Lernen Sie Logik, Frau Ministerin!

Die Verunsicherung vor der ersten Zentralmatura in Österreich ist besorgniserregend. Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek aber will die Vorbereitungszeit einschränken. Und das noch mit untauglicher Begründung!

Unterhält man sich dieser Tage mit Schülern, denen 2015 die erste Zentralmatura bevorsteht, und/oder mit deren Eltern, so gibt es auf die meisten Fragen folgende Antworten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): „Wissen wir nicht“. „Kann uns niemand sagen“. „Ist noch unklar“. „Die Professoren wissen es auch nicht.“ Details zu dem Schlamassel in der „Presse“ von Mittwoch, Seite 13.

Dies nur als Hintergrund zur Ankündigung von Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), die Vorbereitungsstunden auf die mündliche Matura in Zeiten der Zentralmatura von 16 auf 4 verkürzen zu wollen.  Wenn Heinisch-Hosek wenigstens ehrlich gewesen wäre und die Kürzung mit Geldmangel begründet hätte. Aber nein, sie verkaufte die geplante Streichung der Stunden und des Personals für die Vorbereitung so: In der Vergangenheit seien die Vorbereitungsstunden nicht vollständig in Anspruch genommen worden.

Wo ist da die Logik – in einem Schuljahr, in dem für Maturanten nichts so sein wird wie in der Vergangenheit? Die Vorbereitung auf die erste Zentralmatura müsste doch ausgeweitet statt reduziert werden. Die Lehrkräfte müssten alles tun, um den künftigen Maturanten in Zeiten der Verunsicherung (siehe oben) mehr Sicherheit geben – nicht weniger. Mag sein, dass sie einige der Vorbereitungsstunden dafür verwenden müssen, sich selbst erst schlau zu machen, was da auf die Schüler alles zukommt. Das es sich dabei ja nur auf die Vorbereitung der mündlichen Prüfungen handelt, ist kein Argument. Auch hier gibt es gravierende Änderungen. Ein ganzer ob der Ungewissheit verunsicherter Schülerjahrgang braucht jede Unterstützung, die er kriegen kann. Heinisch-Hosek aber argumentiert völlig unzulässig mit der „Vergangenheit“. Offenbar glaubt sie, Schüler, Lehrer und Eltern seien zu dumm, um das zu durchschauen.

Bereits im März dieses Jahres schrieb Gernot Bauer im „Profil“: Selten zuvor habe ein Regierungsmitglied den Amtsbonus „derart rasch verspielt“ wie Heinisch-Hosek. Selten habe eine Spitzenpolitikerin sich derart blamiert. Das waren die aufgeregten Tage nach dem Datenleck des Bundesinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (bifie) und nach dem von ihr verkündete Aussetzen des PISA-Tests in Österreich. Es waren die Tage vor der verhunzten Generalprobe zur Zentralmatura, die an einigen Schulen sogar unterbrochen werden musste.

Bauers Befund ist auch jetzt nichts hinzuzufügen.Während Heinisch-Hosek in der letzten Regierung mit Frauen und Beamten als Ministerin offenbar ihre Sachkompetenz ausgeschöpft hatte, ist sie als Bildungsministerin ganz sicher eine Fehlbesetzung. Vielleicht haben das auch die Delegierten am letzten SPÖ-Parteitag erkannt, denn nur Werner Faymann bekam  noch ein schlechteres Wahlergebnis als sie (87,1 Prozent).

Das wäre Sache der SPÖ.  Dass sich Heinisch-Hosek aber anscheinend mehr Gedanken über die Modernisierung des Sexualunterrichts in Österreich auch im Kindergarten macht als über die Bedingungen, unter denen der Maturajahrgang 2015 die Schule abschließen kann und wird, geht alle an.

In einer lebendigen Demokratie würden nicht nur die Schülervertreter aufschreien, sondern auch die Eltern an den Schulen, die offizielle Elternvertretung, und am besten auch noch die Großeltern der betroffenen Schüler. Gegen den „shitstorm“, der jetzt über die Unterrichtsministerin hereinbrechen müsste, war jener nach ihrer Zurechtweisung eines Herrn Gabalier wegen des dümmlichen Hymneneklats ein laues Lüfterl.

Der Protest gegen die Kürzung der Maturavorbereitung und deren unlogische Begründung müsste Heinisch-Hosek klarmachen, dass sie als Bildungspolitikerin einfach die falsche Frau am falschen Ort ist. Da sind jetzt alle gefordert.

Der Grüne Abgeordnete Harald Walser bringt am Donnerstag im Nationalrat einen Entschließungsantrag gegen die Kürzung der Vorbereitungsstunden ein: „Der Nationalrat möge beschließen, die Unterrichtsministerin wird aufgefordert . . .“ Solche Anträge sind immer nett. Mehr nicht, selbst wenn sie eine Mehrheit finden.

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