Opium fürs Volk: Gelddrucken ist nie eine Lösung, Teil 2

Geld direkt an die Menschen zu verteilen ist sicherlich origineller, als den zu einem bizarren Monster aufgeblasenen Finanzsektor weiter zu füttern. Aber es ist trotzdem nur "more of the same", veraltetes Denken.

"True, governments can reduce the rate of interest in the short run. They can issue additional paper money. They can open the way to credit expansion by the banks. They can thus create an artificial boom and the appearance of prosperity. But such a boom is bound to collapse soon or late and to bring about a depression."

- Ludwig von Mises, Omnipotent Government: The Rise of Total State and Total War, 1944

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Ich will nochmal auf den Artikel von Mark Blyth und Eric Lonergan in Foreign Affairs zurückkommen, weil ich jedem empfehlen kann, ihn ganz zu lesen: "Print Less but Transfer More".

Blyth und Lonergan präsentieren einige wichtige Punkte, wobei ich den wohl wichtigsten in meinem letzten Blogeintrag ausführlich beschrieben habe. Dass ein Geldsystem wie das unsere umverteilend wirkt - von unten nach oben, weil "frühe" Geldverwender die Preise nach oben treiben, denen die Masse mit Verspätung hinterherrennt - weil die Löhne immer erst nach den Preisen steigen.

Das ist der so genannte Cantillon-Effekt. Ein Mechanismus, der mit dem zunehmenden Aktionismus der Zentralbanken an Bedeutung gewinnt und - zumindest meiner bescheidenen Meinung nach - Hauptverantwortlich ist für das zunehmende Auseinanderdriften der Vermögen in den letzten vier Jahrzehnten. Nach 1971 wurde der Cantillon-Effekt genauso wie die Inflation zu einem "Big Player" auf den Märkten.

Opium fürs Volk

Ob bewußt oder unbewußt: Blythe und Lonergan sind sich der umverteilenden Wirkung der Geldmengenausweitung durchaus bewußt - und argumentieren, dass doch die "kleinen Leute" bitte auch etwas davon haben sollten - und das kann ich nur unterstützen.

Der positive Effekt wäre meiner Meinung nach aber überschaubar. Das Rennen, zu dem wir alle seit 1971 gezwungen werden, nämlich immer höheren Renditen hinterherzulaufen oder einen realen Verlust unserer Kaufkraft zu akzeptieren, würde sich bloß beschleunigen. Aber vielleicht ist das auch der Zweck der Übung.

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"Inflation is the true opium of the people and it is administered to them by anticapitalist governments and parties."

- Ludwig von Mises, The Theory of Money and Credit, 1912

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Eine weitere Leistung des Artikels ist im übrigen eine schlüssige Erklärung, warum "globale Vermögenssteuern" wie sie von Picketty gefordert werden, wieder nur die Masse aber nicht die Superreichen treffen würden - aber das nur am Rande.

Im besten Fall...

Dass die Schaffung neuen Geldes nicht von heute auf morgen den Wohlstand erhöhen kann, sollte auf der Hand liegen. Geld zu drucken ist eben nicht dasselbe, wie Gold aus der Erde zu holen. Zweiteres braucht Energie und Arbeit, ersteres nicht. Blythe und Lonergan geht es aber auch gar nicht um die Erhöhung des Wohlstands - sondern, in klassischer keynesianischer Manier, um die Steigerung des Konsums, der Nachfrage.

Die Verteilung des Geldes, sosehr ich sie als potenzieller Empfänger auch unterstütze, hätte also im besten Fall nur einen kurzen Effekt. Und die Halbwertszeit der Intervention würdee - genau wie bei jeder anderen Form von "Geldspritze" - jedes mal kürzer werden.

Und das ist, wie gesagt, der beste Fall.

Ich befürchte aber, dass die Geldverteilung selbst aus Sicht der Ideengeber fehlschlagen würde. Das sieht man bei ihrer Begründung dafür, warum zusätzliches Geld keine Inflation (sie meinen damit freilich Teuerung) erzeugen würde: weil ja das bisherige "Gelddrucken" dies auch nicht getan hätte, weil ältere Menschen mehr sparen und weniger ausgeben - und wir ja immer älter werden -, und weil die Löhne dank der Globalisierung schrumpfen. All diese Gründe mögen eine Rolle spielen - und doch ignorieren sie den Elephant in the room.

More of the same

Das eingang per Mises-Zitat beschriebene Spiel funktioniert einfach nicht mehr. Die Banken vergeben keine Kredite mehr, weil sie a) lieber auf Nummer Sicher gehen und b) auch die Nachfrage fehlt. Nach sechs Jahren "Krisenbekämpfung", Gelddrucken, Konjunkturpaketen und steigenden Steuern (bei sinkenden Reallöhnen, zumindest in Österreich) ist bei den meisten Menschen eben angekommen, dass die fetten Jahre der ungehemmten Inflation durch Kreditwachstum seit 2008 endgültig vorbei sind. Sie schnallen den Gürtel enger, bauen Schulden ab wo sie können und verzichten zunehmend auf unnötige Ausgaben. Die Folge ist Deflation(sgefahr), denn die Geldmenge wird viel stärker durch die Kreditvergabe der Banken beeinflusst als durch die Zentralbank direkt

Die Gelddruckprogramme und Konjunkturpakete ersetzen dieses "Deleveraging", damit der Aufprall nicht zu hart wird. Das verzögert aber nur den Anpassungsprozess, der ohnehin notwendig wäre, wenn man die Wirtschaft wieder auf ein gesundes Fundament stellen will. Der Vorschlag von Blythe und Lonergan mag gut gemeint sein und ist sicherlich origineller als einen durch vier Jahrzehnte Papiergeldinflation zu einem bizarren Monster aufgeblasenen Finanzsektor künstlich am Leben zu erhalten.

Aber am Ende des Tages ist auch dieser Vorschlag eben nur more of the same.

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"Inflation and credit expansion, the preferred methods of present day government openhandedness, do not add anything to the amount of resources available. They make some people more prosperous, but only to the extent that they make others poorer."

- Ludwig von Mises, Bureaucracy, 1944

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