Das weibliche Gesicht der ÖH

(C) Bayrhammer
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Die ÖH ist viel weiblicher, als es in der heimischen Politik die Regel ist. Die Frauen an der Spitze der Fraktionen sind dabei jedoch höchst unterschiedlich.

Wien. Der Kontrast könnte größer kaum sein: Während die Frauen in echten Spitzenpositionen in der Bundespolitik nach wie vor in der Minderzahl sind, ist das Gesicht der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) seit geraumer Zeit vor allem eines: weiblich. Sieht man von Martin Schott ab, der die ÖH zuletzt ein Jahr lang angeführt hat, sind in den vergangenen Jahren vor allem Frauen an der Spitze der Studenten gestanden – man denke an Janine Wulz, an Sigrid Maurer (die mittlerweile für die Grünen kandidiert) oder die frühere rote Studentenchefin Barbara Blaha.

Und auch wenn die ÖH-Wahl noch bis morgen läuft, ist eines bereits klar: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch in den kommenden Jahren einmal mehr die Frauen den Ton in der ÖH-Exekutive angeben werden. Immerhin warten vier der zehn bundesweit antretenden Listen – grüne, rote und liberale Studenten, außerdem die unabhängige Fest – mit Spitzenkandidatinnen auf.

Das ultimative Kriterium

Dass es die Hochschülerschaft per se Frauen leichter mache, an die Spitze zu kommen, verneinen die vier Kandidatinnen allerdings unisono. Es liege an den einzelnen Unis, und noch mehr an den jeweiligen Fraktionen, ob oder wie sehr Frauen die Chance hätten, ganz nach oben zu kommen.

Tatsächlich gehören die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft und der freiheitliche RFS zu jenen Fraktionen, die bisher nicht gerade mit vielen Frauen an der Spitze aufwarten. („Sorry, dass ich ein Mann bin“, konterte AG-Mann Florian Lerchbammer kürzlich.) Bei den linken Listen – insbesondere beim roten VSStÖ und bei der Gras – gilt das weibliche Geschlecht dagegen mitunter als das ultimative Kriterium für die Spitze.

Die politischen Hintergründe der vier Spitzenkandidatinnen und wie sie ihren Wahlkampf anlegten, sind indes höchst unterschiedlich. Vier Porträts:

Julia Freidl -VSStÖ

Volkswirtschaft

Mit Julia Freidl setzt der VSStÖ auf ein Konzept, das schon vor zwei Jahren aufgegangen ist. Freidl ist vor allem eines: umgänglich und sympathisch – und damit massentauglich. Das machte sich die Fraktion im Wahlkampf zunutze und schickte Freidl auf Tour durch Österreich. In persönlichen Gesprächen wirkt die 24-Jährige authentischer als vor Kameras und Mikrofonen. Vor allem bei sozialen Fragen, sie arbeitete bisher im ÖH-Sozialreferat, ist sie kompetent. Das könnte dem VSStÖ im Kampf um die linke Wählerschaft den entscheidenden Vorteil gegenüber der Gras bringen. Dieser eilt der Ruf der Radikalität voraus.

Mit Freidls Kandidatur kommt auch ein Kurswechsel in der roten Linie: Erstmals wird die Aktionsgemeinschaft nicht mehr als Koalitionspartner ausgeschlossen. Das mag mit Freidls Erfahrungen aus der Bundes-ÖH zusammenhängen.In einer linken Viererkoalition ist vieles eben nur schwer umsetzbar.

Viktoria Spielmann - Gras

Politikwissenschaft

Beim Auftakt des Wahlkampfes saß Viktoria Spielmann (26) den Medien noch gemeinsam mit Marie Fleischhacker gegenüber. So wie das bei der Gras und ihrer Doppelspitze für die ÖH-Wahl eben so üblich ist. Bald aber zeigte sich: Spielmann ist die klare Nummer eins.

Die Tirolerin ist selbstbewusst und locker. Ihren Dialekt trägt sie wie schon Vorvorgängerin Sigrid Maurer offensiv vor sich her. Bei der Elefantenrunde, der Diskussionsrunde der Spitzenkandidaten, zeigte sie sich angriffig. Die Ideale der Gras, wie etwa die Frauenförderung, verteidigte sie vehement.

Anders als Vorgängerin Janine Wulz tritt sie aber wenig verbissen auf. Zumindest unter Tirolern akzeptiert sie schon einmal eine sexistische Bemerkung. Spielmann werde die Wähler wohl mit ihrem Augenaufschlag überzeugen, meinte zuletzt ein Bekannter am Rande eines Pressetermins – Spielmann kostete das nicht mehr als ein Lächeln.

Claudia Gamon -Junge Liberale

Wirtschaftsuni

Claudia Gamon ist es gewohnt, von Wahlplakaten zu lachen, Interviews zu geben und an Diskussionen teilzunehmen. Gamon tritt zum zweiten Mal als Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen zur Wahl an.

Nicht nur deshalb wirkt die gebürtige Vorarlbergerin routiniert. Auch als Proponentin des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien und Kandidatin von Neos hat sie Erfahrung gesammelt. Das hilft ihr. Denn sie geht mit den wohl „unangenehmsten“ Themen auf Stimmenfang. Die JuLis setzen sich für Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren ein. Und werben mit provokanten Slogans wie „Deine Mutter zahlt mein Studium“.

Die 24-jährige Gamon punktet mit ihrer Offenheit: Sie habe genug Geld. Ein Grundstipendium für alle Studenten – wie das andere Fraktionen fordern – will sie gar nicht. Aussagen wie diese sorgen bei vielen für Unmut. Positiv stimmt Gamon jedoch eines: ihr unerwarteter Wahlerfolg im Jahr 2011.

Anna Lena Bankel - Fest

Lehramt Kunst

Anna Lena Bankel ist alles andere als eine gewöhnliche Studierendenvertreterin. Sie hebt sich allein schon durch ihr Alter ab: Bankel ist mit 30 Jahren deutlich älter als andere Kandidaten. Und: Sie ist nicht ausschließlich Studentin, sondern auch selbstständige Designerin.

Ihr Vorteil: Sie kann bei vielen Themen aus Erfahrung sprechen. Etwa, wenn es um das Thema Vereinbarung von Beruf und Studium geht. Oder wenn über die Sinnhaftigkeit von Zugangsbeschränkungen gesprochen wird. Immerhin musste die gebürtige Münchnerin an der Angewandten strenge Aufnahmeverfahren durchlaufen. Ihre Meinung: „Beschränkungen erhöhen die Qualität nicht.“ Auch im Ausland hat Bankel Erfahrung gesammelt. Ursprünglich hatte sie ein Jusstudium in London begonnen.

An einer Fachhochschule hat sie indes nie studiert – was sie nicht daran hindert, für die als FH-Fraktion bekannte Fest zu kandidieren: Sie macht das mit Wissen wett.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2013)

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