Wie wird der Ski noch schneller?

Im Spitzensport ist die Frage des Materials oft so erfolgsentscheidend wie Fitness und Technik. Aber auch zur Senkung des Verletzungsrisikos im Breitensport wird geforscht, entwickelt und gelehrt.

Schneller Belag, zu aggressiver Ski...“ Begriffe, die man dieser Tage aus Sotschi hören wird und die in Erinnerung rufen, dass sportliche Leistungen immer auch eine Frage des Materials sind. Das gilt laut Anton Sabo, Leiter der Bachelor- und Masterstudiengänge Sports Equipment Technology an der FH Technikum Wien, primär im Spitzensport – und hier besonders bei technologisch intensiven Sportarten wie den Winterdisziplinen. Der im Vorstand der Isea (International Sports Engineering Association) Tätige hat das in Österreich einzigartige Studium gegründet: Es vereint die technische und sportwissenschaftliche Seite der Sportgeräte-Entwicklung in einem Curriculum. Aktuell wurden zum Beispiel spezielle Kunststoffkufen für die Rodler entwickelt, die in Sotschi zum Einsatz kommen.

Spaß muss sein

Rund 45 Bachelor- und 30 Master-Absolventen gibt es jährlich, wobei Sabo einem Berufseinstieg nur mit Bachelor-Abschluss skeptisch gegenübersteht: „Der Wissensstand ist noch nicht ausreichend.“ Er betont auch, dass es sich – trotz des interdisziplinären Ansatzes – um ein technisches Studium handelt. Sportaffinität ist dennoch gefragt. „Wenn ich einen Tennisschläger entwickeln will, muss ich Tennis spielen können“, so Sabo. Seiner Erfahrung nach sind jene Absolventen am erfolgreichsten, die bei den Sportlern nicht nur als Nerds ankommen. Das Gros der Absolventen kommt bei Sportgeräteherstellern unter, jener Anteil, der bei diversen Sportverbänden zum Einsatz kommt, ist im internationalen Vergleich relativ gering. In diesem Zusammenhang bemängelt der Experte das fehlende Verständnis der Verantwortlichen für den Stellenwert der Technologie und moderner Messmethoden und daraus resultierende knappe Fördermittel. Gleichzeitig unterstreicht er den wissenschaftlichen Anspruch des Fachs. Um größere Forschungsprojekte durchführen zu können, bietet die FH gemeinsam mit dem Royal Melbourne Institute of Technology in Australien seit März auch ein PhD-Programm. Ähnliche FH-Studien finden sich im deutschsprachigen Raum in Chemnitz oder Magdeburg, der interdisziplinäre Ansatz wird auch an der TU München verfolgt.

Forschungsprogramme und Projekte gemeinsam mit der (Ski-)Sportindustrie betreibt auch die Universität Innsbruck und hat dazu 2005 das Technologiezentrum Ski und Alpinsport (TSA) gegründet. Neben der Kernkompetenz Wintersport werden auch Sporttextilien entwickelt, wie Michael Hasler, Physiker am TSA, erklärt. Zwar kooperiert das TSA in der Ausbildung mit diversen Uni-Instituten, hauptsächlich würden Studenten aber im Zuge von Masterarbeiten oder Praktika eingebunden. Welche Fachrichtungen gebraucht werden, hängt vom konkreten Projekt ab. Während etwa die Untersuchung der Reibung zwischen Ski und Schnee eine rein technische Frage ist, sind bei der optimalen Härte von Skischuhen auch Sportwissenschaftler gefragt. Sportaffin sollten allerdings alle Beteiligten sein. „Sonst macht es keinen Spaß“, weiß der Experte.

Verletzungen minimieren

Der persönliche Bezug zum Sport ist auch für Ernst Müller, Professor am Institut für Sport und Bewegungswissenschaft der Universität Salzburg, wesentliche Voraussetzung, dazu kommen Physik und Messtechnik. An der Uni wird seit über einem Jahrzehnt an der Sportgeräte-Entwicklung geforscht, vor allem im Bereich Wintersport, wobei es enge Kooperationen mit großen Skiherstellern gibt. Dabei werden aufgrund von biomechanischen Erkenntnissen der Sportwissenschaftler Anforderungsprofile erstellt, die dann von der Industrie in Prototypen umgesetzt werden. Diese werden getestet und weiter optimiert. Die Umsetzung, also etwa die richtigen Materialien zu finden, obliegt den Experten der Industrie.

Im Fokus steht übrigens nicht nur die Leistungssteigerung, sondern auch die Reduktion des Verletzungsrisikos, und zwar sowohl im Spitzen- als auch im Breitensport. So konnte laut Müller im Skisport durch eine Änderung des Reglements bezüglich der Ski vor zwei Jahren die stark ansteigende Zahl der Knieverletzungen wieder gesenkt werden. Im Breitensport ist die Zahl der Verletzungen in den letzten Jahren von 1,3 auf 0,57 pro tausend Skitage gesunken. Generell gebe es für angehende Sportgeräte-Entwickler viele Berufswege. Im Rahmen des Sportwissenschaftsstudiums werden die notwendigen Kenntnisse in Biomechanik vermittelt, zudem gebe es einschlägige Lehrveranstaltungen wie „Funktionelle Aspekte von Sportgeräten“. Von den etwa 30 jährlichen Master-Absolventen würden rund 25 Prozent in die Sportgeräteindustrie – inklusive Marketingpositionen – gehen, so Müller. Und betont, dass in Zukunft nur theoriegeleitete Entwicklung Erfolg bringen werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2014)

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