Denkanstöße für neue Perspektiven

Studienwahl. Was will ich werden? Neben großen Veranstaltungen wie der Bildungsmesse BeSt können auch Interessen- und Eignungstests helfen, eigene Neigungen und Potenziale zu erkennen und nicht bedachte Wege aufzuzeigen.

Nur acht Prozent der Maturanten wissen genau, was sie studieren wollen, 37 Prozent schwanken zwischen mehreren Fächern und 20 Prozent sind nicht einmal sicher, ob sie studieren wollen oder nicht. Das besagt eine Studie der Johannes Kepler Universität Linz (JKU).

Eine Möglichkeit der Orientierung ist die Studien- und Berufsmesse BeSt (siehe Kasten), oder Tests und Beratungen, wie etwa das Angebot von 19plus, einem Programm des Wissenschafts- und Bildungsministeriums. Ein Grundstein des Angebots sind die beiden Online-Interessentests Explorix und Studien-Navi. Während Studien-Navi hilft, sich zwischen Studienfächern zu entscheiden, berücksichtigt Explorix alle Berufswege. Auch in ihrer Konzeption unterscheiden sich die Tests. Explorix basiert auf dem etablierten Riasec-Interessenmodell: Sechs Grundorientierungen werden mit Berufsfeldern in Zusammenhang gebracht. Laut Christa Streicher-Pehböck, Leiterin der Psychologischen Studierendenberatung Linz, basieren fast alle Interessentests auf diesem Modell. Studien-Navi verfolgt einen experimentelleren Ansatz, indem es das Profil des Probanden mit den Profilen von Studierenden verschiedener Studienrichtungen vergleicht. „Ein reiner Interessentest greift aber für eine umfassende Beratung zu kurz“, so Streicher-Pehböck. „Interesse heißt nicht Eignung.“ Eignungstests, im Wesentlichen angepasste Intelligenztests, sind daher ein weiterer Schritt in der Beratung. Im persönlichen Gespräch werden dann noch für die Berufswahl wichtige Parameter wie Stressresistenz oder Reisebereitschaft abgeklärt.

Senkung der Drop-out-Quote

Langjährige Erfahrung mit Tests zur Studienwahl hat man an der JKU. Dort wird seit 1991 ein – rein informativer – Studieneignungstest für Maturanten angeboten, der laut eigenen Studien die Drop-out-Quote um 30 Prozent senkt. Dieser besteht aus vier Modulen: einem Interessentest, IQ-Tests, die speziell auf die Anforderungen des gewünschten Studienfachs abgestimmt sind, sowie einem Persönlichkeits- und einem Motivationstest. Wobei laut Eduard Brandstätter, dem wissenschaftlichen Leiter der Studierendenberatung an der JKU, vor allem Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität für den Studienerfolg ausschlaggebend sind.

Bei der Motivation wird zwischen extrinsischer (Geld, Ansehen), intrinsischer (Interessen) und situativer (z. B. Einfluss von Freunden) unterschieden. „Hier sollten die intrinsischen Motive überwiegen“, so Brandstätter. Die Ergebnisse – im Vergleich mit Interessenten für denselben Studienbereich – werden den Probanden zugesandt. Darüber hinaus bietet die JKU persönliche Beratung an.

Besonders breit angelegt ist das Beratungsangebot des Wifi, das auch auf der BeSt vertreten ist und dort gratis Interessentests durchführt. Diese können laut Franz Stadler, akademischer Bildungs- und Berufsberater des Wifi Wien, als „Türöffner“ fungieren und auf neue Perspektiven hinweisen, wobei das Wifi von Lehre bis Studium alle Ausbildungswege einbezieht. Die reguläre Potenzialanalyse des Wifi, die rund 200 Euro kostet, umfasst etwa zehn bis zwölf Tests, die auf die jeweilige Fragestellung des Betroffenen abgestimmt sind. Dabei werden Interessen und Begabungen sowie Persönlichkeitsmerkmale wie Durchhaltevermögen oder Teamfähigkeit ermittelt. In einem ausführlichen Auswertungsgespräch werden passende Berufe in vier bis fünf Berufsfeldern aufgezeigt. Zudem weist das Wifi in der Bildungsberatung Wege, wie das ausgewählte Berufsziel effizient erreicht werden kann.

Zur Verlässlichkeit der Methoden erklären die Experten einhellig, dass die Ergebnisse etablierter Testverfahren sehr valide seien – sofern die Durchführung von ausgebildeten Psychologen erfolge. Zwar räumt Brandstätter gewisse Unschärfen ein – bei Persönlichkeits- mehr als bei IQ-Tests – rät aber dazu, „auf alle Fälle über die Ergebnisse nachzudenken“. Sinn der Tests sei es, einen Reflexionsprozess anzuregen. Ideal wäre es laut Brandstätter, wenn am Ende Kopf und Bauch im Einklang sind. „Tests müssen immer im Kontext interpretiert werden“, ergänzt Streicher-Pehböck, auch wenn sie keine absolute Wahrheit darstellten, könnten sie sehr hilfreich sein. Welchem Aspekt man bei widersprüchlichen Ergebnissen – wenn etwa das Interessen- und das Begabungsprofil nicht übereinstimmen – den Vorzug geben soll, darüber herrscht laut Brandstätter auch unter Experten Uneinigkeit. Er persönlich plädiert eher dafür, den Begabungen zu folgen. Ähnlich äußert sich Stadler, der Konsequenz und Entschlusskraft bei der Umsetzung der Empfehlungen einfordert – „das kann kein Test leisten“. Ebenso könne die Beratung nicht die eigene Entscheidung abnehmen, betont Streicher-Pehböck.

INFORMATION

BeSt 2016:Die jährliche Berufs- und Studieninformationsmesse findet heuer noch bis 6. März in der Wiener Stadthalle sowie im Oktober in Innsbruck und im November in Klagenfurt statt. Neben Infoständen zahlreicher Bildungsinstitutionen gibt es Vorträge, die auch im Internet abrufbar sind.www.bestinfo.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2016)

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