Stress lass nach . . .

Mann platzt der Kragen
Mann platzt der Kragen(c) Erwin Wodicka
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Entspannen im Trubel, zwischen Überstunden und Abendevents?Die Presse befragte Trainer zu kurz- und langfristigen Strategien.

Um diese Zeit hält es bei vielen Einzug – das Gefühl, gleichzeitig überdreht und abgespannt zu sein, am Abend Festlichkeiten und davor noch lange Arbeitstage absolvieren zu müssen, während einem der Kopf schwirrt von Besorgungen, die noch zu erledigen sind, und Dingen, die nicht vergessen werden dürfen. Dabei ist die Vorweihnachtszeit keineswegs ein „Ausnahme-Zustand“. Sie spitzt nur Empfindungen zu, die manche ohnehin das ganze Jahr über begleiten: Stress, Erschöpfung und das Gefühl, funktionieren zu müssen.

Inzwischen gibt es eine Reihe von Kursangeboten, in denen Stress-Fachleute vermitteln, wie man mit dem Gefühl der Überforderung umgehen kann. „Die Presse“ hat einige davon um ihren jeweiligen Königs-Tipp für die Bewältigung von beruflichem Stress gebeten. Die Ratschläge, die sie hier geben, können auch ohne Trainer umgesetzt werden, sind aber gleichzeitig als Anregung gedacht, sich mit dem Gesamtpaket der dahinter stehenden Strategie zu beschäftigen.

Stimmungswechsel

Rotraud Perner, Autorin und Gründerin des „Institut für Stressprophylaxe und Salutogenese“, setzt darauf, kleine Anzeichen ernst zu nehmen – und gegenzusteuern. „Wichtig ist, zu merken, wenn man Stresshormone auszuschütten beginnt, das heißt sich der Körper kampfbereit macht. Dann gilt es, sich in eine andere Stimmung zu bringen, in eine gelassene oder hoffnungsvolle oder selbstvertrauende oder humorvolle. Da hilft, sich an Situationen zu erinnern, in denen das schon einmal geglückt ist, und dann so zu atmen wie damals - vermutlich viel ruhiger“.

Mikropausen

„Regelmäßige Time-outs vom Trubel und Übungen zur Entschleunigung in Form von Mikropausen helfen, Abstand vom Geschehen zu bekommen und neue Kraft und Motivation für die kommenden Aufgaben zu tanken“, meint Brigitte Zadrobilek, Expertin für Stress- und Burnout-Prävention („stresscoach.at“). Konkretes Beispiel: Mit den Augen den Blick in einem Bogen ein paar Mal hin- und her schaukeln lassen, dann kräftig blinzeln; danach Hände auf die Augen legen und die Dunkelheit wirken lassen.

Fünf-Minuten-Check

Für Doris Hartl, Coach und Trainerin des Kurses „MBSR – Stressbewältigung durch Achtsamkeit“ am Wifi Wien ist der Check „eine einfache Methode für den Alltag, um den Geist zu beruhigen und das Stressempfinden zu reduzieren. Zuerst gelte es, bei aufrechter Haltung und geschlossenen Augen für fünf Atemzüge zu beobachten, wie die Luft in den Körper ein- und ausströmt, sich auf aktuelle Empfindungen wie Hitze, Spannung oder ähnliches zu konzentrieren, die aktuellen Gedanken und Gefühle zu registrieren, ohne zu bewerten, und zum Schluss wieder den Raum um sich herum mit allen Sinnen wahrnehmen. Der Check ist ein Beispiel für die Übungen des Anti-Stress-Programms MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction), das Ende der 70er-Jahre an der Universität Massachusetts entwickelt wurde.

Selbstgespräch

„Ein kurzes positives Selbstgespräch ist einfach und wirkt: Fest durchatmen und sich selbst loben“, rät Doris Denk, Kursleiterin an der VHS Wien. „Der Ausstieg aus der Situation kann bereits eine veränderte Wahrnehmung bewirken“. Denk lehrt an der VHS „Effektive Arbeitstechniken und Zeitmanagement“ sowieMitarbeiter-Führung. Stressauslösende Faktoren zu verringern, wäre ebenfalls ein guter Plan: „Oft genügt das Abstellen des Telefonsoder die Veränderung der Arbeitsplatzgestaltung“. Langfristig sollten Stressoren jedoch bewusst identifiziertund Problemlösungen gesucht werden – in ruhigeren Zeiten.

Authentizität

Wenn gar nicht nutzt, gilt es zu überdenken, warum. „Fremd aufgesetzte Tipps wirken oft nicht wirklich, weil die Innenwelt jedes Klienten anders ist“, sagt Gottfried Huemer, Leiter des „Institut Huemer – Fachwerk für Stressprävention, Familien- und Erwachsenenbildung“. Vor allem, wenn wenig Innenwelt existiert, weil man den Bezug zu seinen Talenten und Fähigkeiten verloren hätte und sich umso mehr um seine Aufgaben kümmere. „Das eigene Leben authentisch und echt zu leben, ist die beste Stressprophylaxe“.

WEITERBILDUNG

Mit Stress umzugehen kann man lernen – und sich und den Mitmenschen etwas Gutes tun. Denn ungefilterte Emotionen helfen ebenso wenig, wie alles zu „fressen“. Wer anfällig ist, sollte fixe Frei-Termine im Kalender eintragen und als Zeit-Puffer nutzen.Links: www.salutogenese.or.at, www.stresscoach.at, www.wifi.at, www.vhs.at, www.instituthuemer.at

(Print-Ausgabe, 26.11.2016)

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