Unter Eid, na und? Die Medien sind gefordert!

Wer in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss eine falsche Beweisaussage macht, muss mit einer Anklage und Haft rechnen. Der Wert künftiger U-Ausschüsse wird daran zu messen sein, ob das Delikt auch wirklich verfolgt wird. Der Korruptionsausschuss bietet eine gute Gelegenheit.

Besser man erinnert sich nicht daran, dass die SPÖ vor mindestens fünf Jahren versprochen hat, Untersuchungsausschüsse als Minderheitenrecht im Nationalrat zu verankern und seither dieses Versprechen geflissentlich vergessen hat. Irgendwo muss sogar noch ein Zettel herumliegen, auf dem SPÖ-Klubobmann Josef Cap diese Zusage bei einer Buchpräsentation mit seiner Unterschrift bestätigt hat - vor der Nationalratswahl 2008, als seine Partei noch erwartet hatte, weitere Jahre in Opposition bleiben zu müssen. Offenbar war die Zusage aber nach dem Überraschungssieg der SPÖ das Papier nicht mehr wert.
Wie gesagt, besser man erinnert sich nicht daran und fragt aus Anlass des laufenden Telekom-Prozesses lieber, was eigentlich aus den Konsequenzen jenes Korruptionsausschusses geworden ist, den SPÖ und ÖVP in trauter Eintracht abgedreht haben. Die Fragen drängen sich auf, weil zum Beispiel der Klaus Wittauer vom BZÖ bei diesem Prozess jetzt die falsche Beweisaussage im seinerzeitigen U-Ausschuss, für die er auch angeklagt ist,  freimütig eingestanden hat; weil auch Arno Eccher vom BZÖ und der ehemalige Pressesprecher von BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger, Christoph Pöchinger etc. wegen falscher Zeugenaussage im U-Ausschuss angeklagt sind.

Nur zu Erinnerung: Eine falsche Beweisaussage im U-Ausschuss ist zur Anklage zu bringen. Bei Verurteilung droht eine Haftstrafe.

Pöchinger hat nun im laufenden Prozess einmal gemeint, er sei im U-Ausschuss nicht ganz bei sich gewesen, weil mit 40 Grad Fieber krank, dann wieder: Er hätte im U-Ausschuss nicht gelogen.
Das Spannende an der Frage, wie mögliche falsche Beweisaussagen im U-Ausschuss verfolgt werden, ist weniger juristisch denn politisch. Wird dieses „Delikt" mit Härte verfolgt oder eher auch als „Kavaliersdelikt" angesehen? Eine rigorose Verfolgung könnte reinigend wirken, indem sich in künftigen U-Ausschüssen Zeugen ihre Aussagen gründlich überlegen. Dabei müsste aber ohne Ansehen der Person vorgegangen und zum Beispiel auch geprüft werden, ob etwa Staatssekretär Josef Ostermayer bei der Inseratenaffäre korrekt ausgesagt hat.
Im Büro der Grünen, die wegen der Vorsitzführung Gabriela Mosers ein besonderes Interesse an den Konsequenzen des U-Ausschusses haben sollten, rechnet man zwar mit einer ganzen Reihe weiterer Anklagen wegen falscher Beweisaussagen, weiß aber nicht wie viele Zeugen betroffen sind, weil  „nicht bekannt ist, wie sich die Ermittlungen seit dem Ende des U-Ausschusses weiter entwickelt haben". Aus der schriftlichen Antwort auf eine parlamentarische Anfrage an ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl wurde man offenbar auch nicht klüger.
Dabei war schon im U-Ausschuss seinerzeit zum Beispiel klar, dass etweder der BZÖ-Abgeordnete Wittauer oder andere Zeugen in der Telekom-BZÖ-Causa gelogen haben. Zu eklatant waren die Widersprüche.
Auch in der Causa Buwog etc. war im U-Ausschuss bereits klar, dass entweder Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser oder sein ehemaliger Mitarbeiter Michael Ramprecht die Unwahrheit sagt. Einer von beiden muss gelogen haben. Einer von beiden muss also angeklagt werden.
Ist das nicht der Fall, dann bleibt der U-Ausschuss auf absehbare Zeit ein zahnloses Gremium, in dem Zeugen den Abgeordneten nach Belieben auf der Nase herumtanzen können - ohne Angst, dafür je zur Verantwortung gezogen zu werden.
Vielleicht hofft der eine oder andere darauf, dass mit Ende der Legislaturperiode alle Konsequenzen der U-Ausschusses quasi „verfallen", wie dies bei Gesetzen zum Beispiel der Fall ist. Laut Auskunft der Grünen erlischt die Strafbarkeit aber in diesem Fall nicht wie alle anderen parlamentarischen Vorhaben, sondern es gelte die normale Verjährungsfrist, in diesem Fall fünf Jahre.
Allein, es ist auch schon vorgekommen, dass die Staatsanwaltschaft eine politische (und daher berichtspflichtigen) Causa so verschlampt und/oder vergessen hat bis Verjährung eingetreten ist.
Es wird also an den Grünen liegen, hier dem Parlamentarismus einen Dienst zu erweisen, und nicht locker zu lassen. Besser noch: Es wird an den Medien liegen, den Lauf der Dinge zu kontrollieren und das Parlament nicht aus der Pflicht entlassen, seine eigenen Regeln durchzusetzen.
Sollte es nach der Wahl zu einer Regierungsbeteiligung der Grünen kommen, besteht nämlich die Gefahr, dass man dann schreiben wird müssen: Besser, sich nicht zu erinnern. . . .

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