Journalismus in Zeiten der "Politik der Verwirrung"

Warum das billige Geld die Reichen noch reicher macht. Und warum die Medien sich heute so schwer dabei tun, die Welt zu erklären.

Ab morgen bin ich für eine Woche urlaubsbedingt abwesend - also wird auch das Blog still stehen. Aber vorher will ich Ihnen noch ein paar Gedanken zur journalistischen Arbeit im 21. Jahrhundert hinterlassen.

Die Welt ist nicht schwarz-weiß; es gibt in jeder Fraktion mindestens so viele interne Konflikte wie externe, das gilt für Cliquen am Schulhof genauso wie nationale Regierungen, für Familien genauso wie für ganze Gesellschaften. Das wird in der medialen Berichterstattung, die gerne auf eine binäre Dialektik (entweder-oder) zurückgreift, gerne vergessen. Menschen können sich in gewissen Dingen einig sein und punktuell kooperieren, während sie sich an anderen Fronten bekämpfen. Gleichzeitig kann man die Meinung eines einzelnen zu einem bestimmten Thema schätzen, auch wenn man bei anderen Themen nur den Kopf schüttelt.

Die "Politik der Verwirrung"

Das Internet hat eine neue Ära der Informationsfreiheit ausgelöst, die erstens noch immer in ihren Kinderschuhen steckt und zweitens auch für große Verwirrung sorgt. Wo früher alles klar schien, sind heute zig Gegenargumente nur wenige Klicks entfernt. Leider wird, wie der britische Dokumentarfilmer Adam Curtis im folgenden Kurzvideo gut beschreibt, diese Verwirrung von den Mächtigen inzwischen gezielt verstärkt, ja sogar genutzt um einen strategischen Vorteil im politischen Spiel der Kräfte zu erreichen.

Adam Curtis konzentriert sich auf einen Berater des Kremls, der die beschriebene "Politik der Verwirrung" in Russland umsetzt. Aber wer einen BBC-Beitrag der Marke "Putin-ist-schuld" erwartet, wird überrascht. Curtis, der mit "Century of the self" und vor allem "The power of nightmares" schon mehrere beeindruckende Doku-Reihen zu den Hintergründen unserer "modernen" Welt abgeliefert hat, zieht in seinem kurzen Video nämlich die ganz richtigen Schlüsse.

Dass nämlich die systematische "Poltik von Verwirrung" heute im Westen genauso eingesetzt wird, wie im Osten. Und dass die ultimative "Frontlinie" dieser "Politik der Verwirrung" in der Wirtschaft zu suchen ist. Namentlich bei "Quantitative Easing".

Sehen Sie sich nur die Debatte zum neuen "QE"-Programm der EZB an, um zu verstehen, was ich meine. Da heißt es, wir müssten Geld drucken, um die Gefahr einer Deflation zu bekämpfen. Und im nächsten Moment wird argumentiert, dass Inflation gar keine Gefahr sei, wie wir ja bei den "QE"-Programmen der Fed gesehen hätten. Also was nun? Kann "QE" gleichzeitig Deflation und Inflation erzeugen während es Deflation bekämpft und Inflation unter Kontrolle hält und dabei quasi nebenbei Banken, Finanzmärkte, Staaten, den Euro und die ganze Welt rettet?

Ich habe vor etwas weniger als zwei Jahren genau diese Frage auch dem EZB-Direktor Yves Mersch gestellt. Als Antwort bekam ich eine dritte Sichtweise der Realität, was der Verwirrung kaum abträglich war.

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"Die Presse":Noch etwas, das ich mir nicht so recht erklären kann: Die Fed sagt, wir weiten die Basisgeldmenge aus, und das ist sicher nicht inflationär. In Japan verdoppelt man die Geldmenge einmal so, um Inflation zu schaffen. Ein Widerspruch.

