliche Vizerektorin.
Dass Frauen beim Aufnahmetest an der Med-Uni Wien heuer milder beurteilt werden sollen, sorgt für Aufregung. FPÖ-Gleichbehandlungssprecherin Heidemarie Unterreiner sieht "ein unfaires Vorgehen gegenüber den männlichen Bewerbern". Auch die Studierenden der Med-Uni sind empört über den neuen Bewertungsschlüssel für den EMS-Test Anfang Juli - die ÖH Medizin Wien fasst als ultima ratio sogar Klagen ins Auge.
Laut Bernd-Christian Funk dürften deren Chancen aber gering sein. Der Jurist hält die neue Bewertung im Gespräch mit DiePresse.com für einen "rechtlich gangbaren" Weg, zumal klar sei, dass Frauen in den vergangenen Jahren im Nachteil gewesen seien. Mehr noch: "Wenn eine undifferenzierte Gleichbehandlung aller im Ergebnis zu einer Diskriminierung führt, scheinen Strategien einer Differenzierung rechtlich nicht nur zulässig, sondern sogar geboten."
Ähnlich argumentiert Gutierrez-Lobos, Vizerektorin für Lehre und Gender: Bei der Maßnahme handle es sich nicht um eine Bevorteilung der Frauen, sondern um einen Nachteilsausgleich, sagt sie zu DiePresse.com. Vorwürfe, die eine mangelnde Qualifikation der Frauen andeuteten, findet sie sachlich völlig ungerechtfertigt: „Wir wissen ja, dass unsere Frauen trotz eines Nachteils beim EMS bis zur ersten großen Prüfung im Studium enorm aufholen und wir 60 Prozent Absolventinnen haben.“
An neuem Aufnahmetest wird gearbeitet
Endgültige Wunschlösung ist die genderspezifische Auswertung aber auch für die Vizerektorin nicht. Mit den Med-Unis Graz und Innsbruck werde ohnehin an einer gemeinsamen Neugestaltung der Aufnahmeverfahren gearbeitet. Ein neuer Test könnte sich, so hört man, stärker an den Grazer Test anlehnen, der auch kommunikative und soziale Fähigkeiten abfragt – und wo die Frauen wesentlich besser abgeschnitten haben.
Bisher wurden die Punkte des Tests gemeinsam ausgewertet. Das hat etwa 2011 dazu geführt, dass zwar 56 Prozent der Bewerber Frauen waren, unter den Zugelassenen waren sie aber nur noch zu 43 Prozent vertreten - ähnlich wie in Innsbruck, wo derselbe Test verwendet wird. Auf eine genderspezifische Auswertung wird dort allerdings verzichtet.
(beba)