Expertise für den Südostrand Europas

T�rkei, Istanbul, Stastansichten
T�rkei, Istanbul, Stastansichten(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
  • Drucken

Regionen. Österreich ist mit den Balkanländern historisch wie auch aktuell eng verbunden. Gemeinsam mit der Türkei gelten sie als aussichtsreiche, aber auch schwierige Märkte. Gute Gründe, sich eingehend mit ihnen auseinanderzusetzen.

Angesichts der prosperierenden Wirtschaft und der geopolitischen Brisanz der Türkei ist es kaum zu glauben: In ganz Mitteleuropa sind die Ausbildungen zum Türkisch-Übersetzer und -Dolmetscher an einer Hand abzuzählen. Das Türkisch-Studium an der Universität Graz ist somit nicht nur die einzige Übersetzerausbildung für diese Sprache in Österreich, sondern gleichzeitig einer von nur zwei Universitätsstudiengängen dieser Art im gesamten deutschsprachigen Raum. „Dabei ist die Nachfrage nach qualifizierten Türkisch-Dolmetschern sehr groß, vor allem im Kommunaldolmetschen, also zum Beispiel in Krankenhäusern oder Ämtern“, sagt Florika Grießner, stellvertretende Leiterin des Instituts für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft (ITAT) an der Uni Graz. „Wir bekommen auch ganz viele Anfragen für Türkisch-Dolmetscher aus der Wirtschaft, mehr als wir abdecken können.“
Zum Türkisch-Angebot des ITAT zählen ein Bachelorstudium (dreijährige Kultur- und Sprachausbildung), ein Masterstudium sowie zwei Universitätszertifikate, die Studierenden anderer Studienrichtungen als Zusatzausbildungen offenstehen. Das „kleine“ Universitätszertifikat für Türkische Sprache und Kultur (zwei Jahre) ist fast identisch mit dem Programm der ersten beiden Jahre des Bachelorstudiums. Das „große“ Universitätszertifikat für Türkische Sprache, Kultur und Transkulturelle Kommunikation (drei Jahre) vermittelt zusätzlich Grundkompetenzen des Übersetzens und Dolmetschens. Beide Universitätszertifikate sind kostenlos, setzen aber Sprachkenntnisse auf A1-Level voraus. Wer diese nicht mitbringt, wird, ebenso wie Bachelor-Interessenten ohne Vorkenntnisse, auf einen Vorbereitungskurs während des ersten Wintersemesters verwiesen.
Abseits der Sprache ist die Türkei auch Gegenstand eines neuen berufsbegleitenden Weiterbildungsangebots der Universität Wien. „Unternehmensumfeld Schwarzmeer-Region“ nennt sich der zweisemestrige Zertifikatskurs, der den Fokus im ersten Semester auf den türkischen Raum legt.

Potenzial in der Türkei

Ilker Ataç, Kurskoordinator des ersten Semesters, sieht in der Türkei nach wie vor ein breites Betätigungsfeld, nicht nur für die österreichische Wirtschaft: „Trotz der geringen Wachstumsraten in den letzten zwei Jahren gibt es Vorhaben der türkischen Regierung, über Privatisierungen und wirtschaftspolitische Maßnahmen das Wachstum zu beschleunigen. Es gibt weitere Potenziale für österreichische Unternehmen – etwa in ökologischen (Energie)-Bereichen –, in der Region tätig zu sein und Investitionen zu betreiben. Gleichzeitig kommen zunehmend Kooperationen zwischen den sozialen und politischen Institutionen in den beiden Ländern zustande, die noch weiter ausbaufähig sind“, sagt Ataç.
Im zweiten Semester des Wiener Lehrgangs wird der Schwerpunkt auf die postsozialistischen Länder Rumänien, Bulgarien, Moldau, Ukraine, Russland, Georgien und Aserbaidschan gelegt. „Im Vordergrund stehen dabei immer die Auswirkungen der politischen und institutionellen Rahmenbedingungen auf das Unternehmensumfeld“, sagt Johannes Leitner, Kurskoordinator des zweiten Semesters. Welche Strategien stehen den internationalen Unternehmen zur Verfügung, um mit den politischen Risken in den Ländern der Schwarzmeer-Region umzugehen? Das ist dabei eine der Fragestellungen. Zielgruppe sind für Kursleiter Dieter Segert „zunächst Personen, die an einer aktuellen oder geplanten wirtschaftlichen Tätigkeit in dem Raum interessiert sind; aber auch, wer sich politisch oder zivilgesellschaftlich für die betreffenden Gesellschaften interessiert, ist am richtigen Platz.“ Der Kurs ist auf wirtschaftliche, unternehmensrechtliche und politische Inhalte ausgerichtet. Es lehren Juristen, Betriebswirte und Politologen. Kursstart ist im November.

Balkanstudien mittlerweile etabliert

Segert ist auch Leiter einer inzwischen gut etablierten akademischen Weiterbildung der Uni Wien zur Balkanregion. Der zweijährige Universitätslehrgang „Interdisziplinäre Balkanstudien“, der mit dem Master of Arts (MA) abgeschlossen wird, ist gerade zum vierten Mal gestartet und kann bereits auf eine größere Zahl an Absolventen verweisen. „Absolventen des Lehrgangs konnten bei den Vereinten Nationen, im Diplomatischen Korps, bei NGOs, im öffentlichen Dienst, in der Sicherheitsbranche, auf dem Energiesektor, im Bankwesen, in der Medienbranche, im Versicherungswesen, Logistik und Transportwesen sowie im universitären Bereich Fuß fassen“, sagt Segert. Die Motivation, einen solchen Lehrgang zu absolvieren, sei einerseits eine berufliche, liege aber oft auch im persönlichen Bereich. Rund die Hälfte der Teilnehmer habe Migrationshintergrund und privaten Bezug zum Balkanraum. „Der Universitätslehrgang wird demnach auch genutzt, um sich mit seiner Herkunft und den Wurzeln wissenschaftlich auseinanderzusetzen.“ Der Lehrgang wird von der Universität Wien in Kooperation mit dem Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) durchgeführt.

Web: http://Itat2.uni-graz.at/tuerkisch
www.postgraduatecenter.at/balkanstudien
www.postgraduatecenter.at/schwarzmeerregion

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.