Abenteuerspielplatz Himmel

(c) AP (Frank Augstein)
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Privat- und Berufsflieger: Nicht nur im Linienflug, auch im Freizeitbereich dürfen sich Piloten, Ballonfahrer oder Fallschirmspringer nicht einfach in die Luft begeben.

Um den Traum vom Fliegen zu realisieren, ohne vorab in der Warteschlange eines Check-in-Schalters zu verkümmern, stehen zahlreiche Möglichkeiten offen.

Angeboten werden in Österreich Tandemparagleiten, Fallschirmspringen, Rundflüge in einmotorigen Doppeldeckern, Helikoptern, vogelgleichen Drachenfliegern und Segelflugzeugen oder scheinbar schwerelosen Heißluftballons.

Wer nicht nur passiver Flugbegleiter sein will, kann bei Schnupperflügen unter der Aufsicht eines erfahrenen Fluglehrers und nach einer theoretischen Flugstunde mit den wichtigsten Infos über Sicherheit, Technik und Fluggeräteeigenschaften auch selbst kurz das Steuer an sich reißen – etwa an Bord eines Gyrokopters (hubschrauberähnliches Drehflügelflugzeug) oder eines modernen Kleinfliegers mit großem Fallschirm, der im Fall des Falles das gesamte Flugzeug sicher zu Boden bringt. Soll für ein paar Sekunden der freie Fall erlebt werden, ist ein Tandemsprung mit Fallschirm (ohne Flugzeug) ideal. Und für besonders Couragierte bietet sich eine Passagierrunde in einem Spezialgerät für Segelkunstflug an. 9,8 Meter pro Sekunde Fallbeschleunigung sowie ein plötzlich erhöhtes Körpergewicht von mehr als 400Kilogramm anlässlich eines Loopings sorgen für ausreichend Adrenalinzufuhr.

Wer sein Leben in der Luft in die Hände von Unbekannten legt, sollte naturgemäß auf deren professionelle Ausbildung achten. „Um Fallschirmspringer ausbilden zu dürfen, bedarf es eines Ausbildungsbescheids vom Österreichischen Aero Club. Darin sind alle Vorgaben enthalten, wer wie wo im Namen des Vereins ausbilden darf“, erklärt etwa Uschi Iragorri, Ausbildungsleiterin des International Pink Parachute Club mit Sitz in Wien Liesing. Der Fachverband Aero Club ist als Behörde unter anderem für Neuausstellungen, Erweiterungen und Verlängerungen der Zivilluftfahrerscheine sowie für die Schulbewilligungen fürs Fallschirmspringen, Hänge-, Paragleiten und Ballonfahren zuständig.

Lehrlizenz? Ab 500 Sprüngen

Auch Nachprüfungen für Segelflugzeuge, Motorsegler, Ultraleichtflugzeuge, Fallschirme, Hänge- und Paragleiter fallen in die Aero-Club-Kompetenz. „Neben dem Aero-Club-Bescheid für die Schule sind zudem Lehrer notwendig, die über entsprechende Ratings, also Bewilligungen, verfügen“, so Iragorri weiter. Die gesetzlichen Mindestanforderungen an Lehrer umfassen Vorschriften wie ein Mindestalter von 21Jahren, eine dreijährige Lizenz oder 500 Sprünge. Ähnliche Reglementationen gelten für Paragleitschulen und -lehrer. „Der österreichische Paragleiterschein ist eine international anerkannte, im Prinzip unbefristet gültige Lizenz. Lediglich Lehrberechtigungen sowie Doppelsitzer- und Hilfsmotorlizenzen müssen alle drei Jahre verlängert werden“, sagt Harti Gföllner von der Flugschule Salzkammergut. Zur Ausbildung sind alle Flugschulen zugelassen, deren Lehrer über eine Lehrberechtigung verfügen. Der Weg dorthin führt zunächst über eine Grundausbildung zur österreichischen Schulbestätigung (Dauer: etwa eine Woche) und die Fortbildung bis zum österreichischen Paragleiterschein. Im Anschluss müssen 200Höhenflüge gesammelt und eine Aufnahmeprüfung zur Ausbildung zum Fluglehrer absolviert werden, was in der Praxis je nach Möglichkeit ein bis zwei Jahre dauert. Es folgen weitere Ausbildungen, etwa zur Überlandberechtigung (Streckenfliegen). Vor der Fluglehrerausbildung (14-Tage-Kurs) stehen etwa 30 Tage Unterrichtspraxis in einer Flugschule auf dem Programm, danach müssen zumindest 60 Tage Unterrichtspraxis nachgewiesen werden, um schlussendlich die Eintragung der Lehrberechtigung in den Paragleiterschein zu erwirken. „Möchte man selbstständig eine Flugschule eröffnen und führen, muss nach Eintragung der Lehrberechtigung der Nachweis einer hauptberuflichen Praxis während zweier Jahre erbracht werden“, ergänzt Gföllner.

Auch beim beschaulichen Ballonfahren gelten für Anbieter strenge Richtlinien. „Es gibt eine eigene Pilotenausbildung für Ballone. Der Umfang ist ähnlich wie beim Flieger, spezielles Augenmerk wird vor allem auf die Meteorologie und die Praxis gelegt“, erläutert Peter Flaggl von Flaggl Ballooning, einem konzessionierten Luftfahrtunternehmen für Passagierfahrten mit Heißluftballon. 30 Fahrten sind in der Ausbildung mit einem Lehrer zu absolvieren, nach der theoretischen Prüfung nimmt ein Prüfer die praktische Prüfung ab. Nach erfolgreich bestandener Prüfung kann der „Jungpilot“ in die Lüfte steigen.

Passagiere? Extraprüfung!

Weitere 100 Fahrten später – mit mindestens 100 Stunden – steht eine Prüfung auf dem Programm, die speziell auf das Fahren mit Passagieren ausgelegt ist. „Danach kann der Pilot im Rahmen einer ,Firma‘ mit bis zu vier zahlenden Passagieren fahren, bei mindestens 200 Fahrten in der Folge mit maximal acht Passagieren“, so Flaggl. Genehmigt und auditiert werden Ballonfahrerschulen von der Austro Control und dem Aero Club.

Haben Flugbegeisterte Paragleiten, Fallschirmspringen, Segelfliegen und Ballonfahren bereits hinter sich und streben nach Größerem, bietet sich in Österreich sogar die Möglichkeit, ein Verkehrsflugzeug zu fliegen. Und das völlig gefahrlos – im Hightech-Flugsimulator der Lufthansa Flight Training auf dem Vienna-Aviation-Campus in Wien-Schwechat.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.fallschirmspringen.at

www.apfelwirt.at

www.paragleiten.net

www.protoura.com

www.austrocontrol.at

www.aeroclub.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2011)

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