Mit Pauken und Trompeten in den Untergang?

Das Problem mit den richtigen Wertigkeiten. Österreich steht vor dem Abgrund, wenn nicht jedes Bundesland eine eigene Militärkapelle in "vertretbarer Größe" hat? Diesen Eindruck erweckte eine Protestkundgebung am Dienstag am Ballhausplatz.

Der Regierung wurde am Dienstag während der Sitzung des Ministerrats und danach der Marsch geblasen. Von Vertretern der Militärmusik als Protest gegen die ab 1.Juli geplanten Einsparungen. Man hatte den Eindruck als handle es sich um einen Trauermarsch für das ganze Land am Weg in den Abgrund.

Zwar war man versucht zu denken: Unsere Sorgen möchte ich haben. Oder: Welch glückliches Land, das für Musikkapellen Hunderte Menschen zu einer Demo bringt, aber niemanden gegen die Staatsschulden oder den Anschlag auf Grundrechte. Aber der vorbeieilende Justizminister Wolfgang Brandstetter hatte vielleicht recht, wenn er zu dem musikalisch umrahmten Auflauf meinte: „Das soll man nicht unterschätzen“.

Man soll sich auch nicht lustig machen darüber, mit welcher Verve hier für den Erhalt von neun „selbstständigen Truppenkörpern in gut vertretbarer Größe“ bei der Militärmusik getrommelt wurde. Denn alle Redner vermittelten in der Tat Leidenschaft, nicht nur für die Musik, sondern auch gegen jede Einsparung.

Dennoch waren manche Töne doch etwas zu schrill für den Anlass. Was ist in Österreich wirklich „unerträglich“? Was eine ganze „Volksbewegung“ (© Volksanwalt Peter Fichtenbauer, FPÖ, als Redner) wert?  Wo sonst als bei den Einsparungen bei der Militärmusik wird „der Wille des Volkes (noch) mit Füßen getreten“? Geht es hier wirklich um „Vernichtung“? Hat das „eintönige“ Bundesheer in der Tat den Rekruten kein anderes „Salz“ zu bieten, als die Musikkapellen?

Bei allem Verständnis für die Begeisterung, mit der musiziert wird, die geplante Reduktion auf „Außenstellen Ensembles“ schien die überzogene Wortwahl nicht zu rechtfertigen. Nicht einmal die Tatsache, dass dann für 80 (!) unkündbare Musikunteroffiziere neue Beschäftigungen gefunden werden müssen. Irgendwann zwischendurch war dann auch der Satz zu hören, dass die Militärmusik (9 x in Truppenkörperstärke) der wirklich funktionierende Teil des Österreichischen Bundesheeres sei.  Na, bumm!

Ultimativ wurde die Rücknahme jenes Erlasses gefordert, mit dem Verteidigungsminister Gerald Klug die Einsparungen angeordnet hat. „Ja zur Militärmusik wäre klug“. Das ist nicht das einzige Wortspiel mit dem Namen des Ministers, das man sich zu dieser Stunde am Ballhausplatz leistet.

Während die Militärmusiker in Tracht und Zivil Minister Klug im wahrsten Sinn mit Pauken und Trompeten ihre Wut zu Gehör brachten, legte dieser drinnen im Bundeskanzleramt eine Liste jener Kasernen vor, in denen er Raum für  800 Flüchtlinge bereitstellen kann. Das wiederum wollen die Bundesländer nicht und liefern sich mit Klug ein „Hickhack“, das Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wieder „unerträglich“ findet.

Inzwischen hausen Flüchtlinge in Zelten. In Österreich, wo Vertreter der Militärmusik vor der „Vernichtung“ der Kultur warnen. Geht der Sinn für die Dimension, was wirklich „unerträglich“ ist, schon ganz verloren?

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