Wie kommen Flüchtlinge an Unis und Fachhochschulen?

FH Wien
FH Wien(c) Die Presse - Clemens Fabry
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So mancher Asylwerber hat akademischen Hintergrund beziehungsweise Studienreife. Die heimischen Hochschulen versuchen, ihnen entgegenzukommen.

Wie hoch eigentlich der gesamte Anteil an Asylsuchenden unter Österreichs Studenten ist, ist nicht bekannt. Bei der Inskription wird zwar die Staatsangehörigkeit, nicht aber ein eventueller Asylstatus vermerkt. Insgesamt verzeichnen die Hochschulen einen Anstieg bei Studierenden aus Krisengebieten. „Hoch qualifizierte Personen, egal mit welchem Aufenthaltsstatus sie zu uns kommen, sind eine Bereicherung für die Universitäten, aber auch für unsere Gesellschaft“, so der Präsident der Universitätskonferenz (Uniko) und Rektor der Uni Salzburg, Heinrich Schmiedinger.
Dennoch gibt es an den Unis bürokratische Hürden für Asylwerber und Asylberechtigte, allen voran der Nachweis der Qualifikationen. Laut Lissabon-Konvention, dem Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in Europa, wären „angemessene“ Schritte zu unternehmen, auch wenn Bewerber keine entsprechenden Nachweise haben. Fehlen – wie bei Flüchtlingen häufig der Fall – Dokumente, müssen die Universitäten das im Einzelfall prüfen. Die ÖH kritisiert, dass dies vom Goodwill der Hochschule abhängt und es keine einheitliche Regelung gibt. Philip Flacke vom Vorsitzteam der ÖH-Bundesvertretung macht zudem auf eine Ungleichbehandlung aufmerksam: „Studienberechtigungsprüfungen sind nur EWR-Bürgern zugänglich, was den Hochschulzugang für Menschen mit Asylstatus erschwert. Da könnte der Gesetzgeber leicht die Lage von Studierenden aus Drittstaaten generell verbessern.“

Deutschkurs-Kosten als Hürde

Ist die Qualifikation geklärt, können alle, die zum Asylverfahren zugelassen sind, auch kostenlos studieren – was viele aber nicht wissen. Zudem müssen sie Deutschkurse belegen und eine entsprechende Prüfung bestehen. „Für Kurs und Prüfung müssen die Betroffenen selbst aufkommen. Das ist oft eine unüberwindbare Hürde“, so Flacke.
Trotz dieser Hürden wird derzeit auch viel getan: „Die Hochschulvertretung der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich bietet gratis Deutschunterricht und mehrsprachiges Lehrmaterial an, erstmals auch für Menschen mit Farsi als Erstsprache“, sagt Flacke. Weiters installiert etwa die ÖH Uni Salzburg Sprachcafès, in denen Flüchtlinge Deutschkenntnisse erwerben und verbessern können. Die Studienrichtungsvertretung Chemie in Wien bietet jugendlichen Flüchtlingen Schnupperkurse an. Und mit der Kampagne „Flüchtlinge 1000 x Willkommen“ des Vereins „Vielmehr für Alle!“ (ÖH und Verein.Respekt.net), die bis Ende Jänner 2016 läuft, werden österreichweit 1000 private Wohnplätze an Menschen mit Fluchterfahrung vermittelt.
Die größte Initiative ist das von der Uniko initiierte Maßnahmenpaket More, an dem sich 18 der 21 heimischen Unis beteiligen. Flüchtlinge können speziell für sie zusammengestellte Lehrveranstaltungen aus verschiedenen Fächern besuchen und Studienerfolgsnachweise oder zumindest Teilnahmebestätigungen erwerben. Neben über 100 Lehrveranstaltungen bietet More auch Sprachkurse und Sportaktivitäten. Außerdem können die Flüchtlinge die Bibliotheken und deren Dienstleistungen kostenlos in Anspruch nehmen. In Kooperation mit der ÖH fungieren Studenten als Buddies und stehen den Flüchtlingen im Hochschulalltag zur Seite. Umgekehrt sollen akademisch gebildete Asylbewerber im Projekt No Border Academy ihr Wissen weitergeben.
Insgesamt bekommen Flüchtlinge aber an FH eher die Chance, ein Studium aufzunehmen, auch wenn ihnen die notwendigen Dokumente dafür fehlen. „Die Fachhochschulen verfügen hier über die entsprechende Autonomie, auf die Vorlage dieser Dokumente zu verzichten. Sind die Angaben der Studienwerber plausibel, findet ein Fachgespräch statt, in dem die vorliegenden Lernergebnisse festgestellt werden“, sagt Helmut Holzinger, Präsident der Österreichischen Fachhochschulkonferenz (FHK). „Die FHK veranstaltet in diesem Zusammenhang regelmäßig Schulungen für die zuständigen Zulassungsstellen und Studiengangsleitungen.“ Zudem informiert die FHK die Fachhochschulen im Rahmen ihrer Rechtsberatung über diese Möglichkeit. Generell seien die FH bei der Bewertung etwas freier als beispielsweise die Universitäten, die formal Zulassungsbescheide auszustellen haben.

FH: Mehr Auswahl für Englischsprachige

Fachhochschulen sind für Flüchtlinge besonders interessant, da sie in großer Zahl rein englischsprachige Studiengänge anbieten. Gleich fünf FH (Wien, Villach, Linz, Graz in Kooperation mit dem OeAD) bieten sogar eigene Vorstudienlehrgänge an, die unter anderem Deutschkenntnisse vermitteln. „Internationale Studierende und damit auch Flüchtlinge können im Rahmen des Aufnahmeverfahrens als eine eigene Bewerbergruppe angesehen werden, die aliquot zur Zahl der Aufnahmeplätze geführt wird“, sagt Holzinger. „Von Flüchtlingen werden keine Studienbeiträge eingehoben, und sie werden von den FH über mögliche Studienförderungen beraten. Nur wenige wissen, dass sie als Flüchtlinge Anspruch auf Studienbeihilfe haben und insofern österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind.“

Web: www.uniko.ac.at/projekte/more
www.noborderacademy.org
www.vielmehr.at/1000willkommen

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