Pläne schmieden statt Panik schieben

Risikomanagement
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Es gibt vieles, das in einem Unternehmen schiefgehen kann, aber nur weniges, das nicht denkbar wäre. Identifikation, Analyse und Management von Risken kann man lernen.

Frost, der die Ernte zerstört, ein Brand, der die Produktionsanlage vernichtet, ein neues Gesetz, das eine Änderung der Abläufe erzwingt, oder ein steigender Wechselkurs, der den Fremdwährungskredit empfindlich verteuert. Das Risikobewusstsein in Österreichs Unternehmen ist gestiegen, und wer in seiner Firma in den Bereichen Controlling, Risikomanagement oder Qualitätskontrolle bereits arbeitet oder ähnlich gelagerte Aufgaben zukünftig übernehmen soll, dem steht eine Reihe an Studien und Lehrgängen zur Verfügung, die Risiko in den unternehmensumfassenden Kontext setzten.

Risken priorisieren

Von „Risikolandkarten für Unternehmen“ spricht etwa Martin Langer, Studiengangsleiter des neu konzipierten Masterstudiums „Integriertes Risikomanagement“ an der FH Campus Wien. „Es ist wichtig, die maßgeblichen Risken zu kennen, mit Wahrscheinlichkeiten zu versehen und sie zu priorisieren“, weiß Langer. Ein Strafzettel eines Mitarbeiters ist vielleicht ein finanzielles Risiko, aber grundsätzlich vernachlässigbar, im Gegensatz zu existenzbedrohenden Risken. Wenn auch ein Brand der Produktionsanlage nicht besonders wahrscheinlich ist, so ist es doch ein Risiko, auf das man sich vorbereiten kann. Nicht alle Risken sind prognostizierbar, aber ein großer Teil kann im Vorfeld identifiziert und analysiert werden.

An der FH Campus Wien beschäftigen sich die Studierenden vier Semester – berufsbegleitend – mit internen Kontrollsystemen, Analysemethoden, interner Revision und Prozess- und Qualitätsmanagement. Fixer Bestandteil des Studiums ist auch „eine 36 Stunden dauernde Krisenübung“, wie Langer erklärt. Ein Erpresserbrief bei einem Nahrungsmittelhersteller oder ein schweres technisches Gebrechen, das Medikamente im Produktionsprozess verunreinigt, können solche Übungsszenarien sein. „Dadurch erleben die Teilnehmer eine Krise und können diese Erfahrungen in den Job mitnehmen“, betont Langer.
Ebenfalls als (Master-)Studium konzipiert ist „Risikomanagement“ an der Donau-Uni in Krems. Zehn Module umfasst das Masterstudium, wer sieben absolviert, kann als „Akademischer Experte“ (AE) abschließen, das Certified Programm (CP) besteht aus drei Modulen – wer sich eines der Module herauspickt, erhält ein Zertifikat. Grundlagen im Risikomanagement, Vertiefungen in den Methoden des Risikomanagements oder Krisenmanagement und Krisenkommunikation sind drei der Module. „Eine Krise ist ein existenziell bedrohliches Ereignis“, betont Bernhard Brunnthaler, Lehrgangsleiter an der Donau-Uni Krems. Hier werden die einzelnen Module während einer fünftägigen Präsenzphase gelehrt. „Es gibt rund vier Wochen für Vorbereitungsarbeiten für jedes Modul, abgeschlossen wird jede Einheit mit einer rund 20-seitigen Modularbeit“, erklärt Brunnthaler. Mit dieser sollen die Lehrinhalte gleich Anwendung in den jeweiligen Unternehmen finden. In Krems ist auch das Verhalten während einer Krise Thema. „Welche Verhaltensweisen sind in der Krise von Vorteil? Wie unterschiedlich reagieren Frauen und Männer?“, nennt Brunnthaler mögliche Themen.

Verständnis harmonisieren

Über 14 Tage erstreckt sich der Kurs am Controller-Institut, der die Teilnehmer als „Certified Corporate Risk Manager“ qualifiziert. Als unternehmensweite Risken nennt Programm-Managerin Verena Novak „Strategische Standort- oder Investitionsentscheidungen, IT-Risken oder finanzwirtschaftliche Risken, aber auch Personalrisken“. Generell geht es im Lehrgang auch darum Bewusstsein zu schaffen und „eine Kultur zu etablieren, wie im Unternehmen mit den Risken umgegangen wird“, betont Novak.

Warum es so wichtig ist, die unterschiedlichen Risikotypen in Unternehmen bewusst wahrzunehmen, erläutert Walter Schwaiger, Professor an der TU Wien und Lehrgangsleiter des Universitätslehrgangs „Unternehmensweites Risikomanagement“. „Wer auf der operativen Ebene mit Risken konfrontiert ist, möchte sie an der Wurzel packen und ausreißen“, sagt Schwaiger. „Wenn in der Qualitätskontrolle etwas nicht passt, gehört das geändert. Alles unter dem festgesetzten Qualitätsniveau ist schlecht.“ Anders sieht die Situation auf der strategischen Ebene aus, „die Wahrscheinlichkeiten neuer gesetzlicher Vorschriften kann ich in der Regel als KMU nicht steuern“, erklärt Schwaiger. Im Finanzbereich gelte der allgemeine Grundsatz, dass Risiko gleichzeitig auch eine Chance ist. „Dieses unterschiedliche Risikoverständnis in den verschiedenen Unternehmensbereichen gilt es zu harmonisieren. Das gelingt am besten, wenn Risken gemeinsam mit den Zielen definiert und gemanagt werden.“ Der einsemestrige, berufsbegleitende Lehrgang an der TU soll im Herbst 2017 starten. Aktuell läuft an der TU die Studie „Unternehmensweites Risikomanagement in österreichischen Unternehmen“. Ihr Ziel ist eine Bestandsaufnahme des in österreichischen Unternehmen implementierten Risikomanagements.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2016)

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