Jenseits von Stadt, Land, Fluss

Forscher auf dem Gletscher, auf den Spuren des weltweiten Klimawandels.
Forscher auf dem Gletscher, auf den Spuren des weltweiten Klimawandels.(c) APA/Andrea Fischer
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Mit dem früheren Fach „Erdkunde“ hat moderne Geografie wenig zu tun. Ein Blick auf dieses Studium im „International Year of Global Understanding“.

Ein Name mit Bedeutung: Dass das von den Vereinten Nationen für 2016 ausgerufene „Internationale Jahr der Geografie“ auf Englisch „International Year of Global Understanding“ heißt, sagt viel über das Verständnis dieser Disziplin aus: Ob Migration, Klimawandel, Megastädte-Entwicklung oder Seuchenausbreitung – es geht darum, die Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt zu verstehen.

Dafür braucht es ein Zusammenspiel natur- und geisteswissenschaftlicher Ansätze sowie eine Reihe von praxisrelevanten Fertigkeiten: Arbeiten mit geografischen Informationssystemen, Befragungen und Interviewtechniken, Analysieren von Proben oder Erstellen von Landkarten.

Wissenschaftliche Vielfalt

Das Institut für Geografie und Regionalforschung der Uni Wien ist nicht nur der traditionsreichste und größte Studienstandort Österreichs, „es deckt als einziges neben dem gesamten Bereich der Geografie auch Kartografie und Geoinformationswissenschaft ab“, sagt Institutsvorstand Wolfgang Kainz. Zu den sechs Fachbereichen zählen die „klassischen“ Themen, wie Physische Geografie und Humangeografie, aber auch Angewandte Geografie und Geoökologie sowie Regionalgeografie und natürlich die Fachdidaktik für das Lehramt im Schulfach Geografie und Wirtschaftskunde.

Beliebtes Lehramt

Lehramtsstudierende machen an allen Standorten die Mehrheit der Geografiestudenten aus, sagt Peter Mandl vom Institut für Geografie und Regionalforschung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Er ist Vorsitzender des bundesweiten Geografieverbands der wissenschaftlichen Geografie Österreichs. Der Verband, der primär dem Austausch innerhalb der Forschungslandschaft dient, hat sich aktuell vorgenommen, auch die geografische Lehre vermehrt in den Fokus zu rücken. „Die Lehrpläne des Schulfachs passen in manchem überhaupt nicht mit den klassischen Feldern der Geografie zusammen“, sagt Mandl. Dazu kämen organisatorische Änderungen wie der Übergang vom bisherigen neunsemestrigen Lehramtsstudium zum vierjährigen Bachelor- plus zweijährigem Masterstudium. Unterschiedliche Ansichten in den österreichischen Regionen gebe es in puncto Lehramtsstudien auch hinsichtlich der Zuständigkeiten zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen. Was das allgemeine Bachelorstudium der Geografie betrifft, sieht Mandl hingegen österreichweit einen ähnlichen Aufbau. „Da werden Universalisten ausgebildet, die sich dann auf eine Richtung spezialisieren.“ Danach stünden je nach Standort unterschiedlich ausgerichtete Masterstudien offen.

Spezialisierte Masterstudien

Beispiele dafür finden sich am Institut für Geografie und Raumforschung der Karl-Franzens-Universität Graz. Hier werden Masterstudien für Gebirgs- und Klimageographie sowie Nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung angeboten, außerdem das Masterstudium Geospatial Technologies, das in Kooperation mit der Technischen Universität Graz (Nawi Graz) durchgeführt wird. „Forschungsgegenstände von Geospatial Technologies sind Verfahren zur Erfassung und Darstellung raumbezogener Informationen auf verschiedenen Ebenen, die Bereitstellung der Geodaten auf Plattformen und in weiterer Folge die Analyse dieser Daten. Dadurch können Standorte und Veränderungen beobachtet werden, etwa der Umwelt, von Städten oder Ballungsräumen und Gebirgen, und Prognosen für die Zukunft erstellt werden“, sagt Oliver Sass, Leiter des Instituts für Geografie und Raumforschung.

Eine weitere Grazer Besonderheit ist das Joint-Degree-Masterstudium Sustainable Development: Es wird in Kooperation mit der Ca'-Foscari-Universität Venedig sowie den Unis Leipzig und Utrecht organisiert. Ebenfalls als Gemeinschaftsprojekt mit der TU im Rahmen von Nawi Graz besteht seit 2006 das Studium der Erdwissenschaften (Bachelor und Master). Zusätzlich zu den diversen spezialisierten Masterstudien wird in Graz neben dem Bachelor Geografie auch ein Bachelorstudium für Umweltsystemwissenschaften – Geografie (mit gleichnamigem Masterstudium) geboten, das österreichweit einzigartig ist.

Was die Jobsuche nach dem Studium betrifft, geben sich zumindest die Wiener Studierendenvertreter optimistisch. Das Arbeitsangebot sei breit gefächert, alle Studierenden könnten in einem der vier Fachbereiche – der Physischen Geografie, der Humangeografie, der Raumordnung, Raumforschung sowie der Kartografie und Geoinformation, oder eben in einer Schule unterkommen. Dort arbeiten Studierende der Geografie besonders gern, ebenso aber auch in der Raum- und Stadtplanung, der Geoinformation oder im Bereich des Naturgefahren-Managements.

STUDIENMÖGLICHKEITEN

Geografie und Regionalforschung, Uni Wien: http://geographie.univie.ac.at

Uni Klagenfurt: http://igr.aau.at

Geografie und Raumforschung, Graz: http://geographie.uni-graz.at

Geografie, Innsbruck: www.uibk.ac.at

Geografie und Geologie, Uni Salzburg: www.uni-salzburg.at/geo

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2016)

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