Yves Mersch: Und ich sage Ihnen jetzt, wie wir denken. Das ist noch einmal anders. Dann haben Sie das komplette Bild. (Lacht.)Wir haben ja auch die Liquidität ausgeweitet. Aber wir sagen, solange die Liquidität bei den Banken liegt, ist sie nicht inflationär. Erst wenn sie in die Realwirtschaft überschwappt und die Nachfrage das Angebot übersteigt, kann das inflationär wirken. Aber weil die Banken durch Schuldenabbau kaum Kredite vergeben, kann unsere Liquiditätsausweitung derzeit nicht inflationär wirken. Jetzt kennen Sie drei Herangehensweisen.

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Dann gibt es da noch diese Variante, die vierte sozusagen, die auch Adam Curtis selbst herausstreicht. Die nämlich, dass "QE" nichts anderes ist als die größte Umverteilung von Arm zu Reich in der Geschichte. Ich - undvieleandere - Argumentieren seit Jahren, dass eine Politik des billigen Geldes immer auch Umverteilung von unten nach oben mit sich bringt - von den "Outsidern" zu den "Insidern". Und die Daten scheinen das auch eindrucksvoll zu bestätigen. Die Schere zwischen Arm und Reich ist nie so auseinander gegangen wie seit der Loslösung des Geldsystems von der Gold-Bindung.

Aber trommeln nicht die Verteidiger der "Sozialen Gerechtigkeit" im Zweifelsfall für eine lockere Geldpolitik, für Inflation? Ja, tun sie - entweder weil sie die Mechanismen der Umverteilung durch Geldpolitik nicht verstehen, oder aus purem Zynismus. In jedem Fall tragen Sie ihren Teil zur Verwirrung der Menschen bei. Es gibt Experten und Ökonomen, die werden Ihnen sagen, dass die "Reichen" von der Inflation geschädigt werden, weil ihr Geld ja weniger wert wird. Aber in der Inflation wird das Geld aller weniger wert. Die "Reichen" können aber in Assetklassen flüchten, zu denen die "kleinen Leute" keinen Zugang haben - und so von der Inflation sogar profitieren. Dazu kommt, dass sie in der Regel einfacheren Zugang zu günstigen Krediten haben - und so ganz direkt von billigem Geld profitieren.

"Gold is the money of kings"

Beim Gold herrscht aber eine gewisse Fairness zwischen Arm und Reich. Deswegen hab ich dieses Thema für mich gewählt. Gold ist simpel, unzerstörbar, für jeden leistbar und es glänzt sogar schön. Gold ist die demokratischste aller Anlageformen, unabhängig von Banken, Zentralbanken und Staaten. Nicht umsonst gilt die Regel:

"Gold is the money of kings - but debt is the money of slaves."

Heute basiert unser ganzes Geldsystem auf "debt", also auf Schulden. Aber Gold bietet eine Alternative. Nicht, um sein ganzes Vermögen zu "riskieren". Aber um eine gewisse Unabhängigkeit von einem System zu erlangen, das nicht unbedingt die besten Interessen der "Massen" und des "kleinen Mannes" im Sinn hat.

Der zweite Schritt ist es dann, sich von der Informations-Matrix zu emanzipieren und - möglichst ohne irgendwelchen Rattenfängern zu folgen, die es zuhauf gibt - ein eigenes Bild von der Welt zu entwickeln - und es dann täglich zu testen und weiter zu entwickeln.

Transparenz - oder gar nicht

Es ist keine Schande, auch mal falsch zu liegen. Es ist noch nicht mal eine Schande, oft falsch zu liegen. Es ist aber ganz sicher eine Schande, aus Faulheit oder Feigheit einfach mit der Masse mitzutrotten, nur um nicht aufzufallen oder anzuecken.

In diesem Sinne will ich dieses Blog im heurigen Jahr weiterentwickeln - und mir sogar die Freiheit offen halten, mich ab und an selbst zu korrigieren. Nicht, weil ich Sie auch verwirren will. Sondern weil Orientierung in dieser komplizierten neuen Welt immer ein Prozess ist, den man meiner Meinung nach am besten mit der größtmöglichen Transparenz führen sollte. Oder gar nicht.

In diesem Sinne wünsche ich eine Gute Woche - bis bald!

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