Die Kühe von Mumbai

VON USCHI BITTNER -- Neben dem Slum Dharavi und Mumbais Nobelviertel zeigt uns die Stadt eine weitere Seite. Im Norden Mumbais finden wir die...

Neben dem Slum Dharavi und Mumbais Nobelviertel zeigt uns die Stadt eine weitere Seite. Im Norden Mumbais finden wir die Aarey Colony. Ein Nationalpark mit landwirtschaftlichen Betrieben von insgesamt 6000 Büffel. Einst gegründet, um Kühe bzw. Büffel aus der Stadt zu verbannen und zugleich die Zulieferung von Milch an die Städter zu garantieren. Dazu gründete die Regierung 1969 die Molkerei Aarey. Die Büffelherde jedoch gibt es jedoch bereits seit den 50ern, erzählt uns Mohammed Eigentümer von 1500 Büffeln.

Unit Nr.6
Wir treffen auf ihn im „Unit Nr.6“ der Aarey Kolonie, als er gerade Milch abholt. Er kommt fast täglich vorbei, um unter anderem die Arbeit am Betrieb zu kontrollieren. Leider ist er nicht besonders gesprächig, dennoch konnte er uns einen kleinen Einblick in die Welt der städtischen Landwirtschaft geben.
Im Unit Nr. 6 befinden sich 107 Büffel. Ein Büffel steht kurzangeleint neben dem anderen, die Kälber stehen bei ihren Füßen – ebenso angeleint. Seit Gründung des Stalles in den 50ern hat sich kaum etwas verändert, berichtet uns S.R. Patil, Dairy Supervisor und Food Inspector als auch persönlicher Assistenz des General Managers Shirish R. Verkaar der Worli Molkerei, circa eine Autostunde von der Aarey-Kolonie entfernt. Diese kauft schon länger nicht mehr bei Aarey Colony ein, da deren Milch zu teuer ist. Durch den Standort, inmitten Mumbais als auch durch den hohen Bedarf an Wasser pro Büffel muss die Milch insgesamt teurer verkauft werden, als Kuhmilch aus der ländlichen Region. Worli Diary bezieht ihre Milch aus ganz Maharashtra, ausschließlich von KleinbäuerInnen.

Vom Büffel zur Kuh
Der Ankauf einer Kuh wird vom Staat subventioniert, und so kostet eine Kuh nicht mehr den marktüblichen Preis von 15 000 Rs. (240 Euro), sondern nur 3500 Rs (56 Euro). Es sei im Interesse der Regierung, dass mehr Kühe statt Büffel gehalten werden. Der Grund: Die günstigere Haltung und die höhere Produktivität in der Milchproduktion. Worli Diary’s Milch stammt von Kühen, welche mit europäischen Büffel gekreuzt wurden, dies steigerte die Produktivität, erklärt Patil. Er gibt dennoch zu bedenken, dass „diese weniger an das Klima gewöhnt sind – dies ist natürlich problematisch.“

Luxusmilch – Büffelmilch
Mohammed verkauft seine Milch an Hotels und private Molkereien. Sein Milchpreis liegt pro Liter bei 38 Rs. (0,60 Euro). Büffelmilch scheint wettbewerbsfähig zu sein, auch wenn ein Büffel weniger Milch pro Tag gibt als eine Kuh. Sie ist auf Grund ihres wesentlich höheren Fettanteils gern gesehen in Indien.

Insgesamt sollt Mohammed 1500 Kühe besitzen, mit einer Leistung von 15 000 Liter pro Tag verdient er, so meint er, 700-800 Rs. pro Tag. Rechnerisch geht sich dies nicht ganz aus, doch auch bei weiterem Nachfragen bekommen wir keine stimmigen Zahl. Patil erklärt uns, dass ein Büffel pro Tag 10 Liter Milch gibt, was bedeute, dass es innerhalb der gesamten 6.000-köpfigen Herde der Aarey Colony insgesamt 60.000 Liter pro Tag produziert werden. Eine beträchtliche Größe, wenn man bedenkt, dass Worli Diary täglich 100.000 Liter verarbeitet.
Von einem Kleinbetrieb kann man hier demnach nicht sprechen - er ähnelt einem Massenbetrieb in Europa. Die Arbeiter wohnen Wand an Wand mit den Kühen. Sie scheinen den ganzen Tag zu melken, zu füttern und auszumisten – aufgrund der Sprachbarriere konnten wir uns leider mit keinem von ihnen unterhalten. Mohammed erzählt uns, dass jeder Arbeiter 3800 Rs. verdient.
Rund um den Betrieb kann man die Hochhäuser Mumbais sehen, von der Hektik der Stadt ist jedoch wenig zu spüren. Idyllisch ist es hier. Am Weg zurück ins Zentrum wollen wir noch ein paar Video-Aufnahmen machen, relativ schnell werden wir von Sicherheitsleuten aufgefordert, dies zu unterlassen. Wir befinden uns auf Staatsbesitz – Fotografieren und filmen ist strikt verboten. Also packen wir Stativ und Kamera zusammenund fahren zurück ins „echte“ Stadtleben.

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