Training: Lernzeit statt Leerzeit

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Die Weiterbildungsbudgets für 2010 werden
abgeschlossen. Obwohl der Sparstift regiert, finden Personalverantwortliche und Trainer kreative Lösungen, um Mitarbeiter weiter qualifizieren zu können. Plus: die Bildungstrends im Herbst.

Was sich vor einem Jahr bereits abzuzeichnen begann, wird in dieser Saison akut: Zahlreiche Unternehmen setzen bei den Budgets für Weiterbildung den Sparstift an. Dennoch könne man mit etwas Kreativität und der richtigen Information trotz schlechter Rahmenbedingungen gute Lösungen finden, sagt Claudia Kopp, Personalmanagementleiterin des auf Markenwagen spezialisierten Autohändlers Pappas Gruppe: „Natürlich muss jetzt gespart werden. Trotzdem fahren wir die Weiterbildung nicht auf null herunter.“

Angesichts knapperer Budgets habe man sich jedoch verstärkt mit Fördermöglichkeiten, etwa durch das AMS oder das jeweilige Bundesland, auseinandergesetzt. „Eine sehr gute Automobilverkäuferin würde zum Beispiel gern im Coachingbereich arbeiten. Der entsprechende Lehrgang kostet mehrere tausend Euro. Durch den Qualifizierungsfonds des AMS ist es möglich, dass sie den Lehrgang machen und die Pappas Gruppe so einen internen Coach aufbauen kann.“ 

Wo es nicht gelingt, Förderungen zu lukrieren, muss man umso zielgerichteter vorgehen, meint Kopp. So habe man kürzlich auf eigene Kosten ein zweitägiges Seminar zum Thema Kundenzufriedenheit für die Betriebsleiter aller Werkstätten abgehalten: „So etwas hat dann auch ein bisschen Incentive-Charakter. Die Leute lernen sich kennen und wissen es gerade in Sparzeiten auch mehr zu schätzen, wenn für ein solches Thema Geld ausgegeben wird.“

Lernzeit statt Leerzeit

Ähnliche Szenarien werden auch von anderen Firmen geschildert. Im Palfinger-Konzern etwa, einem Hersteller von hydraulischen Hebe- und Ladegeräten, „werden Ausbildungsmaßnahmen stärker nach unmittelbarem ,Return on Training‘ selektiert. Langfristig wirksame Programme werden in der Priorität nachgereiht“, sagt Human-Resources-Leiter Josef Fesel. Auch hier stellten geförderte Qualifizierungsmaßnahmen in der Kurzarbeit eine attraktive Möglichkeit dar, Mitarbeiter in der freien Zeit mit unternehmenswichtigen Lernprozessen zu befassen: „Der Bogen reicht von spezifischen Fachschulungen bis hin zu Potentialentwicklung. Das Motto: ,Lernzeit statt Leerzeit‘.“

Ein wesentlicher Teil aller Unternehmen investiere zum einen derzeit Weiterbildungsgelder in der Hoffnung, damit den Umsatz schnell anzukurbeln, zum anderen, um die Effizienz des Personals zu steigern, berichtet Gernot Winter, Sprecher der akkreditierten Wirtschaftstrainer im Bundesland Salzburg und Inhaber der international tätigen Winter Leadership GmbH. „Heruntergebrochen auf die Trainingspraxis heißt das: Gefragt sind Verkauf, Verkauf, Verkauf; und dann noch Fähigkeiten wie Zeitmanagement oder Selbstmanagement.“

Außerdem wählten Unternehmen derzeit sehr bewusst aus, wer zu Schulungen entsandt wird: „Die bisherigen Angebote großer Konzerne an die Mitarbeiter, sich etwa im firmeneigenen Intranet Weiterbildungsprogramme auszusuchen, wurden sehr stark reduziert, wenn nicht gar auf null gestellt. Gespart wird etwa im Bereich Leadership und Teambildung.“ Dennoch gebe es auch hier eine Gegenströmung: Langfristig denkende Firmenchefs und HR-Verantwortliche seien sich durchaus bewusst, in Zukunft und vor allem in der Zeit nach der Krise fähige Führungskräfte zu brauchen. „Die Unternehmen schauen in Zeiten wie diesen sehr wohl darauf, ihre High Potentials langfristig an das Unternehmen zu binden.“

Ethik, Kompetenzen und Kosteneffizienz

Ein Trend, der sich für die künftige Ausbildung junger Führungskräfte abzeichnet, ist das verstärkte Interesse von Firmen an ethischen Leadership-Fragestellungen wie Wertschätzung, Führungsstil und vor allem der Weiterentwicklung der Führungskraft als Persönlichkeit (Stichwort „authentisches Führen“). „War in den letzten Jahrzehnten das Führungskräftetraining ein Verhaltenstraining, wird es jetzt eher in Richtung Haltung gehen“, so Winter.

Als weiteren zukünftigen Trend im Trainingsbereich sieht Kurt Seipel, bundesweiter stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe Wirtschaftstrainer der WKO sowie Arbeits-, Wirtschafts- und Organisationspsychologe, das Thema Kompetenzen-
bilanzen, also die Zertifizierung informell erworbener Fähigkeiten und Fertigkeiten von Arbeitnehmern durch deren Dokumentation in Kombination mit Weiterbildungsprogrammen. Evelyn Holzmann-Klement, Unternehmensberaterin und Geschäftsführerin der Management-Service-Gesellschaft IMS, sieht branchenspezifisches Trainer- und Kostensharing als innovativen Ansatz der Firmenweiterbildung.

Am meisten nachgefragt sind derzeit sowohl aus Seipels als auch aus Holzmann-Klements Sicht auf „Hard Skills“ ausgerichtete Trainings, deren Erfolg mess- und sichtbar ist. Was die Soft Skills betrifft, so sei das wichtigste Thema, die Ressourcen zu stärken, sagt Holzmann-Klement. Dazu zählten etwa Burn-out-Prävention, Umgang mit schwierigen Kunden und Verhandlungssituationen oder Argumentationstrainings. Eindeutig gespart werde hingegen bei Themen wie „strategisches Management, Unternehmensführung, Marketing und Human Resource Management“, sagt Seipel. „Das liegt einfach an den kurzen Planungszyklen und reduzierten Auftragsreichweiten der Unternehmen. Dem muss sich die Personal- und Organisationsentwicklung anpassen.“ 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2009)

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