"Breaking Bad": Sag meinen Namen! Jesse

Der Countdown läuft, die letzten Folgen von "Breaking Bad" sind zu sehen. Über Walter Whites Zukunft wird heftig diskutiert. Dabei verliert man das moralische Gewissen der Serie aus den Augen: Jesse Pinkman. Ab Mittwoch starten wir einen Episodenblog.

Breaking meinen Namen Jesse
Breaking meinen Namen Jesse(c) REUTERS (MARIO ANZUONI)

SPOILERWARNUNG bis zur ersten Hälfte der fünften Staffel.

Am Sonntagabend kehrte in den USA "Breaking Bad" zurück und auch im deutschen Sprachraum wird kräftig die Werbetrommel gerührt. Schließlich endet die hoch ästhetische Serie über den Aufstieg eines krebskranken Chemielehrers zum Drogenbaron mit der zweiten Hälfte der fünften Staffel. Der "Spiegel" nennt fünf Gründe, wieso man die Serie lieben müsse, der "Stern" spricht einen "Guckbefehl" aus, auf Twitter ist "Breaking Bad" ein Trend. Alles schreibt über die Hauptfigur Walter White (Bryan Cranston) - und vernachlässigen seinen Partner-in-Crime Jesse Pinkman (Aaron Paul). Dieser ist meiner Meinung nach genauso wichtig für die Serie.

Anfangs war das nicht so gedacht. Der kindliche, drogensüchtige Jesse hätte gar in Staffel eins das Zeitliche segnen sollen, doch Serienerfinder Vince Gilligan ("Akte X") überlegte es sich doch anders. Gut so, denn Jesse ist inzwischen das moralische Gewissen der Serie, obwohl er mehr als ein Mal zum Mörder wird. Im Gegensatz zu seinem Partner gibt es bei Jesse eine Grenze, die er nicht überschreiten will und kann. Als Todd in der ersten Hälfte von Staffel fünf ein Kind erschießt, ist es Jesse, der die Tragweite dieser Tat begreift und die Konsequenzen daraus zieht.

Zu Beginn war "Breaking Bad" vor allem eine Serie über das Ende des American Dream. Ein hervorragend ausgebildeter Lehrer kann sich die Krebsbehandlung nicht leisten und muss zum Verbrecher werden, um zu überleben. Doch Walters kriminelle Karriere ist nicht nur seinen Umständen geschuldet. Schon in Staffel eins habe ich - mit leichtem Unverständnis - zugesehen, wie Walt die finanzielle Hilfe seiner alten Weggefährten ablehnt. Schlicht, weil sie sein Ego gekränkt haben.

Inzwischen ist "Breaking Bad" für mich das Königsdrama in Shakespear'scher Tradition unter den US-Serien. In einer Seminararbeit, die ich im Internet aufgestöbert habe, wird die Serie mit "Macbeth" verglichen. Die Parallele Lady Macbeth/Jesse lässt sich vielleicht zu Beginn der Serie ziehen, bald stimmt sie aber nicht mehr. Nicht er ist es, der Walt in immer tiefere Abgründe zieht, sondern die Droge Macht, der Walt zunehmend verfällt. Die Ironie daran: Jesse ist eigentlich der Junkie.

Das zeigt eine gewisse Parallelentwicklung zwischen Jesse und Walt: Je besser es dem einen geht, desto schlechter geht es dem anderen. Auf eine verschrobene Art sind sie miteinander verbunden. War es anfangs Jesse, der bei Walter väterliche Zuneigung und Anerkennung suchte, ist es inzwischen Walt, der Jesse als moralische Krücke braucht.

Breaking meinen Namen Jesse
Breaking meinen Namen Jesse(c) AMC

"Ich bin nicht in Gefahr, Skyler. Ich bin die Gefahr", sagt Walt in der sechsten Folge von Staffel vier zu seiner Ehefrau. Eine Staffel später, in Folge acht von Staffel fünf, zieht sich Jesse nach einem Besuch Walts mit zitternden Händen eine Waffe aus dem Hosenbund. Die beiden sind die ersten in Walts näherer Umgebung, die die Gefahr Walter White wirklich erkannt haben.

Macht korrumpiert auch den edelsten Menschen und niemand ist mehr sicher.

Meine Voraussage für das Finale von "Breaking Bad" (in den USA kann man sogar Wetten abgeben)? Ich befürchte, Jesse wird sterben, Walt weiterleben. Weil "Breaking Bad" auch ein so verdammt gutes Porträt unserer Gesellschaft - samt all ihren Unzulänglichkeiten und ihrer Ungerechtigkeit - ist. Die Hoffnung stirbt aber zuletzt ...

Ich plane wieder einen Episodenblog (ab Mittwoch). Die Folgen zwei und drei "muss" aber gleich ein Kollege übernehmen, weil ich urlaube. In Deutschland kann man die Folgen immer ab Mittwoch auf iTunes kaufen, und auch in Österreich ist die Serie legal auf dem Pay-TV-Sender Sky zu sehen, der mir die Folgen zur Verfügung stellt: Ab 13. August in der Originalversion immer dienstags um 21.00 Uhr auf AXN und AXN HD, ab circa 22.00 Uhr im Originalton auf Sky Go, dann auf Sky Anytime. Im Free-TV dürfte Arte die Folgen zeigen, wohl aber erst im Winter.

Und noch was Lustiges zum Abschluss: Walt "singt" Sinatras "My Way":

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