Aufgabe: Löcher in den Bauch fragen

Kinderuni. Dass Vorlesungen und Events für Kids so beliebt sind, hat viel mit Freiräumen zu tun. Nicht nur für die Besucher, auch für die Veranstalter. Ein Streifzug durchs heurige Programm.

Am Anfang wollten wir die Universität öffnen und ein Stück weit eltern- und kinderfreundlicher machen“, sagt Karoline Iber, Geschäftsführerin des Kinderbüros der Uni Wien über den Start 2003. „Wir wollten Kindern Bildungsmöglichkeiten zeigen und sie für Wissenschaft begeistern. Was heute selbstverständlich und Teil des Entwicklungsplans ist, war damals ein Experiment.“ Geplant als Projekt für 100 Kinder, kamen schlussendlich 1000 junge Menschen zu 90 Veranstaltungen. Die Uni Wien wurde daraufhin von der Europäischen Kommission beauftragt, ein internationales Netzwerk von Kinderuni-Organisatoren aufzubauen – mit großem Erfolg in allen Bundesländern.

Rund um die Welt

Inzwischen nehmen an 450 Lehrveranstaltungen 4500 Kinder teil, die den Referenten Löcher in den Bauch fragen. Diese sind gut darauf vorbereitet, arbeiten sie doch am Angebot mit: „Ihnen ist hier völlige wissenschaftliche Freiheit und Kreativität gegeben. Zusätzlich bündeln einzelne Partneruniversitäten Lehrveranstaltungen zu Schwerpunkthemen.“ Und man bemüht sich, neben Dauerbrennern auch Neues ins Programm zu hieven. An der Kinderuni Wissenschaft dreht sich alles um „Rund um die Welt“ und Sprachenvielfalt. Auch Fluchterfahrungen erachten die Organisatoren für unumgänglich: „Wir unterstützen die Kinder besonders bei der Teilnahme an der Kinderuni Wien, etwa durch muttersprachliche Begleitung, durch spezielle Informationsarbeit in den Flüchtlingshäusern, durch enge Kooperationen mit Flüchtlingsbegleitern – das wird heuer ganz besonders wichtig sein“, sagt Iber.

Von Anfang an dabei war auch die Kinderuni in Steyr. Seit 2013 findet das Angebot für Kinder an sechs Standorten in ganz Oberösterreich statt, und wird jedes Jahr neu aufgestellt: „Für jede der sechs Kinderunis ist eine Projektleiterin verantwortlich. Generell gibt es bei uns zehn Fakultäten und immer wieder regionale, jährlich wechselnde Schwerpunkte“, erklärt Rektor Andreas Kupfer. Grundsätzlich sei ein Trend weg von großen Vorlesungen zu Workshops und Kreativmethoden feststellbar. Deshalb bietet die Kinderuni OÖ heuer auch erstmals einen Drei-Tages-Kurs für 14- bis 16-Jährige an, der sich mit der Innovationsmethode Design-Thinking beschäftigt. Darunter versteht man einen Problemlösungsansatz, der gleichzeitig zum Entwickeln neuer Ideen führen kann. Zentrale Partner der oberösterreichischen Kinderuni sind übrigens die JKU und Fachhochschulstandorte in Linz und Hagenberg, Wels und Steyr.

Das Auto der Zukunft

Im Herbst 2012 haben sich die FH Vorarlberg und das Landeskonservatorium zur Kinderuni Vorarlberg zusammengeschlossen. Heuer werden zwölf Vorlesungen jährlich angeboten: „Die Themen, zu denen die Lehrenden den Kindern auf einfache Art und Weise komplexe Zusammenhänge erklären, reichen von Technik über Wirtschaft bis zur Musik. Dabei können tausend Fragen gestellt und auf spielerische Weise die Dinge erforscht werden“, sagt Projektkoordinatorin Hannelore Nagel. Auch hier kommen die thematischen Vorschläge von den Lehrenden. Neu im heurigen Jahr sind Elternführungen durch die Hochschule, aber auch erstmals ein Vortragender aus der Wirtschaft. „Kristof Polmans ist Leiter Technologie & Innovation bei der Thyssen-Krupp Presta AG und spricht über das Auto der Zukunft“, erläutert Nagel.

Ausschließlich auf musischen Beinen steht die Kinderuni Kunst Wien. Sie findet seit 13 Jahren immer in der ersten Sommerferienwoche statt. „Diese Einteilung hat sich sehr bewährt. Zum einen sind die Kinder nicht mehr dem Schulstress ausgesetzt und können sich ganz dem kreativen Schaffensprozess hingeben, zum anderen ergibt sich die Möglichkeit, Workshops anzubieten, die sich über mehrere Tage erstrecken, ohne vom anstrengenden Schulalltag unterbrochen zu werden“, erklärt Silke Vollenhofer-Zimmel die Bündelung des Angebots. Als Leiterin der Kreativwoche weiß sie, dass Erfahrungen für junge Menschen in diesem Kontext ein ausreichendes Zeitbudget benötigen: „Das Wiederholen, zum Beispiel beim Theaterspielen, oder der künstlerische Schöpfungsprozess in der bildenden Kunst sind intensive Prozesse. Es ist wichtig, den Kindern diese Zeit zu geben. Das haptische Erleben spielt dabei eine wesentliche Rolle.“ Nur wenn Bewegung eine Rolle spiele, könne das menschliche Gehirn Erfahrungen speichern.

Die künstlerische Kinderuni findet heuer in der ersten Juli-Woche statt und wird zwei Schwerpunkte haben: Kunst und Wissenschaft sowie „Bewusst – gewusst – kreatives Essen“. „Beim letzten Schwerpunkt kombinieren wir Kunst und Essen. Dabei steht die bewusste Ernährung im Vordergrund. Gerade heutzutage ist es wichtig, Kinder so früh wie möglich darauf aufmerksam zu machen, dass eine bewusste Ernährung notwendig ist, um fit und agil zu bleiben.“

Zahlreiche Möglichkeiten

Weitere Kinderuni-Angebote gibt es in Tirol, wo sich das Sommerprogramm gerade in der Ausarbeitung befindet. Klar ist, dass die Sommer-Kinderuni am 12. Juli beginnt. In Salzburg wird das Programm zwischen 5. und 15. Juli von der Universität, dem Mozarteum und dem Verein Spektrum erarbeitet. In der ersten Woche geht die Kinderuni in verschiedene Stadtteile, in der letzten finden die Veranstaltungen an der naturwissenschaftlichen Fakultät statt.

Während an der Alpe-Adria-Universität in Klagenfurt die Uni für Kinder gerade Anfang Februar veranstaltet wurde, bietet die Universität Graz im April eine Ringvorlesung zum Thema „Geklickt und auf Reisen geschickt“ an. Im Sommer werden die Hörsäle ebenfalls von Acht- bis 14-Jährigen bevölkert sein. Bei der Sommer-Kinderuni stehen während der ersten steirischen Ferienwochen vormittags wissenschaftliche Workshops und Exkursionen, nachmittags Sport auf dem Programm. Und in Niederösterreich können sich unter anderem 250 Kinder und Jugendliche für die Junge Uni an der Fachhochschule Krems anmelden. Das Motto: „We are the world“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2016)

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