„Ein besonderer Menschenschlag“

Gipfelstürmer
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Serie Traumberuf: Berg- und Skiführer. Ob Stockeinsatz oder Gipfelsieg: Der Arbeitsplatz Berg ist das ganze Jahr über aktuell. Wo man sich das Know-how holt – und worauf man sich gefasst machen sollte.

Kälter wird's und unwirtlich, besonders hoch oben. Die Wandersaison endet, die Skisaison beginnt. Wege, Gletscher, Felsen und Hänge verschwinden unter einer weißen Decke – für zukünftige Ski- und Bergführer die Möglichkeit, sich dem ersten, entscheidenden Test zu stellen: der Eignungsprüfung. Während sich Pistenflitzer und Skitourengeher unbeschwert ihrem weißen Rausch hingeben, entscheidet diese, ob man zu den rund 30 von jährlich 100 Anwärtern gehört, die zur einzigen Ausbildung dieser Art in Österreich zugelassen werden.

Topfit und bergsteigerisch versiert

Auf diese sollte man sich gut vorbereitet haben. Neben einem Mindestalter von 18 Jahren und einer aktuellen sportmedizinischen Bestätigung wird einiges an Kondition und Technik verlangt. So ist ein Aufstieg mit Skitourenausrüstung von 1000 Höhenmetern innerhalb von maximal zwei Stunden Teil des Tests. Auf- und Abstieg in 40 Grad geneigtem eisigen Gelände, Eisflächen-Querungen bis 90 Grad Neigung. Im Mai folgen acht Tage Herausforderungen im Bereich Fels, etwa eine sturzfreie Begehung von Kletterrouten bis zum Schwierigkeitsgrad VII+ (UIAA) und sicheres seilfreies Klettern bis einschließlich Schwierigkeitsgrad III mit steigeisenfesten Schuhen.

Und dann ist es so weit: „Nach erfolgreicher Besprechung des Tourenberichtes kann man mit dem 56-tägigen ersten Ausbildungsteil beginnen“, erklärt Albert Leichtfried, Ausbildungsreferent der Österreichischen Bergführer. Absolviert man diesen, vom Verband der Österreichischen Berg- und Skiführer organisierten, zwei Jahre dauernden Teil positiv, kann man mit der staatlichen Berg- und Skiführerausbildung an der Bundessportakademie Innsbruck anfangen, die mit dem Aspirantenprüfungskurs beginnt und dann insgesamt 40 weitere Ausbildungstage beinhaltet.

Die Last der Verantwortung

„Besonders wichtig ist neben der sportlichen die mentale und psychologische Seite“, so Leichtfried. Es genüge nicht, gern in der Natur, topfit und technisch versiert zu sein. „Man muss auch gern mit anderen Menschen zusammen sein und sich für ihr Wohlergehen interessieren. „Es ist ja eine Riesenverantwortung.“ Manche würden die Ausbildung abbrechen, weil ihnen das zuvor nicht wirklich bewusst gewesen sei. „Man muss die Menschen mögen, Geduld haben, auf sie eingehen können – und zudem imstande sein, ganz allein schnelle und begründbare Entscheidungen zu fällen, für die man natürlich verantwortlich ist.“

Geändertes Rollenbild

Natürlich schadet auch Humor keineswegs. „Was sich die Kunden erwarten, hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr geändert, und auch, was Bergführer in ihrem Job sehen“, berichtet Leichtfried.

Der wortkarge, mürrische Herrscher über die Tour sei von gestern. „Man möchte ein schönes Erlebnis haben, das einem der Bergführer ermöglicht. Dabei hat natürlich jeder seine eigene Art“, so Leichtfried. Der eine weiß vielleicht viel über die Gegend und ihre Geschichte, der andere kennt sich mit Pflanzen aus, der Dritte mit neuen Materialien und Sicherungstechniken im Bergsport. „Doch so verschieden die Leute sind, es ist schon ein besonderer Menschenschlag, der sich bei uns einfindet. In wichtigen Punkten ähneln sich alle. Auch die Frauen.“ Davon gebe es leider sehr wenige – pro Kurs durchschnittlich eine.

In der Ausbildung wird auf die Führungsqualitäten vor allem in Sachen Tourenführung eingegangen. In der Praxiszeit zwischen dem ersten und zweiten Ausbildungsjahr sind die werdenden Bergführer einige Wochen mit Gästen unterwegs – in Begleitung von „echten“ Bergführern. Zum Schluss steht eine letzte, zweitägige Prüfung auf dem Programm, bevor man sich international legitimierter IVBV-Bergführer (Internationale Vereinigung der Bergführerverbände) nennen darf.

INFORMATION

Organisation und Kosten

Für jeden der beiden Teile der Aufnahmeprüfung sind 100 Euro zu zahlen, für den vom Verband der Österreichischen Berg- und Skiführer durchgeführten ersten Ausbildungsteil mit acht Teilkursen rund 4000 Euro (inkl. Kursunterlagen und Versicherung). Für die staatliche Berg- und Skiführerausbildung an der BSPA Innsbruck fallen keine Ausbildungskosten an. Dazu kommen jeweils noch Kosten für Anreise, Unterkunft/Verpflegung und die eigene Ausrüstung.www.bergfuehrer.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2016)

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