Macher und Entscheider sind out

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Welchen Rollenbildern soll ein guter Chef gerecht werden? Was muss er in Zukunft können? Ein Hernstein-Report gibt Aufschluss.

Im Alltag Chef der Abteilung, in Projekt A ein Mitarbeiter unter vielen, und in Projekt B gar nicht dabei – als Chef des Projektleiters aber doch nicht ganz unbeteiligt: ein Szenario, das so oder ganz ähnlich für viele Führungskräfte schon bald ganz normal sein könnte. „Dass Führungsaufgaben immer anspruchsvoller werden, ist nicht neu“, so Katharina Lichtmannegger zur Studie „Rolle von Führungskräften in Unternehmen“, zu der in Österreich, Deutschland und der Schweiz insgesamt 300 Manager, Abteilungs- und Projektleiter befragt wurden. „Neu ist das Mehrdimensionale, auch in Bezug auf Organisationsstrukturen, Ebenen und Wertigkeiten, mit denen man sich auseinandersetzen muss“, so die Leiterin des Hernstein-Instituts.

Verändert hat sich daher auch die Hauptrolle, in denen sich Führungskräfte selbst sehen: die des „Kommunikators“. 62 Prozent der befragten Österreicher sehen diese Rolle als wichtigste Aufgabe des Chefs an (Deutsche: 53, Schweizer: 65 Prozent), gefolgt von „Vorbildfunktion“ (Ö: 43, D: 45, CH: 42 Prozent). Ein knappes Drittel sieht sich in Österreich als „oberster Förderer“ (D: 20, CH: 16 Prozent), etwas weniger als „Macher und Entscheider“ (D: 34, CH: 33 Prozent). Als „Change Manager“ und „Visionär“ gebraucht fühlen sich nur rund 15 Prozent. Lichtmannegger: „Da hat sich viel bewegt. Professionelle Kommunikation als Erfolgsfaktor zu sehen, das Bewusstsein dafür zu haben, dass das eigene Verhalten von den Mitarbeitern als „firmenerwünschtes Tun“ verstanden wird, Rahmen zu schaffen für Selbstbestimmung, und Einbeziehung von Mitarbeitern bei Entscheidungen – vor zehn, 15 Jahren entsprach das keineswegs dem, was man unter guter Führung verstand. Da galt es noch, den starken Mann zu markieren.

Machtwort sprechen? Rahmen schaffen!

Heute dagegen sind sich die befragten Chefs darin einig, dass die Einbeziehung von Mitarbeitern in Entscheidungsprozesse (Ö: 39, D: 33, CH: 38 Prozent) und das Ermöglichen selbstbestimmten Arbeitens (Ö: 34, D: 36, CH: 30 Prozent) zu den wichtigsten Kriterien gehören, die die Leistungsfähigkeit und -willigkeit der Mitarbeiter beeinflusst – und damit auch den Unternehmenserfolg.

Für die Deutschen und Schweizer ist auch die Sicherheit des Arbeitsplatzes bedeutsam (D: 38, CH: 35 Prozent), den Österreichern mit 27 Prozent aber nur marginal wichtiger als ein leistungsabhängiges Gehalt (Ö: 26, D: 21, CH: 19 Prozent). „Es scheint, dass wir hierzulande mit einem kleineren blauen Auge durch die Krise gekommen sind als unsere Nachbarn“, erklärt Lichtmannegger die Unterschiede. Es erklärt vielleicht auch die große Sehnsucht der Deutschen nach Unterstützung der persönlichen Entwicklung (D: 27 Prozent, Ö: 10, CH: 9). Dafür bewerten die heimischen Führungskräfte die gute Kooperation von Kollegen mit 18 Prozent um einiges höher ein als ihre Kollegen aus der Schweiz (13) und Deutschland (9 Prozent).

Wohin die Reise gehen wird, sind sich die Leiter der Unternehmen einig: Teams müssen beim Aufbau ihres Selbststeuerungspotenzials unterstützt werden, Hierarchie wird an Bedeutung verlieren, Charisma und Stärke werden weniger wichtig (siehe Grafik). „Es gilt, seine Energie zu fokussieren und sich von alten Rollenbildern zu verabschieden“, so Lichtmannegger

Auf einen Blick

Der Hernstein Management-Report widmet sich heuer dem Thema „Spannungsfeld Führung“. In sechs Befragungen werden unterschiedliche Aspekte des „Chefseins“ in Österreich, Deutschland und der Schweiz erörtert und man geht der Frage nach, wie man sich das Know-how dafür holt, mit den Trends und Anforderungen umzugehen. Der nächste Report erscheint am 9. Juni.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.hernstein.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2012)

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